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Neue Rechtsprechung zum Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen

19.04.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Praxisnah erläutert von Ihrem Experten Volker Hartmann

Wenn ein Arbeitgeber für seine Arbeitnehmer eine Betriebsveranstaltung durchführt, handelt es sich in lohnsteuerlicher Hinsicht grundsätzlich um eine Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, und damit nicht um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Voraussetzung ist hierbei, dass es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung handelt. Handelt es sich dagegen um eine unübliche Betriebsveranstaltung, liegt steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.

Eine Betriebsveranstaltung ist nach Maßgabe der Lohnsteuerrichtlinien immer dann als übliche Betriebsveranstaltung anzusehen, wenn die Aufwendungen des Arbeitgebers 110 Euro je teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen und nicht mehr als zwei Veranstaltungen jährlich durchgeführt werden.

Wenn die 110 Euro-Freigrenze überschritten ist, handelt es sich dagegen um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Bitte beachten Die, dass in diesem Fall der volle Betrag der Lohnversteuerung zu unterwerfen ist, nicht nur der übersteigende Betrag. Zur Bemessungsgrundlage gehört auch die Umsatzsteuer.

BFH-Urteil vom 09.12.10, V R 17/10

Neben den lohnsteuerlichen sind unter Umständen auch umsatzsteuerliche Konsequenzen zu ziehen. Mit BFH-Urteil vom 09.12.10, V R 17/10, hat der Bundesfinanzhof die bisherige umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen komplett auf den Kopf gestellt. Danach gelten unübliche Betriebsveranstaltungen stets als privat veranlasst. In der steuerlichen Konsequenz darf der Arbeitgeber aus Leistungen für Betriebsveranstaltungen keinen umsatzsteuerlichen Vorsteuerabzug geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber mittelbar beabsichtigt, durch die Betriebsveranstaltung das Betriebsklima zu verbessern. Der Vorsteuerabzug ist nur dann zulässig, wenn es sich um eine übliche Betriebsveranstaltung handelt, also um Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers, und die Aufwendungen des Arbeitgebers die 110 Euro-Freigrenze nicht übersteigen.

Ursächlich für diesen Urteilsspruch war ein streitiger Sachverhalt, der zunächst vor dem Finanzgericht Münster ausgetragen wurde.

Urteil Finanzgericht Münster vom 06.05.10, 5 K 3950/07 U

Eine Steuerberatungssozietät führte als Arbeitgeber in zwei aufeinanderfolgenden Jahren unübliche Betriebsveranstaltungen durch. Die entsprechenden Aufwendungen versteuerte er pauschal mit einem Lohnsteuersatz von 25 %. Der Arbeitgeber weigerte sich jedoch, die umsatzsteuerlichen Konsequenzen zu ziehen und unterwarf die Aufwendungen entsprechend nicht der Umsatzbesteuerung.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung vertrat das Betriebstättenfinanzamt die Auffassung, dass es sich bei den Aufwendungen des Arbeitgebers für unübliche Betriebsveranstaltungen um umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige sonstige Leistungen handelt. Auch im Rahmen des Einspruchsverfahrens kam das Betriebstättenfinanzamt zum Ergebnis, dass Zuwendungen für den privaten Bedarf der Arbeitnehmer nur dann nicht umsatzsteuerbar sind, wenn sie durch das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers veranlasst seien. Dies ist hier jedoch aufgrund des Überschreitens der 110 Euro-Freigrenze hier nicht der Fall.

Der Arbeitgeber konnte sich hiermit jedoch nicht zufrieden geben, sondern zog vor das Finanzgericht Münster. Dort machte er geltend, dass die Frage, ob ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers gegeben sei, nicht anhand einer allgemeinen Grenze in den Lohnsteuerrichtlinien beantwortet werden könne, sondern nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden müsse.

Das Finanzgericht folgte dieser Auffassung nicht und führte aus, dass die unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung durch einen Unternehmer für den privaten Bedarf seines Personals einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt ist, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen. Die Umsatzsteuerbarkeit entfällt nur dann, wenn die Befriedigung des privaten Bedarfs der Arbeitnehmer durch die mit der Maßnahme verfolgten betrieblichen Zwecke überlagert wird. Die lohnsteuerlichen Abgrenzungskriterien sind mit den umsatzsteuerlichen Abgrenzungskriterien nahezu deckungsgleich. Das Finanzgericht hält es aus praktischen Gründen für erforderlich, sich hierbei an einer festen betragsmäßigen Grenze zu orientieren. Eine einzelfallbezogene Prüfung mit Berücksichtigung der jeweiligen unternehmensbezogenen und regionalen Besonderheiten hält das Gericht für nicht durchführbar. Das Gericht konnte nicht erkennen, dass das Interesse des Arbeitgebers, durch die Betriebsveranstaltung das Arbeitsklima zu verbessern und die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer zu steigern, nicht so ganz überwiegend eigenbetrieblich ist, dass es in der Lage ist, den Arbeitslohncharakter zu überlagern.

Weil der Arbeitgeber immer noch nicht genug hatte, zog er vor den Bundesfinanzhof. Dem Arbeitgeber scheint es hierbei wohl weniger ums Geld als um das Prinzip gegangen zu sein, denn die streitige Umsatzsteuer belief sich bei den Bruttoaufwendungen des Arbeitgebers in Höhe von 8.300 Euro gerade einmal auf 1.144 Euro.

Ziel der Umsatzbesteuerung ist es, den privaten Endverbrauch grundsätzlich der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen. Bisher wurde der umsatzsteuerliche Vorsteuerabzug bei unüblichen Betriebsveranstaltungen durch die Umsatzbesteuerung kompensiert, so dass unübliche Betriebsveranstaltungen im Ergebnis bei bestehendem Vorsteuerabzug der Umsatzbesteuerung unterworfen zu unterwerfen waren.

Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung

Der Bundesfinanzhof kommt mit Urteil vom 09.12.10 zum Ergebnis, dass unübliche Betriebsveranstaltungen ausschließlich und unmittelbar der Befriedigung privater Interessen der Arbeitnehmer dienen. Daher ist der Vorsteuerabzug unzulässig. Mit diesem neuen Urteil gibt der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung auf und hält an seiner bisherigen Rechtsauffassung nicht mehr fest. An anderer Stelle verdeutlicht der Bundesfinanzhof, dass ein Vorsteuerabzug bei gemischten Aufwendungen gegeben sein kann, z.B. wenn der Unternehmer von anderen Unternehmern bezogene Leistungen nicht ausschließlich für Entnahmezwecke verwendet, sondern gemischt sowohl für seine wirtschaftliche Tätigkeit als auch für eine Entnahme.

Nach Ansicht des Autors stellen unübliche Betriebsveranstaltungen Aufwendungen des Arbeitgebers dar, die weder eindeutig als Zuwendungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers noch als steuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen sind. Darüber hinaus lässt der Bundesfinanzhof völlig offen, welche Auswirkungen die Versagung des Vorsteuerabzugs auf die Umsatzbesteuerung hat.

Fortsetzung folgt.

Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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