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Die Last mit dem Link

18.01.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Das Jahr hat kaum begonnen, da werden die Versandhändler bereits mit neuen Pflichten und Abmahngefahren konfrontiert. Seit dem 09.01.2016 fordert die Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten die Angabe eines Links vom Online-Händler, der online Vertragsschlüsse mit Verbrauchern anbietet.

Das führte aus vielen Gründen zu Verwirrung, weil es auch zur Streitbeilegung andere Richtlinien und Gesetze gibt, die teils noch gar nicht in Kraft sind. Zu unterscheiden ist die „Alternative Dispute Resolution“, kurz ADR-Richtlinie, das kommende deutsche Verbraucherstreitbeilegungsgesetz und die genannte Verordnung (EU) Nr. 524/2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten.

Die ADR-Richtlinie gilt nicht unmittelbar. Sie muss erst in den einzelnen EU-Staaten umgesetzt werden (bereits geschehen z. B. in Österreich). In Deutschland ist das Streitbeilegungsgesetz noch nicht verabschiedet. Zurzeit ist zu erwarten, dass das Gesetz am 13.01.2016 im Rechtsausschuss des Bundesrats und voraus­sicht­lich in der Plenarsitzung des Bundesrates am 29.01.2016 ohne Anrufung des Vermittlungsausschusses behandelt wird. Die wesentlichen Teile des Gesetzes könnten dann am 01.04.2016 in Kraft treten. Das Gesetz sieht Informationspflichten in den AGB und an weiterer Stelle beim Online-Händler vor. Der Händler muss dort erklären, ob er an einem Streitbeilegungsverfahren teilnimmt oder nicht. Die Teilnahme ist freiwillig. Die im kommenden Streitbeilegungsgesetz vorgesehenen Informationspflichten gelten nach den kurz vor Jahresende neu eingepflegten Änderungen erst, wenn die im Gesetz neu vorgesehene Umstellungsfrist abgelaufen ist. Diese Frist läuft aber erst 12 Monate nach Inkrafttreten ab. Damit muss der Händler die Informationen zur Teilnahme an Streitschlichtungsverfahren erst in 2017 nach diesem Gesetz vorhalten.

Link ohne Ziel

Führten die vorstehenden Umstände einer schon geltenden Verordnung und eines noch nicht in Kraft stehenden Gesetzes mit langen Umstellungsfristen zur Streitschlichtung schon zur Verwirrung, so wurde diese noch durch den Umstand gesteigert, dass der Link, mit dem auf die neue Streitschlichtungsplattform der EU verwiesen werden sollte, Anfang des Jahres noch gar nicht existierte.

Die Verordnung fordert in Art. 14 Abs. 1: „In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, und in der Union niedergelassene Online-Marktplätze stellen auf ihren Websites einen Link zur OS-Plattform ein.

Dieser Link muss für Verbraucher leicht zugänglich sein. In der Union niedergelassene Unternehmer, die Online-Kaufverträge oder Online-Dienstleistungsverträge eingehen, geben zudem ihre E-Mail-Adressen an.”

Mit dem Link soll die neue Plattform den Verbrauchern bekannt gemacht werden. Daher gilt die Verpflichtung der Händler, die hier als Werbeträger missbraucht werden, unabhängig davon, ob sie je an den angebotenen Verfahren teilnehmen wollen oder nicht. Der Schönheitsfehler: Die Plattform wurde nicht rechtzeitig fertig. Ihr Erscheinen ist jetzt für Mitte Februar avisiert worden. Es gab zwar einen Link auf einer EU-Portalseite – der führte aber in eine Fehlermeldung.

Als man die Diskussionen im Netz bemerkte, wurde schnell am 07.01.2016 der Link nachgeliefert. Der führt zwar immer noch nicht auf die funktionierende Plattform, aber wird dies einmal tun. Der Link lautet: http://ec.europa.eu/consumers/odr/

Nun kann man schon darüber streiten, was die Verpflichtung soll, einen bloßen Link zu publizieren. Er muss ja ausweislich Art. 14 nicht mal erläutert werden. Ob die EU-Kommission hier nur das Google-Ranking im Sinn hatte, kann man nur erahnen. Noch unverständlicher wird es, wenn man Abs. 2 der Vorschrift entnimmt, dass Händler, die (später) am Streitschlichtungsverfahren teilnehmen wollen, die Pflicht auferlegt, über die „Existenz“ der Plattform zu unterrichten. Die Existenz wird ja schon mit dem Link offenbart. Ob das Fehlen des Links in der Zeit, in der er noch nicht auf eine funktionierende Plattform führt, erfolgreich abgemahnt werden kann, ist fraglich. Es wird aber sicher Abmahner geben, die versuchen, damit Geld zu machen.

Praxistipp

Momentan lautet der Praxistipp, den Link im Impressum vorzusehen. Da Links ohne Hinweis wenig Sinn machen, sollte man die Angabe sinngemäß wie folgt einbetten: „Die Europäische Kommission wird eine Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) mit weiteren Informationen einrichten, die demnächst (geplant ist der 15.02.2016) im Internet unter dem Link http://ec.europa.eu/consumers/odr/ erreichbar ist.“ Wer sich nicht in 2017 noch durch weitere Angabepflichten zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren überraschen lassen will, kann schon mal vorsorglich (das lässt sich ja immer ändern) mitteilen, dass man nicht an Streitbeilegungs­verfahren vor Verbraucherschlichtungsstellen teilnimmt. Diese Angaben sollten in den AGB wiederholt werden.


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