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Testwerbung „Tip der Woche“

10.08.2015  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Irreführende Testwerbung: Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN berichtet von einem aktuellen BGH-Urteil.

Unter dem Titel „Tip der Woche“ bewirbt Kaufland in einem umfangreichen Printprodukt Angebote in den Kaufland Märkten und vereinzelt von anderen Einzelhandelsgeschäften. Im Inhalt finden sich aber auch Horoskope, Rätsel oder Prominentenportraits. Der Tip der Woche wird von einer Gesellschaft aus der Unternehmensgruppe Kaufland erstellt. Ausgaben aus dem Jahr 2011 und 2012 schafften es jetzt bis vor den Bundesgerichtshof und das gefällte Urteil (BGH, Urteil 05.02.2015, AZ: I ZR 136/13) steht auch für eine Neuausrichtung der Pressehaftung.

Es ging um die Testwerbung für profane Geschirrspültaps und Nudelprodukte. In der im Oktober 2011 erschienenen Anzeige sind unter der Überschrift "Ausgezeichnete Qualität für Ihre Spülmaschine" vier verschiedene Sorten von Geschirrspülmaschinentabs teilweise überlappend mit den Produktverpackungen abgebildet. Davor war - teilweise überschneidend mit der vorderen Packung - das Logo der Stiftung Warentest mit der Angabe TESTSIEGER GUT (2,1) und weitere Angaben zum Test in der Ausgabe 08/20 von 17 Geschirrspültaps abgedruckt.

In ähnlicher Weise waren in der Februar-Ausgabe 2012 drei Nudelprodukte beworben. Im Vordergrund waren die Packungen der Nudeln "Buitoni Eliche" und – teilweise davon verdeckt – "Buitoni Gnocchi" zu sehen. Darüber ist das Logo der Stiftung Warentest mit der Testnote „GUT (2,0)“ und Angaben zur Testfundstelle in Heft 4/20. Die Stiftung Warentest hatte jedoch nicht alle jeweils abgebildeten Produkte, sondern lediglich die Geschirrspültabs "fit GRÜNE KRAFT CLASSIC" und die Nudeln "Buitoni Eliche" untersucht und bewertet. Der vzbv mahnte die Werbung als irreführend ab und klagte. Verbraucher glaubten aufgrund der Darstellung, auch die nicht getesteten Produkte seien untersucht und bewertet worden, so der Vorwurf.

Der Bundesgerichtshof bestätigte die Ansichten der Instanzgerichte zur Irreführung selbst: „Für die Beurteilung, ob eine geschäftliche Handlung irreführend ist, kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den maßgeblichen Verkehrskreisen hervorruft. Sie ist irreführend, wenn das Verständnis, das sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen erweckt, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt (...). Insbesondere die Präsentation der Produkte als bildliche Einheit durch die optischen Überlagerungen führte dazu, dass das Testlogo nicht eindeutig zugeordnet werden konnte. Daran änderten auch die Unterschiede in den Produkten (z.B. "Gnocchi"-Nudeln vs. Spiralnudeln), der andersartigen Verpackungen und das bloße „Hineinragen“ des Logos in das vordere Produkt nichts, welches die Beklagte als ausreichend für eine Zuordnung angeführt hatte. Der Grad der Aufmerksamkeit des Verbrauchers sei von der jeweiligen Situation und vor allem von der Bedeutung abhängig, die die beworbenen Waren für ihn hätten. Bei geringwertigen Gegenständen des täglichen Bedarfs oder beim ersten Durchblättern von Werbebeilagen oder Zeitungsanzeigen sei seine Aufmerksamkeit regelmäßig eher gering, so dass er die Werbung eher flüchtig zur Kenntnis nehme, so die Richter.

Keine eingeschränkte Pressehaftung

Das beklagte Unternehmen konnte sich auch nicht auf die nach der Rechtsprechung für Presseprodukte geltende eingeschränkte Prüfungspflicht berufen. Diese besteht aufgrund des eiligen Geschäfts bei Pressemeldungen insbesondere im Massengeschäft bei Anzeigen nur für klar erkennbare Verstöße. Zwar gelte die grundrechtliche Garantie der Pressefreiheit auch für Kundenzeitschriften und für Anzeigenblätter, die hauptsächlich Werbeanzeigen und zu einem geringeren Anteil redaktionelle Beiträge enthalten. Damit fiel der Tip der Woche auch in den Schutzbereich. Allerdings sei der Schutzumfang der Pressefreiheit umso geringer, je weniger ein Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung diene. Die Ausrichtung auf eigennützige Geschäftsinteressen wirtschaftlicher Art stellte das Produkt vielmehr einem reinen Werbeprospekt gleich:

„Danach kann sich ein Presseunternehmen grundsätzlich nicht mit Erfolg auf eine eingeschränkte Haftung für gesetzwidrige Werbeanzeigen Dritter berufen, wenn die fragliche Zeitschrift keinen nennenswerten meinungsbildenden Bezug hat, sondern nahezu ausschließlich Werbung enthält.“, so der BGH.

Fazit

Die Selbstverständlichkeit, dass mit Testurteilen nur für getestet Produkte geworben werden darf, hat in der Werbepraxis bei der Gestaltung von Angeboten ihre Tücken. Der Werbetreibende muss für klare Zuordnungen von Testurteil und Produkt sorgen. Die Quellenangaben müssen eindeutig und lesbar sein (selbst wenn die Testwerbung nur auf der Abbildung der Produktverpackung erkennbar ist). Das Urteil zeigt auch, dass Verantwortliche wenig Hoffnung haben dürfen, durch Berufung auf die Grundsätze des der Presse zugebilligten Rechts geringeren Prüfungspflichten zu unterliegen. Das gilt jedenfalls in solchen Fällen, in denen das Werbeblatt nahezu keine redaktionellen Beiträge aufweist.


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