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BGH: Kein Rechtsmissbrauch bei Widerrufsdrohung

24.03.2016  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Darf ein Verbraucher die Versandbestellung widerrufen? Klar, im Fernabsatz gilt das Widerrufsrecht. Darf er auch damit drohen, um einen günstigeren Preis zu bekommen? Mit Spannung war das Urteil des BGH erwartet worden. Dieses fiel zugunsten des Verbrauchers aus. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER, erläutert das Urteil.

Ganz laut „Rechtsmissbrauch“ hatte der Händler gerufen, bei dem ein Verbraucher im Internet zwei Matratzen bestellt hatte. Die wurden auch im Januar 2014 ausgeliefert und vom Kunden bezahlt. Der allerdings fand ein niedrigeres Angebot und verlangte die Zahlung des Differenzbetrages von 32,98 Euro. Dann werde er von seinem gesetzlichen Widerrufsrecht absehen. Der Kunde hatte allerdings auch noch auf eine Tiefpreisgarantie verwiesen, die allerdings rechtlich keine weitere Rolle in dem Fall spielte. Der Händler war der Ansicht, die Bedingungen dieser Garantie würden nicht greifen. Die Beteiligten verhandelten, konnten sich aber offenbar nicht einigen. Der Verbraucher widerrief seine Bestellung innerhalb der Frist und die Matratzen gingen zurück zum Händler. Der wollte aber den Kaufpreis nicht erstatten. Der Widerruf sei nur erfolgt, um eine eigentlich nicht berechtigte Forderung aus der Tiefpreisgarantie durchzusetzen. Das gesetzliche Widerrufsrecht beim Fernabsatz sei aber nur dazu da, damit der Verbraucher die Ware prüfen könne.

Kein Grund zum Widerruf notwendig

Die Parteien wollten es trotz des geringen Betrages wissen und gingen durch die Instanzen (AG und LG Rottweil). Der Verbraucher erhielt immer Recht. Der für das Kaufrecht zuständige VIII. Senat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 16.03.2016 (Az. VIII ZR 146/15) jetzt abschließend entschieden, dass der Widerruf wirksam war und der Verbraucher damit Anspruch auf Rückerstattung des Kaufpreises hatte. Den Richtern reichte allein der fristgerechte Widerruf. Auf eine Begründung komme es schlicht nicht an. Das Gesetz hält dies auch ausdrücklich fest. Es geht allein darum, dass der Verbraucher durch das Gesetz ein einfach zu handhabendes Recht erhält, sich von einem Kauf im Distanzhandel zu lösen. Nennt der Verbraucher einen Grund, so kann dieser kaum einen Rechtsmissbrauchsvorwurf begründen.

Rechtsmissbrauch bleibt denkbar

So ganz wollte der BGH aber nicht Tür und Tor öffnen und hielt daher fest, dass eine rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerrufsrechts denkbar bleibt, aber eben nur in ganz seltenen Ausnahmefällen. Bei arglistigem Verhalten des Verbrauchers soll dies der Fall sein können, wenn der Verbraucher eine Schädigung beabsichtigt oder wenn er das Recht zur Schikane nutzt. Davon konnte hier aber keine Rede sein, da der Verbraucher lediglich die Preise verglichen hatte. Die Ausnutzung einer Wettbewerbssituation ist dem Verbraucher nicht vorwerfbar.

Fazit

Der Ausgang im konkreten Fall überrascht nicht wirklich. Auch wenn seitens des Handels ein anderer Ausgang erhofft wurde, hat der BGH deutlich gemacht, dass das Widerrufsrecht ein bedingungsloses Gestaltungsrecht ist. Die Motivationslage war in dem Fall auch nicht geeignet, dem Fall eine andere Richtung zu geben. Dennoch ist es für manchen Händler bitter, wenn er etwa die Klinkerbausteine auf dem LKW aus den Niederlanden anrollen lässt und der Besteller vor dem Abladen zum Telefon greift, um einen Preisnachlass auszuhandeln. Solche und ähnliche Fälle sind mit dem Urteil allerdings auch noch nicht freigezeichnet. Jedoch läuft der Händler Gefahr, dass der Kunde einen nachvollziehbaren Grund angibt und sei es eben nur, dass er die Ware preisgünstiger gesehen hat.


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