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Praktiker wird abgewickelt

09.09.2013  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Simon-Kucher & Partners Strategy & Marketing Consultants GmbH.

Die Baumarktkette ist ein Lehrbuchspiel dafür, wie man ein Unternehmen mit anhaltend falscher Preispolitik zu Grunde richten kann. Der Fall enthält wichtige Lehren für das Preismanagement.

Mitte 2007 kostete die Praktiker-Aktie mehr als 30 Euro. Mit dem Slogan „20 % auf alles – außer Tiernahrung“, die seit einigen Jahren lief, war Praktiker nach OBI zur zweitgrößten deutschen Baumarktkette aufgestiegen. Später warb Praktiker mit Rabatten von 25 % für bestimmte Produktgruppen, z.B. „25 % auf alles, was einen Stecker hat“. Praktiker positionierte sich als der harte Discounter unter den Baumarktketten und definierte sich so letztlich über den Preis und nicht den Kundennutzen. Ein Slogan lautete sogar: „Hier spricht der Preis.“

Die aggressive Preisstrategie von Praktiker führte ins Desaster. Der Aktienkurs stürzte bis Ende 2008 auf unter 10 Euro ab. Die Discountpolitik war offensichtlich ein Holzweg und musste aufgegeben werden. Doch als man diesen gewagten Schritt im Laufe des Jahres 2010 umsetzte (Ende 2010 lief der „20 % auf alles Slogan“ zum letzten Mal) folgte ein weiterer, starker Einbruch des Aktienkurses. Im Frühjahr 2013 stand der Aktienkurs bei etwa 1,40 Euro.

Interessant ist, dass die anderen Baumarktketten florierten und ihre Umsätze von 2008 bis 2010 um mehr als 1 Milliarde Euro auf insgesamt 18,5 Milliarden Euro steigern konnten. Dieter Schindel, der Vorstandsvorsitzende des Einzelhändlers Woolworth sprach vom „Praktiker-Syndrom“, unter dem auch Woolworth gelitten habe. Woolworth ging im April 2009 in die Insolvenz und wagte danach einen völligen Neustart. In dem neuen Konzept wird auf ständige Rabattaktionen („Praktiker-Syndrom“) völlig verzichtet. Stattdessen wurden die Preise für rund 400 Artikel dauerhaft gesenkt.

Was sind die Lehren? Es ist gefährlich, wenn ein Unternehmen seine Positionierung ausschließlich am niedrigen Preis festmacht. Dies gilt insbesondere dann, wenn man keine erkennbaren starken Kostenvorteile besitzt. Solche haben beispielsweise Aldi oder IKEA, so dass diese Firmen trotz niedriger Preise im Vergleich zu ihren Branchenkollegen überdurchschnittlich profitabel sind. Eine zweite Lehre besteht darin, dass man aus einer niedrigen Preispositionierung nur schwer herauskommt. Die Aufgabe der Rabattpolitik ließ die Kunden in Scharen weglaufen und führte Praktiker endgültig in den Abgrund. Etwas Ähnliches passierte in den letzten zwei Jahren bei der amerikanischen Warenhauskette J.C. Penney. Als der frühere Chef der Apple Stores das Ruder bei J.C. Penney übernahm und die bisherige Rabattpolitik aufgab, stürzte das Unternehmen tief in die Verlustzone. Nicht zuletzt sollte man rechnen, bevor man die Preise senkt oder Rabatte gibt. Um die negative Gewinnwirkung von 20 % Rabatt zu kompensieren, braucht man bei typischen Kostenstrukturen eine Verdoppelung der Absatzmenge. Diese wird in der Realität fast nie erreicht.

 

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