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Die Messung der Nachhaltigkeit

16.04.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Uwe Rühl.

Wir führten ein Interview mit Uwe Rühl, dem Inhaber von RÜHLCONSULTING, über die erste deutschsprachige zertifizierungsfähige Norm für ein CSR-Managementsystem, mit der Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung nun erstmalig messbar sind.

Redaktion: Soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit ist in – und das schon seit Jahren. Mit der DS 49001 sind nachhaltiges und sozial verantwortliches Engagement nun erstmalig in Deutschland messbar. Wie wichtig ist die Nachhaltigkeitsnorm wirklich für deutsche Unternehmen?

Uwe Rühl: In vielen Firmen ist Nachhaltigkeit bereits fester Bestandteil der Firmenphilosophie und Ausdruck des unternehmerischen Selbstverständnisses. Und auch soziale Verantwortung ist zu einem zentralen Thema im Geschäftsleben geworden: Das Ansehen und damit einhergehend der Erfolg eines Unternehmens hängt maßgeblich davon ab. Denn Kunden machen oft Kaufentscheidungen davon abhängig und Unternehmen profilieren sich auf diese Weise als Arbeitgeber. Heutzutage erwarten Mitarbeiter mehr als nur einen sicheren Arbeitsplatz und angemessene Gehälter; wichtig sind ein gutes Betriebsklima, attraktive Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und umweltverträgliche Unternehmenspraktiken - im „War of Talents“ ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsvorteil für die Unternehmen.

Mit der zertifizierbaren Norm aus Dänemark können Unternehmen nun somit erstmals schwarz auf weiß nachweisen, dass sie bestimmte Mindeststandards bezüglich ihres gesellschaftlichen, sozialen und ökologischen Engagements einhalten.

Redaktion: In welchen Bereichen müssen Unternehmen ihre Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung nachweisen?

Uwe Rühl: Die Norm kennt dafür sieben Bereiche. Erstens „Organisationsführung“: Das umfasst beispielsweise die Kommunikation mit Stakeholdern, die transparente Auswahl von Bewerbern und Risikobewertung. Zweitens „Menschenrechte“: Darunter fällt unter anderem die Einhaltung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte. Drittens „Arbeitsbedingungen“, also beispielsweise Personalentwicklung, rechtlicher Überblick zu Arbeitsbedingungen und regelmäßiger Dialog zwischen Behörden und anderen staatlichen Einrichtungen, Arbeitgebern und Beschäftigten. Viertens „Umwelt“: Dieser Punkt beschäftigt sich mit der Förderung sauberer Technologien, dem Umgang mit Ressourcen und der Vorbeugung von Unfallszenarien. Fünftens „Betriebs- und Geschäftspraktiken“, das die Vermeidung von Korruption und Bestechung, Wettbewerbs- und Werberecht und Schutz der Unternehmensinformationen umfasst. Sechstens „Konsumentenbelange“: Das beinhaltet zum Beispiel Beschwerdemanagement und vertraulichen Umgang mit Kundendaten, also Datenschutz. Und siebtens „Einbindung in gemeinschaftliche Interessen“: dazu gehört wirtschaftlich verantwortungsvolles Handeln und der Beitrag zur Entwicklung innovativer Technologien.

Wer Nachhaltigkeit und soziales Engagement nur halbherzig betreibt oder Lücken in einem Bereich vorweist, hat keine Chance als Unternehmen zertifiziert zu werden.

Redaktion: Wie funktioniert eine Implementierung der Norm überhaupt bzw. die anschließende Zertifizierung?

Uwe Rühl: Die Umsetzung wird möglichst effizient und mit gesundem Menschenverstand durchgeführt: Es wird beispielsweise darauf geachtet, dass das neue Managementsystem mit schon bestehenden zusammengeführt wird. Der Vorteil besteht darin, dass die bereits bestehenden Systeme weiter verwendet werden können und lediglich um die spezifischen Punkte der Nachhaltigkeit ergänzt werden. Die Implementierung erfolgt in drei Projektphasen:

  1. Initiierung: In dieser Phase werden die Ziele des Unternehmens festgelegt und eine Gap-Analyse durchgeführt; so wird gefiltert, welche Punkte der Norm bereits behandelt wurden und welche noch zu behandeln sind. Darauf aufbauend kann ein genauer Projektplan mit Meilensteinen entwickelt werden.
  2. Durchführung des Projekts: In dieser Phase wird das Managementsystem eingeführt und alle dafür notwendigen Projektschritte nach Vorgaben des Plans umgesetzt. Wichtig ist dabei die enge Abstimmung zwischen den Verantwortlichen im Unternehmen und gegebenenfalls dem externen Begleiter. Drittens das „interne Audit“: Hier werden die aufgesetzten Prozesse bewertet und auf Konformität hin überprüft. Weiterhin wird ermittelt, ob das Managementsystem im Unternehmen gelebt und verstanden wird.
  3. Zertifizierung: Nach der erfolgreichen Einführung kann sich das Unternehmen dann von einer Dänischen Zertifizierungsgesellschaft, z.B. „DS Certificering“ oder „Det Norske Veritas (DNV)“ zertifizieren lassen.

Redaktion: Seit 2010 ist die Norm in Dänemark erhältlich, in Deutschland seit Dezember letzten Jahres – gibt es schon dementsprechende Zahlen, mit denen man den Erfolg für die Unternehmen belegen könnte?

Uwe Rühl: Leider nein, das System ist einfach noch zu jung. Zwar gibt es bereits Unternehmen in Dänemark, die sich zertifiziert haben lassen, aber noch keine verwertbaren Zahlen dazu. Der Mehrwert liegt insbesondere darin, dass die teilnehmenden Unternehmen ihre kritischen Erfolgsfaktoren und damit ihr nachhaltiges Wirtschaften erkennen und bewusst steuern. Risiken können somit frühzeitig identifiziert und vermieden werden.

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