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Horváth-Studie: Banken und Finanzdienstleister erwarten gedämpftes Wachstum in 2024

20.08.2024  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Horváth.

In den vergangenen Jahren erlebte die Bankenbrache eine außergewöhnlich starke Geschäftsentwicklung. Nun trifft die schwächelnde global Konjunktur die Banken als Wachstumsmotor der Wirtschaft:

Ergebnisse einer aktuellen Horváth-Studie, für die 110 Vorstands- und Geschäftsführungsmitglieder aus Kreditinstituten und anderen Finanzdienstleistern befragt wurden, weisen auf ein gedämpftes Umsatzwachstum hin.

Banking-Vorständen sind sich zudem uneinig, ob sich eine aggressive Ausweitung des aktuell profitablen Einlagengeschäft langfristig lohnt. Insgesamt zeigt sich eine klare Rückbesinnung auf das Kerngeschäft: Statt Ausweitung des Geschäfts in neue Märkte oder Geschäftsfelder nimmt die unbedingte Fokussierung auf den Kunden eine strategische Priorität ein. Die Nutzung von KI im Banking steckt dabei noch in den Kinderschuhen und wird durch regulatorische Hürden erschwert.

Für 2024 erwarten Branchenvertreter, die im Rahmen der aktuellen Studie befragt wurden, ein Umsatzwachstum von rund 1,9 Prozent. Die Erwartungen sind damit deutlich gedämpfter als noch vor einem Jahr, als die Unternehmensverantwortlichen für 2024 noch ein Wachstum von über fünf Prozent vorausgesagt hatten. Die Gründe dafür liegen vor allem in der leicht rückläufigen Zinsentwicklung sowie in Vorbehalten auf Kundenseite, insbesondere bei Geschäftskunden. Dennoch sei für die Banken alles im grünen Bereich, sagt Frank Schindera, Partner bei der Managementberatung Horváth:

Der Rückgang der Wachstumsprognose muss in Relation zu den fetten Jahren gesehen werden, die vorangingen. Wir befinden uns immer noch im positiven Wachstum und je nach Produkt und Bankentyp kann sogar noch optimistischer auf den Markt geblickt werden. Die Stimmung ist vorsichtiger, aber nicht pessimistisch.

Einlagengeschäft lockt – Baufinanzierung stockt

Auch beim Thema Einlagen macht sich der Zinsschnitt der EZB bemerkbar. Einlagen präsentieren sich aufgrund der Zinslage neuerdings wieder als attraktives Geschäft. Jedoch agierten die befragten Finanz-CxOs hier noch zögerlich, da noch nicht abzusehen sei, ob Einlagen sich auch langfristig lohnen, sagt Horváth-Partner Schindera. Die Ergebnisse der Horváth CxO Priorities Studie zeigen, dass Banking-CxOs von einem bis 2026 anhaltenden Abwärtstrend beim Leitzins ausgehen. Langfristig erwarten sie ein Zinsniveau von ca. drei Prozent.

Auch in der Baufinanzierung ist die Nachfrage weiterhin zurückhaltend. Da Baukredite zum Basisgeschäft vieler Banken zählen, übt diese Entwicklung durchaus Druck aus. „Das grundsätzliche Einnahmepotenzial ist aber noch nicht in Gefahr. Ein schlechteres Jahr stecken die meisten Banken gut weg, und der Konsum in Deutschland läuft noch immer auf eher hohem Niveau“, so Schindera. Der deutsche Konsument habe Geld und gebe es aus. Einzelne Branchen, wie die Reiseindustrie, verzeichneten Rekordabsätze. Verbraucherkredite seien nach wie vor gefragt. „Die Zeichen stehen noch nicht auf Krise“.

Rücklagen werden weiter aufgestockt

Investiert haben die Banken in ihre Rückstellungen für die Risikoabsicherung: Diese befinden sich auf sehr hohem Niveau und zeigen ein Wachstum von 6,4 Prozent im Vorjahresvergleich. „Dies ist ein klares Zeichen dafür, dass das Management eine gewisse Unsicherheit im Markt spürt und lieber konservativ agiert“, so Frank Schindera. Dennoch sei diese Entwicklung nicht negativ zu werten, sondern zeige den Aufbau von Sicherheit in unsicheren Zeiten. Auch die erwartete Wachstumsrate von rund 1,9 Prozent trotz Aufstockung der Rücklagen zeuge von der anhaltenden Stärke der Branche.

Fachkräftemangel entspannt sich, weiterhin hohe Einstellungsraten

In Bezug auf den Fachkräftemangel hat sich die Situation nach Angaben der befragten CxOs entspannt. In den konjunkturell unsicheren Zeiten stellen Banken wieder eine attraktive, da sichere, Alternative zu Startups und FinTechs dar und können so auch wieder top qualifizierte (IT-)Fachkräfte für sich gewinnen. Dementsprechend hat der Fokus auf Talentakquise abgenommen und Personalthemen verlieren für die Bankenführung an Bedeutung. Der Einstellungstrend in der Branche hält in Erwartung des demografischen Wandels in der EU dabei weiter an. Insbesondere auf dem deutschen Markt treiben starke Gewerkschaften die Lohnkosten nach oben, so dass die Befragten bei den Personalkosten einen Anstieg um fünf Prozent erwarten. Dass trotz dieser geplanten Mehrausgaben mit einer rückläufigen Cost-Income-Ratio (-0,6%P.) gerechnet wird, deutet darauf hin, dass das Ertragswachstum die Belastung der steigenden Personalkosten überkompensiert.

Branche von „Client Obession“ überzeugt

Neue Strategien und Geschäftsmodelle sowie auch technische Innovationen liegen dieses Jahr in der Horváth-Studie weit unten. Stattdessen stehen Digitalisierung und Kundenorientierung ganz oben auf der Liste der wichtigsten strategischen Managementthemen. Vor allem die Gewinnung von Neukunden rückt in den Fokus. Horváth-Finanzexperte Schindera spricht von einer regelrechten „Client Obsession“ der Banken, mit der sie trotz intensiven Wettbewerbs noch Wachstum erzielen möchten: „Dem Management geht es nur noch darum: Wie erfülle ich die Wünsche des Kunden am besten?“. Eine Entwicklung, die sich für Verbraucher positiv auswirken werde.

KI: Fehlende Akzeptanz bei Verbrauchern und Gesetzgeber

Wer nun vermute, dass die Kreditinstitute auf KI-Technologien setzen, um ihre Kunden noch besser zu durchleuchten und ihre Bedürfnisse zu erfüllen, läge daneben: „KI kann intern die Prozesse in einem Institut unterstützen und Entscheidungen vorbereiten – einen weiterführenden Einsatz gibt die Regulatorik aber noch nicht her. Und das Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb der Banken ist und bleibt die menschliche Beratung“, sagt Finanzexperte Schindera. Aktuelle Beispiele zeigten dem Experten zufolge, dass der ausschließliche Einsatz von KI, beispielsweise in Compliance-Themen, vom Gesetzgeber noch nicht akzeptiert wird. Es brauche nach wie vor Profis, die Fälle persönlich beurteilen, damit sie vor dem Gesetz bestand hätten. Hier fehle es Schindera zufolge bisher an entsprechender Regulatorik, robusten Data-Governance-Rahmenwerken sowie Vertrauen und Erfahrungswerte in Bezug auf die neuen Technologien. Während bei Firmenkunden die Vorgänge oft noch schlicht zu komplex sowie unterschiedlich seien, als dass eine KI diese abwickeln könnte, sei für Privatkunden nach wie vor der Kundenservice entscheidend dafür, bei wem sie ihr Finanzprodukt erwerben. Frank Schindera sagt dazu:

Bankgeschäfte sind für Kunden oft emotional aufgeladen und risikobehaftet. Hinzu kommt mangelhafte Finanzbildung in der Bevölkerung. Das sorgt dafür, dass der persönliche Kontakt zwischen Verbrauchern und Banken noch immer einen hohen Stellenwert genießt. Banking ist und bleibt eine Serviceindustrie.

Diesen Trend haben die befragten Finanzdienstleister erkannt: 83 Prozent geben an, dass Kundenkontaktmanagement und Kundenzentrierung in ihrer Wachstumsstrategie wichtig oder sehr wichtig sind.

Über die Studie

Für die Horváth-Studie „Banken und Finanzdienstleister 2024“ wurde eine repräsentative Auswahl an Vorstands- und Geschäftsführungsmitgliedern aus Kreditinstituten und weiteren Finanzdienstleistern befragt. Die Stichprobe umfasst über 110 Befragte, mit denen persönliche Tiefeninterviews geführt wurden. Diese fanden im Rahmen der großangelegten internationalen Horváth-Studie „CxO Priorities Studie“ statt, für die insgesamt über 770 Topmanagerinnen und -manager branchenübergreifend befragt wurden.

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