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Gemeinschaftseigentum kontra Feuchtigkeitsschäden

26.06.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Bundesgerichtshof.

Die Außenansicht ist in den meisten Fällen von besonderem Interesse für Eigentümergemeinschaften; eine einheitliche Gestaltung steht dabei im Mittelpunkt. Ein in diesem Sinne eingebautes Dachfenster in einer Wohnung in München war aber der Grund für den langsamen Befall der Wohnung von Feuchtigkeit. Der Eigentümer sah nun die WEG in der Pflicht.

Tatbestand

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Gemäß § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung hat jeder Wohnungseigentümer unter anderem die von ihm allein genutzten Gegenstände auf eigene Rechnung ordnungsgemäß zu pflegen, instandzuhalten und instandzusetzen. In dem räumlichen Bereich seines Sondereigentums treffen den einzelnen Wohnungseigentümer deshalb unabhängig von der Zuordnung zu dem Sonder- und Gemeinschaftseigentum bestimmte Instandhaltungs- und Instandsetzungspflichten, die beispielhaft genannt werden. Dazu gehören zunächst Schönheitsreparaturen einschließlich des Anstrichs der Innenseite der Fenster samt Rahmen. Weiter wird die Behebung von Glasschäden und die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen und Rollläden aufgeführt. In diesem Zusammenhang heißt es, soweit dabei die Außenansicht betroffen werde, sei eine einheitliche Ausführung unabdingbar; daher sei die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen und Rollläden Sache der Eigentümergemeinschaft.

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Im Juni 2006 traten in der Wohnung des Klägers Feuchtigkeitsschäden auf. Nachdem die Verwaltung keine Maßnahmen zur Ermittlung der Schadensursache ergriff, beauftragte der Kläger einen Privatgutachter. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass das in der Küche eingebaute Dachflächenfenster für eine solche Verwendung ungeeignet und durch ein Wohnraumdachfenster zu ersetzen sei. In einer Eigentümerversammlung im Jahr 2008 beantragte der Kläger erfolglos sowohl den Ersatz der Gutachterkosten als auch den Ausbau und die fachgerechte Erneuerung des Dachfensters. In der Versammlung vom 14. Juli 2010 wiederholte der Kläger seine Anträge, die erneut abgelehnt wurden. Mit der Klage will er unter anderem die ablehnenden Beschlüsse für ungültig erklären lassen und die Zustimmung der Beklagten zu der Durchführung der begehrten Maßnahmen erreichen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers ist - soweit hier von Interesse - erfolglos geblieben. Mit der insoweit zugelassenen Revision verfolgt er seine zuletzt gestellten, auf Ausbau und Erneuerung des Dachfensters nebst Laibung sowie Ersatz der Gutachterkosten bezogenen Anträge weiter.

Entscheidungsgründe

(…)

Die Fenster nebst Rahmen stehen gemäß § 5 Abs. 2 WEG zwingend im Gemeinschaftseigentum. Dies hat nach der gesetzlichen Kompetenzzuweisung zur Folge, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für ihren Austausch zuständig ist und die damit verbundenen Kosten zu tragen hat (§ 16 Abs. 2 WEG). Durch Vereinbarung können die Wohnungseigentümer hiervon abweichen, sofern sie eine klare und eindeutige Regelung treffen. Im Zweifel bleibt es bei der gesetzlichen Zuständigkeit.

Eine solche abweichende Regelung der Instandhaltung und Instandsetzung der Fenster und der damit verbundenen Kosten enthält § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung. Die Auslegung einer derartigen, in dem Grundbuch in Bezug genommenen Bestimmung unterliegt vollen Umfangs der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Maßgebend sind ihr Wortlaut und ihr Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt, weil sie auch die Sonderrechtsnachfolger der Wohnungseigentümer bindet. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.

Die Auslegung durch den Senat ergibt, dass § 6 Abs. 1 der Gemeinschaftsordnung den Austausch des Fensters nicht dem Kläger, sondern den Beklagten zuweist, und zwar unabhängig davon, ob es sich um einen anfänglichen oder um einen nachträglichen Mangel handelt. Ausdrücklich wird nur die "Erneuerung des Außenanstrichs", nicht aber die vollständige Erneuerung der Fenster geregelt. Die erforderliche eindeutige Zuweisung auch dieser Aufgabe an den einzelnen Wohnungseigentümer lässt sich der Gemeinschaftsordnung nicht entnehmen. Für eine Zuständigkeit des Sondereigentümers hinsichtlich der Erneuerung spricht zwar auf den ersten Blick, dass ihm nicht nur der Innenanstrich und die Behebung von Glasschäden, sondern auch die Instandhaltung und Instandsetzung der Außenfenster samt Fensterrahmen obliegen. Damit wird nicht nur die Kostenlast geregelt, sondern auch die Verwaltungsbefugnis im Hinblick auf diesen Teil des Gemeinschaftseigentums. In dem gesetzlichen Sprachgebrauch umfasst die Instandhaltung und Instandsetzung auch einen Austausch. Die erforderliche Auslegung der differenzierten Regelung in ihrem Gesamtzusammenhang spricht aber dafür, dass der Begriff der Instandhaltung und Instandsetzung enger gemeint ist und nicht die vollständige Erneuerung, sondern nur die übliche Pflege, die Wartung und die Reparatur der vorhandenen Fenster erfasst. Denn die Erneuerung des Außenanstrichs der Fenster samt Rahmen wird der Eigentümergemeinschaft zugewiesen. Das erlaubt nicht den Schluss, dass alle anderen Maßnahmen dem einzelnen Wohnungseigentümer obliegen, sondern führt im Zweifel dazu, dass der Austausch der Fenster Gemeinschaftsaufgabe ist; behält sich die Gemeinschaft schon den Außenanstrich vor, gilt dies erst recht für die vollständige Erneuerung. Mit einer solchen Regelung wollen die Wohnungseigentümer nämlich eine einheitliche Außenansicht des Gebäudes sicherstellen. Ein Austausch der Fenster kann die Außenansicht in gleichem oder noch stärkerem Maße als ein Anstrich beeinflussen. In der hier verwendeten Klausel ist dieser Zweck sogar ausdrücklich festgehalten worden, weil eine einheitliche Ausführung von Maßnahmen, die die Außenansicht betreffen, als "unabdingbar" bezeichnet und der Außenanstrich aus diesem Grund der Gemeinschaft zugewiesen wird.

Ein Anspruch auf Zustimmung zu dem Ersatz der Gutachterkosten scheidet danach nicht - wie das Berufungsgericht meint - schon deshalb aus, weil die Erneuerung des Dachfensters Sache des Klägers war.

(…)

BGH, Urteil vom 2. März 2012 - V ZR 174/11

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