12.09.2016 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Wie das Kartellamt im Juli gemeldet hat, wird der Spielzeug-Hersteller LEGO sein Rabattsystem künftig so ausgestalten, dass Händler auch über den Online-Vertrieb die gleiche Rabatthöhe erreichen können wie im stationären Vertrieb. Dies hat LEGO dem Bundeskartellamt gegenüber zugesagt. So ganz freiwillig wird die Zusage nicht erfolgt sein. Es handelte sich vielmehr um eine Forderung des Bundeskartellamts an den dänischen Hersteller.
Klar ist, dass im Internet gerne die Preise purzeln. Das sehen Hersteller nur ungern. Bei entsprechend ausgestalteten Vertriebssystemen versuchen sie z. B. über Rabattstrukturen die Händlermargen so zu steuern, dass der stationäre Vertrieb preislich mithalten kann, obwohl dieser mit Verkaufsräumen strukturell deutlich mehr Kosten zu tragen hat als der Online-Handel. Der Phantasie scheinen keine Grenzen gesetzt, wenn sich die Konzernjuristen dann Rahmenbedingungen ausdenken, die z. B. für Boni oder Rabatte vom Vertragshändler zu erfüllen sind. LEGO vergab z. B. Rabatte nach Regalmetern im Verkauf. Diese Meter fehlen natürlich im virtuellen Geschäft.
Wettbewerbsbeschränkungen in selektiven Vertriebsverträgen können u. a. dann zulässig sein (neben weiteren Voraussetzungen), wenn diesen Beschränkungen objektive Gesichtspunkte zugrunde liegen und sie sich auf Qualitätsanforderungen beziehen. Die Beschränkungen müssen in Bezug auf Eigenschaften und Qualität erforderlich sein und sie müssen diskriminierungsfrei angewendet werden.
Nicht immer wird das System diskriminierungsfrei ausgestaltet. Gerade bei Änderungen werden die Gesichter der beteiligten Händler lang und länger und immer sind es die Online-Händler, die benachteiligt werden.
Grundsätzlich ist es natürlich erlaubt, Händler, die unterschiedliche Leistungen und Performances bieten, unterschiedlich zu behandeln. Rechtlich kritisch wird es aber dann, wenn die Kriterien so angelegt sind, dass sie (un)erwünschte Effekte zeigen. Regalmeterbezogene Regelungen benachteiligen den Online-Handel aber schon ihrer Struktur nach, denn dort spielen Verkaufsflächen keine Rolle. Solche Kriterien können sich als Expansionshürden erweisen oder den Marktzutritt erschweren.
Das Ganze läuft juristisch unter dem Titel „Vertikale Beschränkungen der Internetökonomie“ und bei Marktbeschränkungen ist das Kartellrecht gefragt.
Ist der Einfluss auf den heimischen Markt nur groß genug, also die Eingriffsschwelle für das personell eher unterbesetzte Bundeskartellamt überschritten, dann kann man die Wettbewerbshüter schon mal zu einem Verfahren bewegen. Ansonsten bleibt immer die individuelle Klage. Zu spüren bekam dies auch die Bosch Siemens Hausgeräte, als man 2013 ein neues Rabattsystem einführte, welches dann nach Einschreiten des Bundeskartellamtes als „wettbewerbsbeschränkendes Doppelpreissystem“ getadelt wieder vom Tisch kam, um dann abgewandelt wieder aufzuerstehen. Auch der Gartenprodukte-Hersteller GARDENA hatte Ende 2013 dem Bundeskartellamt gegenüber zusagen müssen, künftig gleiche Rabatte für stationäre Händler und Online-Händler einzuführen. Dort konnte man über gestaffelte Funktionsrabatte nur offline in den Genuss der höchsten Rabattstufe gelangen. Schon 2012 erwischte es den Luxusarmaturenhersteller Dornbracht, der über Qualitätskriterien u. a. die Gewährleistung einer fachgerechten Montage und Inbetriebnahme von Dornbracht-Produkten und adäquaten After-Sales-Service realisieren wollte, damit aber den Verkauf an andere als vorgesehene Abnehmer unattraktiv machte, weil dann die Kriterien nicht zu erfüllen waren.
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