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Dienstwagenbesteuerung und kein Ende

07.12.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Ihr Experte Volker Hartmann zum Thema: Wieder eine neue BFH-Rechtsprechung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlässt, kann der hierbei entstehende geldwerte Vorteil entweder individuell nach der Fahrtenbuchmethode oder pauschal nach Maßgabe der 1 %-Regelung bemessen werden. Wenn der geldwerte Vorteil pauschal ermittelt wird und der Arbeitnehmer eine regelmäßige Arbeitsstätte hat, ist auch der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal zu ermitteln. Hierbei ist der geldwerte Vorteil nach Auffassung der Finanzverwaltung nach der Formel „Listenpreis x 0,03 % x Anzahl der Entfernungskilometer“ zu erfassen. Die Finanzverwaltung geht hierbei von der typisierenden Annahme aus, dass der Arbeitnehmer seine regelmäßigen Arbeitsstätte an 15 Tagen im Monat aufsucht. Die einzelfallbezogene tatsächliche Anzahl der Fahrten spielt hierbei keine Rolle.


Konträre Auffassung der Finanzverwaltung

Diese Rechtsauffassung der Finanzverwaltung führt in der Praxis immer wieder zu erheblichen Verwerfungen, insbesondere bei Arbeitnehmern, die von zuhause arbeiten oder als Außendienst-Mitarbeiter tätig sind und den Betriebssitz ihres Arbeitgebers nicht an jedem Arbeitstag aufsuchen.


Definition regelmäßige Arbeitsstätte

Laut Definition der regelmäßigen Arbeitsstätte in den Lohnsteuerrichtlinien liegt eine regelmäßige Arbeitsstätte immer dann vor, wenn es sich um eine dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers handelt, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er mit einer gewissen Nachhaltigkeit immer wieder aufsucht. Heftig umstritten ist, wie der Begriff der gewissen Nachhaltigkeit auszulegen ist. Diese ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stets gegeben, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz einmal wöchentlich aufsucht. Keine gewisse Nachhaltigkeit liegt dagegen vor, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz seines Arbeitgebers nur gelegentlich, z. B. einmal monatlich aufsucht. Unklar dagegen ist, ob eine gewisse Nachhaltigkeit vorliegt, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz seines Arbeitgebers 2-3 mal monatlich aufsucht.

Der Bundesfinanzhof hat sich bereits im Jahre 2008 dieser Thematik angenommen und die Finanzverwaltung deutlich in die Schranken verwiesen. Mit Urteil vom 04.04.08, VI R 85/04, hat der Bundesfinanzhof klargestellt, dass der geldwerte Vorteil abweichend von der pauschalen 0,03%-Regelung einzelfallbezogen nach der Formel „Listenpreis x 0,002 % x Entfernungskilometer“ anzusetzen ist, wenn der Arbeitnehmer den Betriebssitz seines Arbeitgebers einmal wöchentlich aufsucht.

Leider hat das Bundesfinanzministerium die Finanzverwaltung im Rahmen eines Nichtanwendungserlasses (BMF-Schreiben vom 23.10.08, IV C 5 - S 2334/08/10010) angewiesen, dieses Urteil über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Daher muss in allen Fällen, in denen der geldwerte Vorteil pauschal nach der 1 %-Regelung ermittelt wird, der geldwerte Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte trotz entgegenstehender Rechtsprechung nach der pauschalen 0,03%-Regelung angesetzt werden.

Weil sich die betroffenen Arbeitnehmer nicht auf diese für sie günstige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs berufen können und sowohl der Gesetzgeber als auch die Finanzverwaltung es bislang versäumt haben, eine praxistaugliche Lösung dieser Problematik herbeizuführen, haben sich die Gerichte erneut mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.


Urteil Finanzgericht Düsseldorf vom 12.07.10

Mit Urteil vom 12.07.10 hat das Finanzgericht Düsseldorf in Anlehnung an das BFH-Urteil vom 04.04.08, VI R 85/04 festgestellt, dass der geldwerte Vorteil aus der Nutzung eines dienstlichen PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nicht pauschal mit 0,03 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer, sondern einzelfallbezogen mit 0,002 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer zu bemessen ist, soweit im Einzelfall eine erhebliche Abweichung von der der pauschalen Zuschlagsregelung gemäß § 8 Absatz 2 Satz 3 EStG besteht und der Dienstwagen monatlich an weniger als 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird. Im hier vorliegenden Sachverhalt wurde das Fahrzeug tatsächlich nur an 98 Tagen und damit entsprechend nur zur Hälfte der gesetzlich typisierten Anzahl von 15 Tagen monatlich = 180 Tagen jährlich genutzt.

Das Finanzgericht Düsseldorf begründete seinen Urteilsspruch auch damit, dass die auf der Einnahmeseite vorgenommene Typisierung zur Behandlung auf der Ausgabenseite (Werbungskostenansatz im Rahmen der Einkommensteuererklärung) entgegenstehe. Hier ist kein pauschaler, sondern nur ein fahrtbezogener Werbungskostenansatz zulässig.


Urteil Niedersächsisches Finanzgericht

Auch das niedersächsische Finanzgericht stellt sich in einem vergleichbaren Sachverhalt mit Urteil 14 K 60/09 der Auffassung der Finanzverwaltung entgegen. Weil die Finanzverwaltung auch dieses Urteil nicht für rechtens hält, hat sie Revision eingelegt. Damit ist diese Problematik erneut vor dem Bundesfinanzhof anhängig. Der Bund der Steuerzahler unterstützt diesen Sachverhalt als neues Musterverfahren.

Teil 2 "Wieder eine neue BFH-Rechtsprechung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte - Auswirkungen für die Praxis" folgt im nächsten Newsletter.

Quelle: Volker Hartmann

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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