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Neue BFH-Rechtsprechung zur Aufteilung der Aufwendungen für eine sowohl beruflich als auch privat veranlasste Reise

16.02.2010  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ihr Experte Volker Hartmann erläutert für Sie die aktuelle Rechtsprechung

Die Reisekostenabrechnung ist für viele Arbeitgeber nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln. Ursächlich hierfür sind einerseits die komplizierten Spielregeln, darüber hinaus aber auch das im Einkommensteuergesetz normierte starre Abzugsverbot, wenn berufliche Gründe für eine Dienstreise eine gewisse private Mitveranlassung haben. In der lohnsteuerlichen Praxis treten gelegentlich Überschneidungen auf, wenn Auswärtstätigkeiten sowohl beruflich als auch privat veranlasst sind. Dann handelt es sich um sog. gemischte Aufwendungen, die nach Maßgabe von § 12 Nr. 1 EStG steuerlich als nicht abziehbare Kosten der Lebensführung zu qualifizieren sind. Daher dürfen diese Aufwendungen nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht im Rahmen der betrieblichen Reisekostenabrechnung steuerfrei erstattet bzw. im Rahmen der Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass eine Auswärtstätigkeit, die sowohl betrieblich als auch privat veranlasst ist, nach dem Wortlaut des Gesetzes in vollem Umfang steuerlich nicht abzugsfähig ist.


Beschluss des großen Senats vom 21.09.09

Mit Beschluss vom 21.09.09, GrS 1/06, hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben und entschieden, dass Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei gemischt beruflich und privat veranlassten Reisen entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung grundsätzlich in abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben und nicht abziehbare Aufwendungen für die private Lebensführung aufgeteilt werden können. Bereits in der Vergangenheit hat der Bundesfinanzhof das starre Aufteilungs- und Abzugsverbot in zahlreichen Fällen durchbrochen. Die Aufteilung kann hierbei nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise erfolgen. Voraussetzung ist jedoch, dass die beruflich veranlassten Zeitanteile feststehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind.


Der streitige Sachverhalt

Ein kaufmännischer Angestellter besuchte eine Computer-Messe in Las Vegas (USA) und machte die Aufwendungen im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend. Weil sich die Reise über einen Zeitraum von sieben Tagen erstreckte, aber nach Ansicht der Finanzverwaltung und des Finanzgerichts nur vier Tage einem eindeutigen beruflichen Anlass zuzuordnen waren, berücksichtigte das Finanzamt die Reisekosten nicht in voller Höhe, sondern nur teilweise.

Das Finanzamt verwies dabei auf das allgemeine Aufteilungs- und Abzugsverbot und berief sich auf die bisherige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (vgl. BFH-Urteil vom 19.10.70, GrS 2/70). Das Finanzamt erkannte im streitigen Sachverhalt nur die Kongressgebühren, die Kosten für vier Übernachtungen und Verpflegungsmehraufwendungen für fünf Tage steuermindernd an. Weil von insgesamt sieben Tagen nur vier Tage einem konkreten beruflichen Anlass zuzuordnen waren, konnten die Aufwendungen für den Hin- und Rückflug entsprechend nur in Höhe von 4/7 steuerlich berücksichtigt werden.


Auswirkungen für die Praxis

Im Ergebnis können die Aufwendungen für die Hin- und Rückreise bei sowohl beruflich als auch privat veranlassten Reisen grundsätzlich in einen steuerlich abzugsfähigen und einen steuerlich nicht abzugsfähigen Anteil nach Maßgabe der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile der Reise aufgeteilt werden. Voraussetzung ist, dass die beruflich veranlassten Zeitanteile fest stehen und nicht von untergeordneter Bedeutung sind. Die unterschiedliche Gewichtung der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es jedoch im Einzelfall erforderlich machen, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen.

Eine steuerliche Berücksichtigung kommt nach Auffassung des Großen Senats nur dann nicht in Betracht, wenn bei sowohl beruflich als auch privat veranlassten Reisen die jeweiligen Beweggründe so ineinander greifen, dass eine Trennung in einen beruflichen und einen privaten Anteil nicht einwandfrei möglich ist, weil es an objektiven Kriterien für die eine Aufteilung fehlt.
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