Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Dienstwagenbesteuerung und kein Ende – schon wieder neue Rechtsprechung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Fortsetzung)

19.01.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Aktuelle Hinweise von Ihrem Experten Volker Hartmann

Vor einiger Zeit haben wir Sie über die neuen Entwicklungen bei der Rechtsprechung bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei der Dienstwagenbesteuerung informiert (lesen Sie hier noch einmal nach).

Sowohl das Finanzgericht Düsseldorf als auch das Niedersächsische Finanzgericht kamen zu dem Ergebnis, dass der geldwerte Vorteil aus der Nutzung eines dienstlichen PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht - so wie die Finanzverwaltung es gerne hätte - pauschal mit 0,03 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer, sondern einzelfallbezogen mit 0,002 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer zu bemessen ist, soweit im Einzelfall eine erhebliche Abweichung von der der pauschalen Zuschlagsregelung gemäß § 8 Absatz 2 Satz 3 EStG besteht und der Dienstwagen tatsächlich an weniger als 15 Tagen monatlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird.

Grundlagen

Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlässt, kann der hierbei entstehende geldwerte Vorteil entweder individuell nach der Fahrtenbuchmethode oder pauschal nach Maßgabe der 1 %-Regelung bemessen werden. Wenn der geldwerte Vorteil pauschal ermittelt wird und der Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte hat, ist auch der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal zu ermitteln. Hierbei ist der geldwerte Vorteil nach Auffassung der Finanzverwaltung nach der Formel „Listenpreis x 0,03 % x Anzahl der Entfernungskilometer“ zu erfassen. Die Finanzverwaltung geht hierbei von der typisierenden Annahme aus, dass der Arbeitnehmer seine regelmäßige Arbeitsstätte an 15 Tagen im Monat aufsucht. Die einzelfallbezogene tatsächliche Anzahl der Fahrten spielt hierbei keine Rolle.

Diese Rechtsauffassung führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen Verwerfungen, insbesondere bei Arbeitnehmern, die von zuhause aus arbeiten (Home-Office) oder als Außendienst-Mitarbeiter tätig sind und den Betriebssitz ihres Arbeitgebers nicht an jedem Arbeitstag, sondern nur unregelmäßig aufsuchen. Hier entstehen unter Umständen geldwerte Vorteile in utopischen, völlig realitätsfremden Dimensionen.

Definition regelmäßige Arbeitsstätte

Laut Definition der regelmäßigen Arbeitsstätte in den Lohnsteuerrichtlinien liegt eine regelmäßige Arbeitsstätte immer dann vor, wenn es sich um eine dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsucht. Heftig umstritten ist, wie der Begriff der gewissen Nachhaltigkeit auszulegen ist. Diese ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung immer dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz einmal wöchentlich aufsucht.

Keine gewisse Nachhaltigkeit liegt dagegen vor, wenn der Arbeitnehmer den Sitz seines Arbeitgebers nur gelegentlich, z.B. einmal monatlich aufsucht. Unklar dagegen ist, ob eine gewisse Nachhaltigkeit vorliegt, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz seines Arbeitgebers zwei- bis dreimal monatlich aufsucht.

BFH-Urteil vom 04.04.08

Der Bundesfinanzhof hat sich bereits im Jahre 2008 dieser Thematik angenommen und die Finanzverwaltung in die Schranken verwiesen. Mit Urteil vom 04.04.08, VI R 85/04, hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass der geldwerte Vorteil abweichend von der pauschalen 0,03%-Regelung einzelfallbezogen nach der Formel „Listenpreis x 0,002 % x Entfernungskilometer“ anzusetzen ist, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz seines Arbeitgebers nur einmal wöchentlich aufsucht.

BMF-Schreiben vom 23.10.08 - Nichtanwendungserlass

Das Bundesfinanzministerium hat die Finanzverwaltung aufgrund dieses Urteils im Rahmen eines Nichtanwendungserlasses (vgl. BMF-Schreiben vom 23.10.08, IV C 5 - S 2334/08/10010) angewiesen, das BFH-Urteil vom 04.04.08 über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden.

Daher muss in allen Fällen, in denen der geldwerte Vorteil pauschal nach der 1 %-Regelung ermittelt wird, der Anteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte trotz entgegenstehender Rechtsprechung stets nach Maßgabe der pauschalen 0,03 %-Regelung angesetzt werden.

BFH-Urteil vom 22.09.10

Mit dem gerade veröffentlichten Urteil vom 22.09.10, VI R 57/09 weist der Bundesfinanzhof die Finanzverwaltung erneut in die Schranken und stellt klar, dass die Zuschlagsregelung nach § 8 Absatz 2 Satz 3 EStG, also die sog. 0,03 %-Regelung, lediglich, einen Korrekturposten für abziehbare, aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen darstellt und daher nur insoweit zur Anwendung kommt, wie der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt hat. Das bedeutet, dass der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht pauschal, sondern sehr wohl einzelfallbezogen anzuwenden ist.

Der Bundesfinanzhof führt weiterhin aus, dass die Zuschlagsregelung nicht die Funktion hätte, eine irgendwie geartete zusätzliche private Nutzung des Dienstwagens zu bewerten. Sie bezwecke lediglich einen Ausgleich für abziehbare, tatsächlich aber nicht entstandene Erwerbsaufwendungen.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass der Ansatz des geldwerten Vorteils pauschal erfolgt, der Werbungskostenansatz im Rahmen der persönlichen Einkommensteuererklärung aber nur für tatsächlich durchgeführte Fahrten zulässig ist.

In der nächsten Woche folgt ein Praxisbeispiel.

Quelle: Volker Hartmann

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

nach oben