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Verpflegung bei Seminaren grundsätzlich nicht steuerfrei (Kommentar von Udo Cremer)

22.02.2011  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Steuer-Experte Udo Cremer zur richtlinienkonformen Auslegung von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG und zur Aufteilung eines einheitlichen Entgelts für steuerfreie als auch steuerpflichtige Leistungen

Die Verpflegung von Seminarteilnehmern ist nur bei geringfügigen Verpflegungsleistungen nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei.

Der Kläger ist ein Berufsverband für Unternehmer in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Nach seiner Satzung fördert er die Aus- und Weiterbildung der selbständigen Unternehmer, des Unternehmernachwuchses und der Mitarbeiter. Der Kläger veranstaltete Tagesseminare in Hotels zu unternehmerbezogenen Themen wie z. B. Schuldrechtsreform, Personalentwicklung, Betriebsverfassungsrecht u.a. Die Teilnehmer hatten hierfür einen nicht weiter aufgeschlüsselten Seminarpreis zu zahlen. Der Kläger wies in den Informationen zu den Seminaren darauf hin, dass der jeweilige Seminarpreis von 200 EUR bis 600 EUR Seminarunterlagen und Verpflegung während des Seminartages enthalte, ohne hierzu nähere Angaben zu machen. Der Kläger stellte Rechnungen mit gesondertem Steuerausweis aus. Nach den Kostenstellenauswertungen des Klägers ergab sich z.B. für ein Seminar bei Gesamteinnahmen von 8.710 EUR und direkt zugeordneten Kosten für Reisekosten, Referenten sowie für Räumlichkeiten, Verpflegung und Getränke im Hotel von 4.869,66 EUR ein Überschuss von 3.840,34 EUR. Andere Seminare führten zu geringeren Überschüssen.

Im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung ging das FA davon aus, dass die Seminarleistungen des Klägers im Streitjahr 2002 nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG steuerfrei seien. Er sei daher nicht zu dem bisher in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug berechtigt, schulde die in Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer aber gleichwohl nach § 14 Abs. 2 UStG. Das FA erließ am 2. September 2002 einen entsprechenden Änderungsbescheid, aus dem sich eine Nachforderung von 28.277,35 EUR ergab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das FG bestätigte die Auffassung des FA, dass die durch den Kläger erbrachten Leistungen die Voraussetzungen von § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG erfüllt hätten. Die Seminare seien belehrender Art gewesen. Als Nebenleistung zu einer steuerfreien Hauptleistung sei auch die Verpflegung bei den Seminaren steuerfrei. Aus der Steuerfreiheit folge die Kürzung des Vorsteuerabzugs und die Steuerschuld aufgrund des Steuerausweises in Rechnungen nach § 14 Abs. 2 UStG.

Die Revision des Klägers ist begründet (BFH-Urteil vom 7.10.2010, V R 12/10). Zwar ist die eigentliche Seminarleistung steuerfrei, nicht aber auch die Gewährung von Verpflegung auf den Seminaren. Das vom Kläger vereinnahmte Entgelt ist daher aufzuteilen. Die Seminarleistungen des Klägers gegenüber seinen Mitgliedern gegen gesondert vereinbartes Entgelt waren steuerbar, jedoch steuerfrei. Die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG erstreckt sich allerdings nicht auf die Verpflegung der Seminarteilnehmer. Insoweit handelt es sich nicht um eine Aus- oder Fortbildungstätigkeit. Es liegt auch im Grundsatz keine mit der Aus- oder Fortbildung eng verbundene Dienstleistung oder eine Nebenleistung zu einer steuerfreien Leistung vor. Dienstleistungen und Lieferungen (Umsätze) sind nur dann mit dem Unterricht "eng verbunden" und deshalb nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 77/388/EWG steuerfrei, wenn sie tatsächlich als Nebenleistungen zum Unterricht, der die Hauptleistung ist, erbracht werden. Danach gelten für die Frage, ob ein eng verbundener Umsatz vorliegt, dieselben Grundsätze wie im Verhältnis zwischen Haupt- und Nebenleistungen. Maßgeblich ist daher für die Steuerfreiheit als eng verbundener Umsatz wie auch als steuerfreie Nebenleistung, dass der Umsatz oder die Nebenleistung keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung unter den bestmöglichen Bedingungen zu erhalten. So sind eng verbundene Umsätze und Nebenleistungen nach dem EuGH-Urteil Horizon College in Slg. 2007, I-4793, nur steuerfrei, wenn diese Leistungen unerlässlich sind. Nach diesen Grundsätzen ist die Verpflegung von Seminarteilnehmern im Allgemeinen nicht als mit der Aus- oder Fortbildung eng verbundene Dienstleistung oder als Nebenleistung zur Aus- oder Fortbildung steuerfrei. Bei der Verpflegung von Seminarteilnehmern handelt es sich nicht um eine für die Aus- oder Fortbildung unerlässliche Leistung, sondern um eine hierfür nur nützliche Maßnahme, die vorrangig dazu dient, den Komfort und das Wohlbefinden bei der Inanspruchnahme der Bildungsmaßnahme zu steigern.

Hat der Kläger danach sowohl steuerfreie als auch steuerpflichtige Leistungen erbracht und erhält er hierfür ein einheitliches Entgelt, ist der einheitliche Preis nach der einfachst möglichen Berechnungs- oder Bewertungsmethode aufzuteilen. Dies hat ggf. durch eine Schätzung nach § 162 AO zu erfolgen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei Tagesseminaren im Allgemeinen der Verpflegung im Vergleich zum Seminarprogramm keine besonders hervorgehobene Bedeutung zukommt. Dies kann es rechtfertigen, den Anteil des Entgelts für die gegenüber den Seminarteilnehmern steuerpflichtig erbrachten Leistungen in Höhe der für die Verpflegung entstandenen Kosten im Verhältnis zu den Gesamtkosten zu schätzen.

Quelle: Udo Cremer

Der Autor:

Udo Cremer ist geprüfter Bilanzbuchhalter (IHK) und hat die Steuerberaterprüfung mit Erfolg abgelegt. Er ist als Dozent für Steuer- und Wirtschaftsrecht tätig und veröffentlicht seit mehreren Jahren praxisorientierte Fachbücher zu den Themen Buchführung, Kostenrechnung, Preiskalkulation, Kennzahlen, Jahresabschluss und Steuerrecht. Daneben wirkt er als Autor an zahlreichen Fachzeitschriften und Loseblattsammlungen im Bereich der Buchhaltung und des Steuerrechts mit.
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