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Stadtrat straft Bahn-Chef für Hauptbahnhof-Modell ab

19.05.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Baudienst.

tz München: "Ausgebuht!" // Bahn könnte neue Klage drohen

München (ots) - Das war eine Premiere im Münchner Rathaus! Zumindest kann sich CSU-Planungssprecher Walter Zöller, der seit fast 40 Jahren im Stadtrat sitzt, an nichts Vergleichbares erinnern: Das gesamte 80-köpfige Gremium hat einen Gast ausgebuht! Gestern kam Bahn-Boss André Zeug zu dieser zweifelhaften Ehre. Er war aus Berlin angereist, um den Münchnern den Bahn-eigenen Entwurf für einen (teilweise) neuen Hauptbahnhof schmackhaft zu machen. Das ist ihm gründlich misslungen: Der "funktionale Zweckbau" hielt für keinen der enttäuschten Redner dem Vergleich mit dem Siegerentwurf aus dem Wettbewerb (Auer + Weber) stand. Dazu kommen Mängel in der Erschließung der U- und S-Bahngeschosse. Als der Vorstandsvorsitzende der DB Station&Service AG nach der knappen Vorstellung des Projekts auch noch die Fragen der Stadträte nicht beantwortete, sondern fand, es sei "sinnvoller, wenn man heute hier einen Schlussstrich zieht", schallte ihm die Unmutsbezeugung unüberhörbar entgegen.

Walter Zöller eröffnete "enttäuscht bis entsetzt" das Gefecht. Es sei ein Skandal, dass die Bahn sich "still und leise" vom preisgekrönten Entwurf entferne und jetzt "ein völlig beliebiges Gebäude hinstellen will". Das Argument Wirtschaftlichkeit lässt er nicht gelten, zumal Zeug nicht einmal die prognostizierten Kosten für das Konzept verraten wollte.

Im später verteilten Pressetext wird der Preis mit 300 Millionen Euro beziffert. Auer + Weber halten ihren eigenen reduzierten Entwurf durchaus für konkurrenzfähig, heißt es in der Vorlage von Stadtbaurätin Elisabeth Merk. Zöller sieht den Grund für die Bahnplanung in Eigenregie in den Erfahrungen mit dem Lehrter Bahnhof (Berlin), wo sich die Bahn wegen eigenmächtiger Veränderungen einen Urheberrechtsstreit mit Architekt Meinhard von Gerkan einhandelte. "Jetzt wollen sie nicht mehr mit freien Architekten arbeiten."

Eine Klage könnte der Bahn auch in München blühen, so die Warnung von SPD-Chef Alexander Reissl: "Dann wird's auf jeden Fall teurer." Zu Verzögerungen komme es auch. Die Stadt selbst habe den Anspruch, die Gestalt aller wichtigen Bauvorhaben durch einen Wettbewerb zu ermitteln. Das sagte Zeug auch zu, und da könne sich ja Auer + Weber ebenfalls beteiligen. Quer durch den Stadtrat appellierten die Sprecher, den Weg zurück zum "überragenden Siegerentwurf" nicht zu verbauen. Richard Quaas (CSU): "Es gibt selten eine so einhellige Haltung des Stadtrats, das sollte der DB zu denken gegeben." Sie solle sich auch auf ihre frühere Zuverlässigkeit besinnen, die in den letzten Jahrzehnten abhanden gekommen sei.

Auch fühle sich München vernachlässigt: In Leipzig, Berlin, Dresden und Stuttgart würden großartige Bahnhöfe geplant und gebaut, die bayerische Landeshauptstadt werde mit "Kaufhausarchitektur der 80er-Jahre abgespeist". (Barbara Wimmer)

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Quelle: tz München
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