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Familienunternehmen vor Nachfolgeproblem

17.03.2016  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst und Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H..

Familienunternehmen stehen vor einem großen Nachfolgeproblem – die Kinder der Eigentümer wollen lieber selber gründen oder angestellt arbeiten als den elterlichen Betrieb zu übernehmen.

Nur 0,8 Prozent von ihnen wollen nach dem abgeschlossenen Studium direkt die Firma übernehmen. Fünf Jahre nach dem Studium können sich das 4,2 Prozent vorstellen.

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Die Bereitschaft, den Familienbetrieb weiterzuführen, ist damit in Deutschland noch geringer als im internationalen Durchschnitt: Unter allen Befragten weltweit wollen 3,5 Prozent der Studierenden das Unternehmen gleich nach dem Studium übernehmen. 4,9 Prozent wollen dies fünf Jahre danach tun.

Das sind Ergebnisse einer Studie der Prüfungs- und Beratungs­gesellschaft EY (Ernst & Young) in Zusammenarbeit mit dem „Center for Family Business“ der Universität St. Gallen, bei der über 34.000 Studenten aus 34 Ländern, bei denen mindestens ein Elternteil ein eigenes Unternehmen hat, zu ihren Berufsplänen befragt wurden. In Deutschland wurden mehr als 3.200 Studenten befragt.

Die geringe Bereitschaft unter deutschen Unternehmerkindern, die Firma der Eltern weiter zu führen, ist alarmierend, schließlich nehmen Familienunternehmen hierzulande eine Bedeutung ein wie in kaum einem anderen Land und stehen für einen Großteil der gesamten Wirtschaft1.

Im Vergleich zur Vorgängerbefragung aus dem Jahr 2012 hat sich die Situation in Deutschland sogar noch einmal drastisch verschärft: Im Jahr 2012 gaben immerhin noch vier Prozent an, direkt nach dem Studium die Firma zu übernehmen, 13 Prozent planten dies fünf Jahre nach dem Studium.

Der globale Leiter der Familiy Business Initiative von EY und EY-Partner, Peter Englisch, kommentiert: „Das ist ein Alarmsignal: Für viele Familienunternehmen geht es um ihre Existenz: Vielerorts erreichen die Eigentümer das Ruhestandsalter und brauchen einen Nachfolger – der am liebsten aus der eigenen Familie kommen soll. Doch die bis dato gute Konjunktur in Deutschland bei niedriger Arbeitslosigkeit macht ihnen die Nachfolge­suche schwer: Die Karrieremöglichkeiten für potenzielle Nachfolger werden immer vielfältiger und beschränken sich nicht nur auf den elterlichen Betrieb. Zudem wollen sich immer mehr nicht einfach ins gemachte Nest setzen, sondern sich zuerst außerhalb des eigenen Familienbetriebs beweisen.“

Großteil will zunächst angestellt arbeiten

Statt das Ruder im elterlichen Betrieb zu übernehmen, zieht es 61,9 Prozent der Studenten in Deutschland direkt nach dem Studium zunächst einmal als Angestellten in eine andere Firma. Bevorzugt wird vor allem ein großes Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern: 23,6 Prozent der Unternehmerkinder zieht es zu solchen Großunternehmen, 23,3 Prozent bevorzugen einen mittelgroßen Betrieb mit 50 bis 249 Angestellte.

Fünf Jahre später stellen sich die Prioritäten schon wieder anders dar: Dann will mit 21,9 Prozent der größte Anteil der Befragten eine eigene Firma gründen, dicht gefolgt von 21,3 Prozent, die nach wie vor das Angestelltenverhältnis in einem großen Betrieb bevorzugen.

„Mit etwas Abstand zum Studium trauen sich die jungen Menschen mehr zu“, beobachtet Englisch. „Sie wollen ihre eigenen Träume und Vorstellungen verwirklichen. Viele zieht es dazu in Metropolen wie Berlin, München oder Hamburg. Für die klassischen Familienbetriebe, die sich historisch oft in ländlichen Regionen gebildet haben, wird es schwer, mit solchen Lagen zu konkurrieren. Das betrifft nicht nur den eigenen Nachwuchs, das betrifft auch die Suche nach Fachkräften.“

Gleichzeitig betont Englisch aber auch die Chancen für Familienunternehmen, die durch die Prioritäten der Sprösslinge entstehen: „Grundsätzlich ist es für einen Familienbetrieb von Vorteil, wenn die Nachfolger zuerst Erfahrungen auf fremdem Terrain gesammelt haben. Wenn sie dann nach ein paar Jahren in das Unternehmen der Familie einsteigen, können sie neue, wertvolle Impulse einbringen. Zur Vorbereitung der Nachfolge brauchen Familienunternehmen verstärkt Überzeugungsarbeit innerhalb der Familie und eine frühzeitige Weichenstellung, damit der Generationenwechsel gelingt.“

Interesse von Männern und Frauen am elterlichen Betrieb etwa gleich

Anders als im internationalen Vergleich haben in Deutschland Frauen und Männer in etwa die gleichen Intentionen, Nachfolger im Betrieb zu werden. Unter den Männern gaben 4,3 Prozent an, nach fünf Jahren den Betrieb übernehmen zu wollen, unter den Frauen 4,1 Prozent. Im internationalen Durchschnitt ist der Abstand deutlich größer: 5,7 Prozent der Männer aber nur 4,3 Prozent der Frauen wollen die Nachfolge antreten – ein Abstand von fast einem Viertel. Den größten Abstand zwischen den Geschlechtern hat Frankreich mit 84 Prozent. „Die Bereitschaft zur Nachfolge ist in Deutschland zwar insgesamt niedrig – immerhin scheitert sie aber nicht an überkommenen Rollenbildern. Die Absichten von Frauen und Männern, die Firma ihrer Eltern zu übernehmen, halten sich in etwa die Waage“, so Englisch.

Die Bereitschaft, das Ruder in der Firma zu übernehmen, hängt wesentlich auch von anderen Faktoren ab. So wollen in Ländern mit einem niedrigen Bruttoinlandsprodukt pro Kopf junge Menschen grundsätzlich eher das Familiengeschäft weiterführen als in Ländern mit einem hohen BIP pro Kopf – attraktive Alternativen auf dem Arbeitsmarkt sind in ärmeren Ländern eben seltener. So sind in Rumänien, Mexiko und Griechenland die Nachfolgeintentionen am stärksten. Gleichzeitig gehören Rumänien und Mexiko zu den drei Ländern in der Befragung mit dem niedrigsten BIP pro Kopf – und die wirtschaftlichen Probleme in Griechenland sind hinlänglich bekannt.

Je größer die Firma, desto größer die Übernahmebereitschaft

Aber auch die Firmengröße spielt eine Rolle: Je größer und erfolgreicher die Firma ist, desto eher die Bereitschaft, sie zu übernehmen – und zwar weltweit: Bei einer Firmengröße von 2 bis 5 Vollzeitstellen wollen fünf Jahre nach dem Studium gerade einmal 5,2 Prozent der Befragten die Leitung übernehmen. Bei einer Firmengröße von mehr als 100 Vollzeitstellen wollen dies immerhin 16,3 Prozent tun.

„Die Umfrageergebnisse belegen: Die Nachfolgeregelung ist eines der drängendsten Probleme von Familienunternehmen“, sagt Englisch abschließen. „Firmenlenker müssen sich deshalb früh mit der Frage befassen, ihre Kinder möglichst im eigenen Betrieb einbinden und den Übergang von einer Generation auf die andere frühzeitig vertraglich regeln. Dabei sollten sie nicht nur auf festgelegten Pfaden gehen: Es muss nicht immer der oder die Erstgeborene den Betrieb übernehmen. Und wenn sich innerhalb der Familie kein geeigneter Nachfolger findet, kann eine Lösung von außen die beste Wahl sein. Alles das will sorgfältig vorbereitet sein.“

Download: Zurück nach Hause oder hinaus in die Welt: reloaded (PDF - 8,6 MB, 32 Seiten)

1 Nach Angaben der Stiftung Familienunternehmen sind 91 Prozent aller deutschen Unternehmen familienkontrollierte Unternehmen. Sie erzielen 48 Prozent der Umsätze und stellen ca. 56 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland.


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