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Dashöfer

Zum Anspruch eines Betriebsratsmitglieds auf Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro

13.05.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg.

Das Recht auf Einsichtnahme in die Unterlagen des Betriebsrats aus § 34 Abs. 3 BetrVG kann für ein Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro begründen, wenn dem Betriebsrat eine solche Überlassung tatsächlich möglich und zumutbar ist und anderenfalls ein jederzeitiges Einsichtnahmerecht des Betriebsratsmitglieds nicht gewährleistet werden kann.

Das antragstellende Betriebsratsmitglied (künftig: Antragsteller) begehrt vom Betriebsrat die Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro.

Der Antragsteller ist Mitglied des im gemeinsamen Betrieb der Beteiligten zu 3. und 4. (künftig: Arbeitgeberinnen) bestehenden Betriebsrates. Im gemeinsamen Betrieb der Arbeitgeberinnen, die insbesondere Kartoffeln vertreiben, arbeiten etwa 130 Arbeitnehmer. Der Betriebsrat besteht aus sieben Mitgliedern. Bis zu seiner Abwahl im Jahr 2012 war der Antragsteller Vorsitzender des Betriebsrates und verfügte über einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro. Nunmehr ist er nur noch einfaches Mitglied.

In der Zeit, in welcher der Antragsteller Betriebsratsvorsitzender war, waren Schlüssel für die Betriebsratsräume abhanden gekommen und nicht mehr auffindbar. Auf Anregung des neuen Betriebsratsvorsitzenden fasste der Betriebsrat am 3. Juli 2012 folgenden Beschluss:

"Der Betriebsrat beantragt bei der Geschäftsführung den Einbau eines neuen Türschlosses mit mindestens 8 Schlüsseln (7 x BR, 1 x Reinigungskraft)."

In der Folgezeit wurde das Türschloss zum Betriebsratsbüro ausgetauscht. Der damit beauftragte Schlosser übergab dem Betriebsrat allerdings nur sechs Schlüssel. Der Betriebsratsvorsitzende, seine Stellvertreterin und der Schriftführer nahmen sich jeweils einen Schlüssel und gaben der Putzfrau einen weiteren Schlüssel zum Betriebsratsbüro, wobei die restlichen beiden Schlüssel vom Betriebsratsvorsitzenden als "Reserve" verwahrt werden.

Keines der Betriebsratsmitglieder ist von seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt. Der Betriebsrat verfügt über keine Mitarbeiter (Sekretärin o.Ä.). Das Betriebsratsbüro, in welchem sich alle Betriebsratsunterlagen und ein Internetanschluss für den Betriebsrat befinden, ist nicht ständig besetzt sondern steht überwiegend leer und ist abgeschlossen.

(...)

Mit seinem am 13. August 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller vom Betriebsrat, ihm einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro zur Verfügung zu stellen.

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Der Antragsteller hat erstinstanzlich vorgetragen, er habe als Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf jederzeitigen Zutritt zum Betriebsratsbüro. Das ergebe sich schon aus § 34 Abs. 3 BetrVG und dem Einsichtnahmerecht in Unterlagen des Betriebsrates sowie der Überwachungspflicht nach § 80 Abs. 1 BetrVG, welche von jedem einzelnen Betriebsratsmitglied wahrgenommen werden könne. Aufgrund seiner Arbeitszeiten und den damit nicht korrespondierenden Arbeitszeiten der schlüsselbesitzenden Betriebsratsmitglieder sei es ihm nur unter erschwerten, letztlich unzumutbaren Bedingungen möglich, das Betriebsratsbüro aufzusuchen. Es seien ursprünglich acht Schlüssel angefordert worden, damit jedes Betriebsratsmitglied einen Schlüssel bekomme. Es gebe keinen gegenteiligen Beschluss des Betriebsrates, wonach nur bestimmte Betriebsratsmitglieder einen Schlüssel zum Betriebsratsbüro bekommen sollten und der Rest eine "Reserve" darstelle. Eine uneingeschränkte Ausübung des Betriebsratsamtes sei dem Antragsteller ohne eigenen Schlüssel zum Betriebsratsbüro nicht möglich.

(...)

Dem Antragsteller steht gegen den Betriebsrat ein Anspruch auf Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro zu. Dies folgt im vorliegenden konkreten Einzelfall aus dem Recht des Antragstellers aus § 34 Abs. 3 BetrVG in Verbindung mit den Grundsätzen des Schikaneverbots, § 226 BGB.

Allerdings lässt sich nicht allgemein aus dem BetrVG oder speziell aus § 34 Abs. 3 BetrVG ein grundsätzlicher Anspruch eines Betriebsratsmitglieds auf die Überlassung eines Schlüssels für das Betriebsratsbüro ableiten. Der BetrVG trifft allgemein über solche Fragen, die im weitesten Sinne in den Bereich der Selbstorganisation des Betriebsrates fallen, keine Aussagen. Eine ausdrückliche gesetzgeberische Regelung erscheint auch entbehrlich, da einerseits die unüberschaubare Zahl unterschiedlicher Sachverhaltsvarianten und einzelnen Umstände eine schematische Regelung ausgeschlossen sein lässt und darüber hinaus verständig denkende Betriebsräte und ihre Mitglieder offenkundig durchweg praxistaugliche selbstbestimmte Regelungen finden. Auch § 34 Abs. 3 BetrVG beinhaltet keinen unmittelbaren Anspruch eines Betriebsratsmitglieds gegen den Betriebsrat, einen Schlüssel für das Betriebsratsbüro überlassen zu bekommen. Ein solcher Anspruch kann sich nur als mittelbarer Reflex aus dem Einsichtnahmerecht aus § 34 Abs. 3 BetrVG ergeben, wenn dies zum einen sonst nicht sichergestellt werden kann und es andererseits dem Betriebsrat in einer solchen Weise tatsächlich möglich und zumutbar ist, einem Betriebsratsmitglied einen Schlüssel für das Betriebsratsbüro zu überlassen, so dass jede andere Vorgehensweise eine verbotene Schikane darstellen würde.

LAG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.02.2013, AZ 13 TaBV 11/12 (in Ausügen).



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