Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

BGH: Neue Einwilligungsrechtsprechung für mehrere Kanäle

27.03.2018  — Rolf Becker.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 01.02.2018 – III ZR 196/17 entschieden, dass sich eine Einwilligung in die Werbung auf mehrere Kommunikationskanäle beziehen kann, ohne dabei das Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu verletzen. Rechtsanwalt Rolf Becker, Partner bei WIENKE & BECKER – KÖLN erläutert die neuen Spielregeln im Direktmarketing.

Das Urteil stammt vom III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs und nicht vom verbraucherorientierten I. Zivilsenat für Wettbewerbssachen. Denn hier ging es um eine Einwilligung der Telekom.

Diese hatte im Rahmen einer Internetbestellung am Ende des Bestellprozesses folgende Erklärung vom Kunden erbeten:

" Ich möchte künftig über neue Angebote und Services der T. GmbH per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS persönlich informiert und beraten werden. Ich bin damit einverstanden, dass meine Vertragsdaten aus meinen Verträgen mit der T. GmbH von dieser bis zum Ende des Kalenderjahres, das auf die Beendigung des jeweiligen Vertrages folgt, zur individuellen Kundenberatung verwendet werden. Meine Vertragsdaten sind die bei der T. GmbH zur Vertragserfüllung (Vertragsabschluss, -änderung, -beendigung, Abrechnung von Entgelten) erforderlichen und freiwillig abgegebenen Daten.“

Es folgen Hinweise zum Widerruf und Link zu Datenschutzhinweisen.

Damit waren im Grunde nicht nur unterschiedliche Kanäle, wie E-Mail, Telefon und SMS in einer Einwilligung zusammengefasst, sondern diese enthielt auch noch eine datenschutzrechtliche Komponente.

Die Verbraucherzentrale hatte einen Verstoß gegen AGB-Bestimmungen gerügt und eine Unvereinbarkeit mit dem UWG. Das OLG Köln hatte den Verbraucherschützern, die in der I. Instanz verloren, Recht gegeben. Jetzt siegte die Telekom vor dem BGH in dieser für die Praxis sehr wichtigen Frage.

AGB Recht auch bei Opt-In-Erklärungen

Der BGH hielt zunächst fest, dass das strenge AGB-Recht nicht nur gilt, wenn eine Klausel voreingestellt ist. Sie gilt auch dann, wenn – wie hier – die Erklärung durch Anklicken eines hierfür vorgesehenen Kästchens erfolgt. Die Erklärung sei vorformuliert und der Kunde habe nur die Wahl der Annahme oder Ablehnung. Das ist die gleiche Situation, wie auch bei sonstigen AGB. Zudem sei es auch nicht grundsätzlich unzulässig, Einwilligungserklärungen innerhalb von AGB vorzusehen.

Einwilligung in Kenntnis der Sachlage

Die Klausel hielt auch der weiteren sog. Inhaltskontrolle stand. Sowohl E-Mail-Werbung als auch sonstige Werbung elektronischer Art, wie SMS, MMS (von der Ausnahme nach § 7 III UWG abgesehen) als auch Telefonwerbung ist nur nach vorheriger ausdrücklicher Einwilligung zulässig. Eine Einwilligung sei wirksam und „in Kenntnis der Sachlage erteilt“, wenn ein Verbraucher wisse, dass seine Erklärung ein Einverständnis darstelle und worauf sie sich beziehe.

„Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Ein rechtlich nicht vorgebildeter, verständiger und redlicher Durchschnittskunde, auf den bei der Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzustellen ist (…), versteht, dass er mit der hier strittigen Erklärung eine Einwilligung erteilt und worauf sie sich bezieht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der Gegenstand der Beratung für die Zeit nach Vertragsbeendigung durch die Verwendung des Begriffes "individuelle Kundenberatung" nicht unklar.

Die drei Sätze der Klausel bilden – auch aus Sicht des verständigen Verbrauchers ohne weiteres erkennbar – eine inhaltliche Einheit und konkretisieren gemeinsam den Inhalt und zeitlichen Umfang der Einwilligung. Während der erste Satz die zur Übermittlung der Informationen zulässigen Kommunikationswege und den Inhalt der Werbung bestimmt, regelt der zweite Satz die zeitliche Geltungsdauer der Einwilligung und die Herkunft der erforderlichen Daten, die im dritten Satz ergänzend konkretisiert werden.“

Spezifische Einwilligung

Bislang hatte der BGH z.B. entschieden, dass Klauseln, die nicht klar erkennen lassen, ob sie sich auf Telefon und E-Mail beziehen unwirksam sind. Auch wenn sie in AGB ohne weiteres eingebettet waren, wurden sie als unzulässig angesehen. Gleiches gilt für Klauseln, die sich nicht nur auf die Werbung mit einem Telefonanruf, sondern auch auf die telefonische Benachrichtigung über einen Gewinn beziehen.

Diese Problematik sah der BGH hier nicht berührt. Alle Erklärungen beziehen sich auf die Werbung und nicht, wie in dem zitierten Fall auf einen weiteren anderen Gegenstand (Gewinnbenachrichtigung). Es handele sich um „um eine einheitliche, für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres verständliche Klausel, die die Art der beabsichtigten Werbung, die vorgesehenen Kanäle, die Art und Herkunft der zu verwendenden Daten sowie die zeitliche Dauer der Nutzung und damit der Werbemaßnahmen regelt“. Jedenfalls sei eine gesonderte Einwilligung für jeden Werbekanal unter Schutzzweckgesichtspunkten nicht erforderlich.

Unverständliche Förmelei ohne Transparenzgewinn

Bislang galt der Rat, Einwilligungserklärungen zu mehreren Kanälen getrennt vorzusehen oder zumindest innerhalb einer Einwilligung jeweils eine Checkbox pro Kanal vorzusehen.

Der BGH dazu:

„Es würde den Verbraucherschutz nicht stärken, wenn für jeden Werbekanal eine gesonderte Einwilligungserklärung abgegeben werden müsste. Dies wäre bei Anlegung des Maßstabs eines verständigen und redlichen Durchschnittsverbrauchers eine geradezu unverständliche Förmelei, mit der keinerlei Transparenzgewinn verbunden wäre.“

Auch der gewählte Zeitraum von 2 Jahren nach Vertragsende für die Datennutzung hielten die Richter für überschaubar. Ob man hier überhaupt eine zeitliche Begrenzung vorsehen muss, blieb offen. Datenschutzrechtlich muss hierzu in den Datenschutzhinweisen eine Information zur Löschung erfolgen.

Fazit

Der BGH erleichtert die Abfassung von Einwilligungserklärungen deutlich. Gerade vor dem Hintergrund der kommenden neuen DSGVO dürfte sich so mancher Händler erleichtert die Augen reiben. Denn auch leicht falsch formulierte Einwilligungen führen zur Unwirksamkeit. Unwirksame Einwilligungen sind keine Rechtsgrundlage für Werbung und Datenverwendung für Werbung. Fehlt die Rechtsgrundlage drohen nicht nur Abmahnungen, sondern auch hohe Bußgelder. Die Rede ist von einem Faktor 67. Aus 1000 Euro Bußgeld werden dann ab dem 25.05.2018 67.000 Euro. Motivation genug, sich erleichtert zu zeigen.

nach oben