10.03.2025 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deloitte.
Demnach haben zwei von drei der teilnehmenden Banken im vergangenen Jahr ihre Kreditvergabestandards – auch im Zusammenhang mit den zahlreichen neuen EU-Regularien – deutlich verschärft.
Knapp ein Viertel der befragten Institute setzt zudem auf sogenannte Financial Covenants, die eine Verpflichtung zur Einhaltung festgelegter finanzieller Anforderungen festlegen, etwa die maximale Verschuldung gemessen am Nettoverschuldungsgrad. Immerhin 17 Prozent wollen aus strategischen Gründen ihr Neugeschäft reduzieren.
Entspannung ist nicht in Sicht – die konjunkturellen Aussichten in Deutschland bleiben ebenso getrübt wie die Stimmung der teilnehmenden Kreditinstitute, von denen fast die Hälfte die gesamtwirtschaftliche Lage Deutschlands als schlecht oder sogar sehr schlecht bewertete. Zugleich prognostizieren die Finanzexperten eine Zunahme der Kreditvergabe in den kommenden zwölf Monaten: 53 Prozent erwarten einen leichten Anstieg, weitere drei Prozent sogar ein deutliches Plus.
Die aktuelle Lage im Kreditmarkt scheint widersprüchlich. Einerseits haben die Institute ihre Vergabekriterien deutlich nachgeschärft und erwarten überwiegend einen Anstieg bei der Kreditvergabe, andererseits sehen viele Banken eine drohende Zunahme von Non-Performing-Loans und Kreditausfällen. In diesem Spannungsfeld wird es für sie immer herausfordernder, Geld für Unternehmen bereitzustellen.
– Christoph Rössle, Partner bei Deloitte
Die größten Probleme für Kreditnehmer resultieren laut Befragung weiterhin aus dem Fachkräftemangel sowie aus den zunehmenden regulatorischen Ansprüchen und steigenden Personalkosten. Hinzu kommen die zahlreichen ESG-Kriterien, die Digitalisierung sowie geopolitische Konflikte als wichtige makroökonomische Herausforderungen.
Entsprechend erwarten 76 Prozent der Befragten eine Zunahme von Kreditausfällen bei Veränderungen der makroökonomischen Rahmenbedingungen. Gut zwei von fünf Umfrageteilnehmenden gehen aufgrund von Konflikten wie in der Ukraine und im Nahen Osten von einer Verschlechterung des gesamten Geschäftsumfelds aus.
Diese negative Einschätzung findet sich auch in der Bewertung der Qualität der Kreditportfolios. So gehen zwei Drittel der Befragten davon aus, dass die Non-Performing-Loan-Quote (NPL) zunehmen wird – obwohl 65 Prozent der Institute ihre Frühwarnsysteme angepasst haben und wirtschaftlichen sowie geopolitischen Herausforderungen einen größeren Stellenwert als in der Vergangenheit einräumen.
Wegen spezifischer Probleme ist es für Unternehmen bestimmter Branchen laut Einschätzung der Befragten schwer, neue Kredite bewilligt zu bekommen. Als besonders kritischen Fall sehen 63 Prozent der befragten Banken das Baugewerbe, wo sich trotz der jüngsten Zinssenkungen das anhaltend höhere Zinsniveau gegenüber der Lage vor drei Jahren – in Verbindung mit gestiegenen Baukosten – bemerkbar macht.
Ebenfalls problematisch stufen 50 Prozent den Immobiliensektor ein, was vor allem auf den Entwicklungen bei Gewerbeimmobilien basiert: So haben sich Arbeitstage im Homeoffice etabliert, was die Nachfrage nach Büroflächen drosselt. Und Einzelhändler müssen weiterhin mit ihren teuren Handelsflächen im Wettbewerb mit dem Onlinehandel bestehen.
Auch für die Automobilindustrie und ihre Zulieferer wird es schwieriger, Fremdkapital zu bekommen – in der aktuellen Befragung sehen 43 Prozent der Institute vor allem die zunehmend schwierige Position der deutschen Autohersteller im chinesischen Markt sowie die Herausforderungen durch die Umstellung auf Elektromobilität als herausfordernd für die Vergabe neuer Kredite.
Auffällig ist hingegen die hohe Kreditwürdigkeit erneuerbarer Energiequellen: Nur zwei Prozent der Institute rechnen mit Komplikationen bei der Fremdkapitalfinanzierung im Bereich erneuerbarer Energien. In dieses Bild passt auch der immer stärker werdende Einfluss der ESG-Kriterien auf die Neukreditvergabe: 91 Prozent der Befragten erwarten langfristige Auswirkungen der Nachhaltigkeitsbewertung auf das Volumen der Neukredite, mittelfristig sind es 88 Prozent. Aktuell indes sind die ESG-Auswirkungen für viele Institute noch überschaubar, nur 43 Prozent rechnen mit kurzfristigen Auswirkungen.
2025 wird – nicht zuletzt infolge der politischen Veränderungen in den USA und Deutschland – ein entscheidendes Jahr für die deutsche Wirtschaft. Diese politischen Einschnitte finden vor dem Hintergrund schwachen Wachstums in Europa und wirtschaftlicher Stagnation in Deutschland sowie einer geopolitischen Lage mit drohenden Handelskriegen statt.
– Christoph Rössle, Partner bei Deloitte
Banken und Unternehmen müssten sich daher weit über das laufende Jahr hinaus auf ein neues Umfeld einstellen, betont Rössle:
Es wird noch wichtiger, geopolitische und geoökonomische Kompetenzen zu entwickeln, Trends und Risiken zu identifizieren und diese in die Strategie hinsichtlich der Standort-, Lieferketten- und Kreditentscheidungen zu integrieren. Die zweite Hälfte der 2020er-Jahre dürfte sehr stark von diesen Entwicklungen geprägt werden.
– Christoph Rössle, Partner bei Deloitte
Bild: Arturo A (Pexels, Pexels Lizenz)
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