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Werkverträge: Wahre Kosten oft unterschätzt, Vorreiter-Unternehmen beteiligen Betriebsräte

17.12.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.

Die wahren Kosten, die bei der Vergabe von Werkverträgen entstehen, werden oft unterschätzt. Betriebsräte und Personalmanager sollten versteckte Risiken aufdecken können, werden aber häufig nur unzureichend in die Entscheidungen einbezogen.

Immerhin: In manchen Unternehmen gibt es dazu bereits funktionierende Vereinbarungen und Arbeits­strukturen, zeigt der neue „Trendbericht Werkverträge“ der Hans-Böckler-Stiftung. Der Gesetzgeber hinkt noch hinterher.

Was Unternehmen nicht selbst erledigen wollen oder können, geben sie gerne an Fremdfirmen ab. Dass dahinter bisweilen die Absicht steckt, Löhne zu drücken und Mitbestimmung zu umgehen, ist kein Geheimnis. „Überraschend viele Werkverträge“ ließen sich „als rechtlich problematisch einstufen“, konstatierten Wissen­schaft­ler der Universitäten Duisburg-Essen, Chemnitz und Darmstadt kürzlich in einer von der Stiftung geförderten Studie. So erklärte fast jeder zweite von 96 befragten Managern, in deren Betrieb Werkvertrags­arbeitskräfte tätig sind, dass diese auch oder sogar ausschließlich von Führungskräften des eigenen Betriebs angewiesen und kontrolliert würden. Dabei dürfen das nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte in einem legalen Werkvertragsverhältnis ausschließlich Führungskräfte des Werkvertragsunternehmens tun.

Doch oft genug geht auch die Kalkulation auf Kostenvorteile durch Werkverträge gar nicht auf: Die Vergabe von Werkverträgen basiere häufig auf einer „Milchmädchenrechnung“, schreibt Jan-Paul Giertz im Trendbericht. Denn den vermeintlichen Ersparnissen stünden versteckte Kosten und Risiken gegenüber, betont der Sozialwissenschaftler aus der Abteilung Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung.

Die Unternehmer verwiesen häufig nur auf die vordergründigen Ausgaben, etwa die Höhe der Entgelte für Beschäftigte. Andere Kostenfaktoren, die erst durch die Vergabe an Fremdfirmen entstehen, würden dagegen leicht übersehen. Hierzu zählen die sogenannten Transaktionskosten, aber auch Remanenzkosten, die im Unternehmen weiter bestehen, obwohl ein Produktionsschritt oder eine Dienstleistung ausgelagert wurde. Meist werde nicht einkalkuliert, dass sich bei Werkverträgen „zwangsläufig ein höherer Verwaltungsaufwand sowie rechtliche Risiken“ ergeben. Auch der Verlust von Kompetenzen, der sich durch die Auslagerung an Dritte ergibt, könne Konsequenzen haben; vor allem dann, wenn Kernbereiche des Geschäfts aus der Hand gegeben werden.

Zu den wenig beachteten Kostenblöcken zählen:

  • Transaktionskosten für Anbahnung, Koordinierung und Kontrolle der geleisteten Tätigkeit,
  • Kosten für die rechtssichere Gestaltung und Prüfung der Verträge,
  • Kosten infolge von Abstimmungsproblemen zwischen Stammbelegschaft und Werkvertragsarbeitern, die sich erst im Verlauf des Arbeitsprozesses zeigen,
  • Kosten, die durch den Verlust der Kontrolle über den gesamten Prozess der Wertschöpfung entstehen, etwa infolge von Fehlern, Unfällen, Qualitätsmängeln oder Betrug,
  • Kosten für Infrastruktur und Arbeitsschutz, die bei einer Fremdvergabe bestehen bleiben, aber häufig nicht eingerechnet werden,
  • Kosten eines Sozialplans, der eventuell durch Outsourcing notwendig wird, und nicht zuletzt auch
  • Kosten durch Konflikte mit Gewerkschaften, die sich gegen das Lohndumping vieler Werkvertrags­unternehmen wehren.

Der Betriebsrat übernehme laut Betriebsverfassungsgesetz „auch ökonomische Verantwortung für sein Unternehmen. Sein Ziel ist der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Stammarbeitsplätze und hierzu setzt er seine betriebsverfassungsrechtlichen Mittel ein“, schreibt Giertz. Betriebsräte müssten daher nicht nur das Recht und die Möglichkeit haben, zu überprüfen, ob Werkverträge rechtlich einwandfrei gestaltet sind, sondern auch, ob sie in Bezug auf Risiken und Kosten wirtschaftlich Sinn ergeben. Auf diese Weise könnten sie die Vergabe eingrenzen – und letztlich Nachteile für die Firma und die Beschäftigten abwenden.

Zwar sei Kontrolle von Werkverträgen auf Grundlage der aktuellen Gesetze schwierig und aufwendig, dennoch gebe es einige Möglichkeiten, betont Giertz. Zum Beispiel gelte das Informationsrecht des Betriebsrates nach einschlägigen Urteilen des Bundesarbeitsgerichts auch für Beschäftigte, die bei Fremdfirmen angestellt sind. Arbeitnehmervertreter dürfen ein betriebswirtschaftlich begründetes Personalkonzept anfordern, wenn durch einen Werkvertrag Auswirkungen auf die Stammbelegschaft oder die Kernkompetenzen des Unternehmens zu erwarten sind. Bei bereits geschlossenen Verträgen dürfen sie Laufzeit oder Beschäftigtenzahl einsehen. Der Betriebsrat hat außerdem das Recht, fortlaufend zu prüfen, ob sich die Vertragspartner tatsächlich an die vereinbarten Regeln halten.

Dass die Zusammenarbeit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern funktionieren kann, zeigt Giertz anhand einiger Beispiele: In der Stahlindustrie sichert ein Tarifvertrag den Betriebsräten Mitsprachemöglichkeiten, die über die geltende gesetzliche Regelung hinausgehen. Bei Thyssen-Krupp Steel Europe und in anderen deutschen Stahlunternehmen haben Betriebsräte Ausschüsse gegründet, die eng mit den Fachabteilungen für Werkverträge zusammenarbeiten. Auch paritätisch besetzte Arbeitsgruppen gehören hier zur guten Praxis. Die Sicherheit am Arbeitsplatz hat sich dadurch erhöht, die Einhaltung des Mindestlohns sowie des Arbeitszeit­gesetzes verbessert. Bei der Daimler AG gibt es eine Betriebsvereinbarung, wonach sämtliche Werkvertrags­arbeiter in einer Datenbank erfasst sein müssen. Betriebsrat und Personalabteilung haben Einblick in diese Daten, was die Überprüfung erheblich erleichtert. Bei Porsche darf der Betriebsrat direkt über die Auftragsvergabe an Fremdfirmen und damit über die oft strittigen Werkverträge mitentscheiden.

„In vielen Branchen und Unternehmen wird nach Lösungen für eine faire Gestaltung von Werkverträgen gesucht“, so Giertz. Dies ändere aber nichts daran, dass eine strengere gesetzliche Regulierung in diesem Bereich notwendig sei. „Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung verspricht mehr Transparenz, mehr Rechtsklarheit und eine höhere Verbindlichkeit, und das völlig zu Recht“, erklärt der Experte. „Denn so lassen sich Fehlentscheidungen vermeiden, die nicht nur den Arbeitnehmern schaden können, sondern dem gesamten Unternehmen.“


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