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Franchisewerbung in Gefahr?

09.05.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs lässt Franchisegeber und -nehmer aufhorchen: Zentrale Aktionswerbung gerät hierdurch in gefährliche Bereiche, da die Richter die Anforderungen an die Verbraucherinformationen derart hochgeschraubt haben, dass sie jedenfalls bei größeren Firmen kaum noch zu erfüllen sind. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER, erläutert die Konsequenzen, die nicht nur im Franchisebereich gelten.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich im Februar mit der Werbung einer Franchisegruppe für Tiernahrung zu befassen. Die hatte, wie in solchen Systemen üblich, eine gemeinsame Printwerbung konzipiert. Es handelte sich um einen Prospekt mit 24 Seiten Umfang. Die Franchisehändler konnten entscheiden, ob sie an der Aktion teilnehmen wollten oder nicht. Insbesondere entschieden sie jeweils für sich, ob und welche der angebotenen Produkte sie führten und zu welchem Preis sie diese anboten. Dementsprechend gab es auch Hinweise jeweils im Footerbereich im Prospekt, der lautete:

Alle Angebote sind ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich.

Zudem wurden auf der letzten Seite acht Händler mit Adressen und Kontaktdaten aufgeführt „Fressnapf-Märkte in deiner Nähe!“. Ein Verbraucherverband war der Ansicht, die Werbung sei irreführend und intransparent. Der Verbraucher könne nicht erkennen, welche Märkte nun an der Aktion teilnähmen und welche nicht.

Die Parteien führten den Rechtsstreit durch die Instanzen mit wechselndem Erfolg. Das Landgericht wies die Klage ab, während das OLG die Franchisekette verurteilte. Dabei geht es in rechtlicher Hinsicht vor allem um wesentliche Angaben für die Kaufentscheidung des Verbrauchers. Nach den gesetzlichen Regelungen handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach ständiger Rechtsprechung müssen daher Händler in der Werbung mit Angeboten (Angabe von Merkmalen und Preis reicht meist schon aus) die Identität und die Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt, angeben.

Aufforderung zum Kauf

Der BGH:

Eine Aufforderung zum Kauf ... liegt vor, wenn der Verkehr über das beworbene Produkt und dessen Preis hinreichend informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht ...
(BGH, Urteil vom 04.02.2016, Aktenzeichen I ZR 194/14 – Fressnapf)

Die Vorinstanz hatte festgestellt, dass der Verbraucher den (klein gedruckten) Disclaimer zu den teilnehmenden Märkten nicht zur Kenntnis nehme. Der BGH konnte darin keinen Rechtsfehler erkennen. Leider machten die Richter keine weitergehenden Ausführungen zu der weiteren Einschätzung des OLG, dass auch bei Erkennen des Disclaimers der Angebotscharakter erhalten bleibe.

Identitätsangaben

Dem BGH reichten auch die Identitätsangaben auf der letzten Seite zu den Händlern in der Nähe nicht aus. Es wurde aus Sicht des Gerichts nicht hinreichend deutlich, ob alle genannten Händler an der Aktion teilnahmen oder nicht.

Es genügt nicht, dass sich unter diesen Märkten auch die örtlich nahegelegenen Märkte befunden haben, die an der von der Beklagten beworbenen Verkaufsaktion teilgenommen haben. Entgegen der Ansicht der Revision genügt es ferner nicht, dass der Verbraucher sich durch einen Telefonanruf bei dem jeweiligen Markt informieren kann, ob dieser an der beworbenen Aktion teilnimmt. Die Beklagte war vielmehr verpflichtet, bereits im Werbeprospekt klar, verständlich und eindeutig anzugeben, welche der von ihr auf der letzten Seite dieses Prospektes im Einzelnen mit Namen und Anschrift aufgeführten Fressnapf-Märkte an der Verkaufsaktion teilnehmen und die beworbenen Produkte zu den angegebenen Preisen anbieten. Diese Verpflichtung hat die Beklagte nicht erfüllt.

Franchisewerbung in Gefahr?

Es handelte sich um Werbung für das Fressnapf-Franchisesystem. Dem gehören nach Angaben im Prospekt ca. 1100 Unternehmen in Europa an. Die Frage, die sich stellt, ist bereits, ob immer alle Unternehmen mit kompletter Firma und Adressen genannt werden müssen. Das würde den Franchiseketten eine entsprechende zentrale Werbung fast unmöglich machen. Schon die Platzprobleme sprechen dagegen.

Der BGH lies die Frage offen, da eben schon nicht deutlich wurde, welche der genannten Märkte zu den Teilnehmern der Aktion zählten. Allerdings wird zur Verdeutlichung der Problematik auf ein Urteil des OLG München (Urteil v. 15.05.2014, Az. 6 U 3500/13) verwiesen. Das hatte zu einer McDonalds-Werbung entschieden, dass die Angabe „Informationen zu Produkten und teilnehmenden Restaurants unter www.mcdonalds.de“ nichtssagend sei und Informationen zur Firmierung und Postanschrift der teilnehmenden Händler bereits in der Anzeige hätten erscheinen müssen.

In jedem Fall müssen aber alle teilnehmenden Händler genannt werden. Bereits diese Anforderung dürfte eine entsprechende direkte Aktionswerbung bei größeren Systemen in Medien, die mit Platzproblemen zu kämpfen haben, unmöglich machen. Hier dürfte es nur noch Print-to-Web-Aktionen geben.

Marktplätze auch betroffen

Nicht nur Franchisesysteme sind betroffen, sondern wohl auch z. B. Marktplätze, die beispielsweise „Versandkostenfrei-Aktionen“ der auf dem Marktplatz anbietenden Händler bewerben wollen.


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