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Trügerische Ruhe?

02.10.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Roland Berger Strategy Consultants.

Digitalisierung und andere Faktoren gefährden Geschäftsmodelle und lassen künftig mehr Restrukturierungsfälle erwarten.

Obwohl sich die Wirtschaft aktuell stabil zeigt, geben verschiedene Einflussfaktoren Anlass zur Sorge. Denn die schwächere Konjunktur in Europa und China, niedrige Rohstoffpreise und das aktuell noch niedrige Zinsniveau bergen deutliche Risiken für Unternehmen. Darauf verweisen Experten von Roland Berger in ihrer neuen "Restrukturierungsstudie 2015". Die Studie, die auf einer Umfrage von 1.100 Branchenexperten in Deutschland basiert, zeigt die wichtigsten Herausforderungen, mit denen deutsche Firmen derzeit konfrontiert sind. Diese Erkenntnisse lassen sich auch auf den österreichischen Markt übertragen.

So sehen 40 Prozent der Studienteilnehmer in der anhaltenden europäischen Staatsschuldenkrise und dem Abflachen der chinesischen Konjunktur eine Gefahr für die weitere Konjunkturentwicklung in Deutschland. 14 Prozent sorgen sich eher um den Fachkräftemangel.

"Deutschland aber auch Österreich profitieren aktuell immer noch von ihrem starken Exportgeschäft – doch der Schein trügt", warnt Matthias Holzamer, Experte für Restrukturierung im Wiener Büro von Roland Berger. "Verschiedene Faktoren können die positive Entwicklung schnell kippen lassen. Auch Digitalisierung und disrup­tive Innovationen sind eine Herausforderung für etablierte, erfolgreiche Geschäftsmodelle von Unter­nehmen. Dementsprechend gehen wir von einer steigenden Zahl der Restrukturierungsfälle in Deutschland und Österreich aus."

Digitalisierung, Marktkonsolidierung, regulatorische Veränderungen: Firmen unter Druck

Unternehmen stehen aktuell vor einem wichtigen Wandel, der je nach Industriebereichen von unter­schied­lichen Treibern beeinflusst wird. So sehen 34 Prozent der Befragten die zunehmende Digitalisierung als wesentlichen Grund für den Industriewandel. "Unternehmen aus dem Produktionssektor, wie etwa dem Automotive-Bereich, aber auch aus der Medienbranche stehen vor der Herausforderung, ihr Geschäftsmodell schnell anpassen zu müssen. Denn nur so können sie ihren Marktanteil verteidigen bzw. verbessern", erläutert Holzamer.

Die schnelle Digitalisierung der Industrie verstärkt so auch den Wettbewerbsdruck: Etablierte Unternehmen sind mit neuen, branchenfremden Marktakteuren konfrontiert, die Lösungen aus einer Hand bieten. So empfindet rund ein Viertel der Studienteilnehmer den Konsolidierungsdruck als entscheidenden Treiber für den Wandel der Wirtschaft.

Doch auch regulatorische Veränderungen spielen in bestimmten Branchen eine wichtige Rolle (11%): "Sektoren wie die Finanz- und die Energieindustrie müssen auf neue regulatorische Maßnahmen wie Basel III oder auf politische Entscheidungen etwa zur Energiewende reagieren und sich strategisch und operativ entsprechend neu ausrichten", sagt Holzamer. Damit erklärt sich auch, warum fast jeder zweite Befragte davon ausgeht, dass die Anzahl der Restrukturierungen in den kommenden zwölf Monaten zunehmen wird.

Sanierung erfordert tiefgreifendes Verständnis für Geschäftsmodelle

Der erwartete Anpassungsbedarf spiegelt sich auch im Restrukturierungsfokus wider. Unternehmen wollen vor allem flexibler und effizienter werden, um auf Kundenwünsche und neue Marktanforderungen schneller reagieren zu können. Um dies zu erreichen, passen sie in erster Linie ihre Geschäftsmodelle an (16%) daneben optimieren sie Organisations- und Ablaufprozesse (12%) und führen Kostensenkungs- und Effizienz­steigerungsprogramme (11%) durch. Somit wird für Sanierungen ein tiefgreifendes Verständnis von Geschäfts­modellen sowie deren Anpassung immer wichtiger.

Fast 60 Prozent der Studienteilnehmer gehen außerdem davon aus, dass Unternehmensrestrukturierungen immer umfangreicher und komplexer werden. Denn neue Gesetze und Regularien verschärfen die Anfor­de­run­gen an Unternehmen. "Ein gutes Beispiel aus Deutschland ist das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen ESUG", sagt Holzamer. "Die neuen Regeln bieten zwar mehr Handlungsflexibilität bei Insolvenzen, erhöhen aber auch die rechtliche Komplexität, zum Beispiel wenn es zu gerichtlichen Sanierungen kommt."

Komplexitäts- und Stakeholder-Management wichtig

Ein weiterer Komplexitätstreiber ist weiterhin die Finanzierungsseite bei der Restrukturierung. Die Zunahme von Finanzierungsinstrumenten und -parteien erfordert die Ausarbeitung eines gut durchdachten Konzeptes. "Besonders problematisch ist dabei das Stakeholder-Management", erklärt Holzamer. "Denn in den meisten Fällen müssen die Interessen verschiedener Geldgeber unter einen Hut gebracht werden." Zudem haben Firmen umfangreichere Berichtspflichten gegenüber ihren Finanziers. Mehr Transparenz soll Unternehmen dabei helfen, potenzielle Risiken früh zu erkennen und Bedenken innerhalb der Firma gegenüber einer Restrukturierung einfacher aus dem Weg zu räumen.

"Um all diese Herausforderungen meistern zu können, brauchen Restrukturierungsverantwortliche ein tiefes Branchenverständnis und Weitblick für die notwendigen Anpassungen des Geschäftsmodells", fasst Matthias Holzamer zusammen. "Nur so ist neben der operativen Restrukturierung mit einem individuellen Finanzierungs­konzept auch eine nachhaltige strategische Neuausrichtung erfolgreich umsetzbar."


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