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Festanstellung nach Selbstverleih

17.02.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Rechtsanwaltskammer Düsseldorf.

Gründet ein freier Mitarbeiter eine Arbeitnehmerverleihfirma und verleiht sich anschließend selbst an einen Auftraggeber, um damit vorgegebene Einsatzhöchstzahlen für freie Mitarbeiter zu umgehen, hat er gute Chancen, eine Klage auf Festanstellung zu gewinnen.

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hat jedenfalls einem Kameramann eine Festanstellung bei einer öffentlichen Rundfunkanstalt attestiert. Er war dort ursprünglich als freier Mitarbeiter tätig. Um dort mehr als an maximal 60 Tagen pro Jahr arbeiten zu können, erklärte ihm der Produktionsleiter, eine umfangreichere Beschäftigung sei möglich, wenn der Kameramann über ein Verleihunternehmen mit einer Erlaubnis nach § 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ausgeliehen werden könne. Darauf gründete der Kläger eine GmbH und wurde deren Geschäftsführer. In dieser Eigenschaft verlieh er in den Folgejahren sich und zwei bis drei weitere Mitarbeiter an die Rundfunkanstalt. Er war ganz überwiegend mit Dreharbeiten für zwei tägliche regionale Nachrichtensendungen des Senders betraut. Später berief sich der Kameramann auf ein Vollzeit­arbeits­verhältnis zur Rundfunkanstalt und forderte erfolglos die entsprechende Beschäftigung und Gehaltszahlung.

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Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf Feststellung des Arbeitnehmerstatus stattgegeben. Aufgrund des Umfangs der Einsätze, der Art der geschuldeten Arbeit, die wenig Raum für eigene programmgestaltende Tätigkeit lasse und des Einsatzes im Rahmen einer Daueraufgabe, sei der Kläger bei der beklagten Rundfunk­anstalt als Arbeitnehmer beschäftigt. Dass er offiziell über eine Drittfirma „verliehen“ wurde, steht dem laut Gerichtsentscheid nicht entgegen, da das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz nicht für den Geschäftsführer der Verleihfirma gilt. Die Vertragsgestaltung sei auf eine Umgehung der zwingenden Arbeitnehmerschutz­vorschriften ausgelegt gewesen. Der Kameramann könne sich im Verfahren auch auf die Unwirksamkeit seiner eigenen „Ausleihe“ berufen, weil er mit der Konstruktion über die Verleihfirma lediglich durch vermehrte Einsätze bei dem Sender seinen Lebensunterhalt habe bestreiten wollen. Den maßgeblichen Mitarbeitern des Senders war sein Geschäftsführerstatus bekannt, stellte das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 01.12.2015 (Az.: 1 Sa 439 b/14) abschließend fest.

„Der Fall ist gleichwohl nicht zur Nachahmung empfohlen“, warnt der Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Rechtsanwalt und Notar Herbert P. Schons aus Duisburg. Denn zum einen gelte das Urteil nur zwischen den Parteien und beanspruche keine Allgemeingültigkeit. Außerdem könnten schon kleine Abweichungen vom vorliegend entschiedenen Sachverhalt zu ganz anderen Ergebnissen führen, betonte Rechtsanwalt und Notar Schons. Freie Mitarbeiter, die sich nicht sicher sind, ob sie in Wahrheit nicht Scheinselbständige sind und eventuell Anspruch auf eine Festanstellung haben, sollten ihren Fall von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht prüfen lassen.

Landesarbeitsgericht, Urteil vom 01.12.2015 (Az.: 1 Sa 439 b/14)


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