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Neue Rechtsprechung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Teil 2

03.04.2012  — Volker Hartmann.  Quelle: FibuGate.

Im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung ist neben dem geldwerten Vorteil für die private Nutzung des Firmenwagens bekanntermaßen auch ein geldwerter Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusetzen. Der Arbeitgeber sollte hierbei stets das Zusammenspiel zwischen der Erfassung des geldwerten Vorteils im Rahmen der Lohn- und Gehaltsabrechnung einerseits und dem Werbungskostenansatz im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung des Arbeitnehmers andererseits im Auge haben.

Im letzten Beitrag zum Thema haben wir Sie über die neue BFH-Rechtsprechung zur Berechnung der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte informiert. In diesem Zusammenhang ist für die Entfernungsberechnung nach dem Wortlaut des Gesetzes grundsätzlich die kürzeste Straßenverbindung zugrundezulegen. Ersatzweise kann auch eine längere Strecke steuerlich geltend gemacht werden, soweit diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist. Der BFH hat sich in zwei Fällen mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen eine Straßenverbindung als offensichtlich verkehrsgünstiger anzusehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 16.11.11, VI R 46/10 und VI R 19/11).

In dieser Ausgabe möchten wir Sie darüber informieren, was Sie beachten müssen, wenn Ihre Arbeitnehmer die regelmäßigen Arbeitsstätte mehrmals an einem Arbeitstag aufsuchen müssen.

Urteil Hessisches Finanzgericht 4 K 3301/09

Das Hessische Finanzgericht musste sich jüngst mit der Frage auseinandersetzen, in welchem Umfang ein Arbeitnehmer Werbungskosten geltend machen kann, wenn er seine regelmäßige Arbeitsstätte mehrmals täglich aufsuchen muss. Im hier streitigen Sachverhalt musste ein Orchestermusiker seine regelmäßige Arbeitsstätte einmal zu Orchesterproben und ein weiteres Mal wegen der offiziellen Aufführung aufsuchen.

Das hessische Finanzgericht hat mit Urteil vom 06.02.12, 4 K 3301/09 erneut bestätigt, dass im Rahmen der Einkommensteuererklärung arbeitstäglich nur eine und keine weitere zusätzliche Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte als Werbungskosten geltend gemacht werden kann. Das Finanzgericht stellt klar, dass der Werbungskostenansatz für eine zweite Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte weder gesetzlich zugelassen noch verfassungsrechtlich geboten ist.

Nach Maßgabe von § 9 Absatz 1 Satz 3 Nr. 4 EStG ist pauschal für jeden Arbeitstag, an dem die regelmäßige Arbeitsstätte aufgesucht wird, ein Betrag anzusetzen, der unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Fahrten, unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel und unabhängig von den tatsächlich angefallenen Kosten ist. Das Finanzgericht hat keine verfassungsrechtlichen Bedenken, dass nur eine Fahrt arbeitstäglich steuerlich geltend gemacht werden kann, weil es sich bei mehreren Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte um „atypische Sachverhalte“ handelt, die „im Verhältnis zur Mehrzahl der Steuerpflichtigen die Ausnahme“ sind. Darüber hinaus dient diese Regelung der Verwaltungsvereinfachung, weil im Gegensatz zur vorherigen Rechtslage eine zeitintensive und aufwendige Prüfung dieser auch besonders streitanfälligen Sachverhalte nicht mehr erforderlich ist.

Diese Rechtsfrage betrifft zwar den Werbungskostenansatz des Arbeitnehmers, ist aber unter Umständen auch für den Arbeitgeber für die Lohn- und Gehaltsabrechnung von Bedeutung, z.B. wenn Sie einem Arbeitnehmer einen Fahrtkostenzuschuss gewähren.

Wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Fahrtkostenzuschuss gewährt, kann der Arbeitgeber diesen Zuschuss pauschalversteuern. Rechtsgrundlage für die Pauschalversteuerung mit einem Steuersatz von 15 % ist § 40 Absatz 1 Satz 2 EStG. Diese Art der Pauschalversteuerung löst Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung aus. Der Arbeitnehmer erhält diesen Fahrtkostenzuschuss ohne Einbehaltung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen. Die Pauschalversteuerung kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn der Arbeitnehmer entsprechend Werbungskosten im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend machen könnte.

Gewährt der Arbeitnehmer einen höheren Fahrtkostenzuschuss als steuerlich zulässig, also einen höheren Betrag, als der Arbeitnehmer als Werbungskosten geltend machen könnte, ist dieser übersteigende Betrag nicht pauschalierungsfähig. Daher ist dieser übersteigende Anteil individuell auf Basis der persönlichen Besteuerungsgrundlagen zu versteuern. Darüber hinaus ist eine Verbeitragung zur Sozialversicherung durchzuführen.

Eine steuerfreie (Reisekosten-)Erstattung kommt bei zusätzlichen Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht in Betracht, weil es sich bei allen Fahrten zweifelsfrei um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte handelt. Soweit an einem Arbeitstag bereits eine Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte durchgeführt wurde, ist für jede weitere Fahrt, für die ein Fahrtkostenzuschuß gewährt worden ist, eine individuelle Lohnversteuerung durchzuführen.

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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