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DAX-Aufsichtsräte stärker in die Pflicht genommen

26.09.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: ManagerGate.

Towers-Watson-Studie "Aufsichtsratsvergütung DAX 2011": Zunehmende Professionalität, gute Unternehmensperformance und Veränderungen in der Vergütungsstruktur lassen Bezüge um 9 Prozent steigen

Die Chefaufseher der DAX-Unternehmen werden für 2011 im Durchschnitt 297.800 Euro verdienen. Das sind rund 9 Prozent mehr als im Vorjahr, wie eine aktuelle Studie von Towers Watson zeigt. Der Anstieg hängt zum einen mit dem Unternehmenserfolg zusammen, ist die Vergütung der Aufsichträte doch häufig an Kennzahlen wie das Ergebnis pro Aktie gekoppelt. Zum anderen spiegeln sich hier Veränderungen in der Zusammensetzung der Vergütung wider, wie etwa die verstärkte Berücksichtigung des aufgabenbezogenen Aufwands in den Sitzungsgeldern und der Ausschussvergütung.

Zu diesen Ergebnissen kommt die Towers-Watson-Studie „Aufsichtsratsvergütung DAX 2011“. Sie untersucht die Aufsichtsratsvergütungen der im DAX notierten Unternehmen. Die Studie wurde zum zehnten Mal in Folge durchgeführt und bietet die aktuellste Vergütungsprognose. Sie beruht auf Berechnungen von Towers Watson auf Basis von Analystenschätzungen zur Geschäftsentwicklung für 2011 sowie auf den Satzungen der Unternehmen. Die Berechnungen wurden im Vorfeld den Investor-Relations-Abteilungen der DAX-Unternehmen vorgelegt.

„Die Vergütung der Aufsichtsräte soll deren Kontroll- und Beratungstätigkeit sowie ihre Entscheidungsverantwortungen honorieren. Ebenso muss sie dem erhöhten Haftungsrisiko und der gewachsenen Komplexität ihrer Aufgaben Rechnung tragen“, erklärt Olaf Lang, Leiter des Beratungsbereichs Talent & Rewards von Towers Watson, Frankfurt. Welches Vergütungsmodell diesen Anforderungen am besten entspricht, stehe allerdings derzeit in der Diskussion, so der Vergütungsexperte. Seine Empfehlung: „Dem gesamten Aufgabenspektrum wird man am besten durch eine Zusammensetzung der Vergütung aus drei Elementen gerecht: 1. Ein fester Vergütungsanteil honoriert die unabhängige Kontrolle der Unternehmensleitung – sowohl in Boom- als auch in Krisenjahren 2. Die Aufwandsgerechtigkeit wird über die Ausschussvergütung und Sitzungsgelder hergestellt. 3. Eine langfristige variable Vergütung lässt die Aufsichtsräte am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens teilhaben, für dass sie Verantwortung tragen.“

Vergütungsstruktur und Vergütungshöhe in der Diskussion

Insgesamt haben acht Unternehmen im DAX die Struktur und Höhe der Aufsichtsratsvergütung in 2011 angepasst. Dabei wurde zum einen eine stärkere Nachhaltigkeit und Langfristigkeit der Vergütung berücksichtigt, wie im Deutschen Corporate Governance Kodex angeregt. Zum anderen wurde die Ausschussvergütung bei manchen Unternehmen erhöht, bei anderen auf Festbeträge umgestellt. Fünf der 30 Unternehmen haben die Frage „feste oder variable Vergütung der Aufsichtsräte?“ zugunsten einer Festvergütung beantwortet, davon haben drei Unternehmen ihre Vergütung in diesem Jahr umgestellt.

Auf die Frage, wie hoch die Vergütung der Aufsichtsräte sein sollte, antwortet Ralph Lange, Leiter der auf Top-Management-Vergütung spezialisierten Beratungseinheit bei Towers Watson: „Aufsichtsräte müssen auf Augenhöhe mit dem Vorstand arbeiten, da sie über die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit entscheiden und die Tätigkeit des Vorstands kontrollieren. Deshalb müssen sie auch auf Augenhöhe mit dem Vorstand entlohnt werden.“ Als grober Anhaltspunkt für die Vergütungshöhe biete sich, so Lange, folgende Herleitung an: „Ein Vorstandsmitglied im DAX erhält rund 2.400.000 Euro pro Jahr (Durchschnittswert für 2010). Ein Aufsichtsratsvorsitzender wendet für seine Tätigkeit etwa ca. zehn bis 20 Prozent der Arbeitszeit eines ordentlichen Vorstandsmitglieds auf (etwa einen halben bis einen vollen Tag pro Woche). Daher kann sich seine Vergütung an etwa zehn bis 20 Prozent der Vergütung eines ordentlichen Vorstandsmitglieds orientieren. Das entspricht etwa 240.000 bis 480.000 Euro. Die durchschnittliche Vergütung für Aufsichtsratsvorsitzende in 2011 wird mit rund 297.800 Euro innerhalb dieses Rahmens liegen.“ Lange weist allerdings daraufhin, dass bei der Vergütungsfestsetzung immer die Situation des Unternehmens im Einzelfall zu betrachten ist und dass entsprechend der Situation des Unternehmens auch andere Orientierungswerte angemessen sein können.

Gestiegene Professionalität – kommt der Berufsaufsichtsrat?

Mit dem aktuellen Vergütungsanstieg um durchschnittlich 9 Prozent reagieren die Unternehmen nicht zuletzt auf die die gestiegenen Anforderungen an die Aufsichtsratstätigkeit. Gründe hierfür sind vor allem die gewachsene Komplexität der Aufgaben, die verschärfte Haftung, die steigende Internationalisierung der Unternehmen und die größere Dynamik der Märkte. „Die Aufsichtsratstätigkeit ist längst keine Nebentätigkeit mehr“, weiß Lange. Er beobachtet, dass die Professionalität der Aufsichtsräte weiter steigt – und mit ihr auch die Vergütung. „Das ist nicht anders als bei fähigen Ingenieuren“, erläutert der Towers-Watson-Experte. „Unternehmen wissen, dass sie gute Leute nur gewinnen können, wenn sie ihnen für gute Arbeit auch gutes Geld bieten.“

„Angesichts der gewachsenen Anforderungen verändern sich auch das Selbstverständnis, die Professionalität und die Entschlossenheit, mit der heutige Aufsichtsräte ihr Amt ausüben“ ergänzt Peter H. Dehnen, Geschäftsführender Gesellschafter GermanBoardRoom. Seiner Meinung nach sollten insbesondere die Aktionäre darauf drängen, dass für ihr Unternehmen „die besten Kontrolleure am Werk sind – hoch professionelle Aufsichtsräte, die vom Wert ihrer Leistungen überzeugt und sich der eingegangenen persönlichen Risiken bewusst sind. Diese Entwicklung kann nur zu einem Ergebnis führen: dem Berufsaufsichtsrat.“

Unterschiedliche Aufgaben spiegeln sich in Vergütungszusammensetzung

Neben den Anforderungen und dem Unternehmenserfolg spiegelt sich auch die Unternehmensgröße in den Bezügen wider. Die höchsten Werte werden vor allem von den sehr großen Unternehmen – wo Aufsichtsräte für sehr viele Mitarbeiter und sehr hohe Umsatzzahlen eine Mitverantwortung tragen – erreicht (Volkswagen: 785.500 Euro, Siemens: 584.000 Euro, BMW: 505.000 Euro). Darüber hinaus werden der individuelle Arbeitsaufwand und der jeweilige Verantwortungsumfang der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder berücksichtigt. So werden in allen DAX-Unternehmen Aufsichtsratsvorsitzende deutlich höher vergütet als stellvertretende Vorsitzende und Ordentliche Mitglieder. In 58 Prozent der Unternehmen verdienen Aufsichtsratsvorsitzende doppelt so viel wie Ordentliche Mitglieder.

Die Ausschusstätigkeit wird gesondert vergütet – Aufsichtsratsmitglieder, die hier mitwirken, erhalten auch eine höhere Vergütung. Innerhalb der einzelnen Ausschüsse, etwa dem Prüfungsausschuss oder dem Präsidialausschuss, setzt sich die Differenzierung nach Aufgabe, Rolle und Aufwand fort. Auch hier erhält der Ausschussvorsitzende höhere Bezüge als sein Stellvertreter oder Ordentliche Mitglieder.

Unternehmen für das Thema Diversity sensibilisiert

Der weiterhin niedrige Frauenanteil innerhalb der DAX-Aufsichtsratsgremien (14 Prozent) ist gegenüber 2010 geringfügig gestiegen (+2 Prozentpunkte). Auch die Internationalität der Anteilseigner ist noch nicht hinreichend abgebildet. 56 Prozent des Grundkapitals der DAX-Unternehmen liegen in den Händen ausländischer Investoren. Jedoch stellen die nicht-deutschen Aufsichtsratsmitglieder nur ein Viertel aller Aufseher. „Unternehmen sind für das Thema ‚Diversity’ sensibilisiert und berücksichtigen es bei der Besetzung frei werdender Aufsichtsratsmandate“, so Lange. „Da die Mandate aber meist für eine Laufzeit von fünf Jahren vergeben werden, ist nicht zu erwarten, dass die Diversitäts-Anregung des Corporate Governance Kodex von heute auf morgen umgesetzt werden kann.“

Niedrige Vergütung im internationalen Vergleich

Im internationalen Vergleich verdienen die DAX-Aufseher deutlich weniger als ihre Kollegen in der Schweiz (SLI: 1.773.000 Euro) und Großbritannien (FTSE 100: 432.000 Euro). Allerdings sind diese auch intensiver in die Unternehmensführung eingebunden, was das höhere Vergütungsniveau teilweise erklärt. Denn in einem Dualen System aus Aufsichtsrat und Vorstand mit getrennten Verantwortlichkeiten und Mitgliedschaften wie in Deutschland erwachsen andere berufliche Anforderungen als in einem Single-Board-System wie in der Schweiz mit Kontrolleuren und operativ tätigen Managern in einem Gremium.

Information zur Studie

„Aufsichtsratsvergütung DAX 2011“ analysiert die aktuellen Vergütungen von Aufsichtsratsvorsitzenden in DAX-Unternehmen. Grundlage der Auswertungen sind öffentlich verfügbare Quellen, insbesondere Satzungen und Hauptversammlungsbeschlüsse aus dem Jahr 2011. In die Analyse einbezogen wurden: die jährlich garantierten festen Bezüge, die Aufsichtsratstantieme für 2011 (basierend auf Analystenschätzungen für 2011), die Langfristvergütungen für 2011 sowie Sitzungsgelder und Ausschussvergütungen.

Quelle: Towers Watson GmbH
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