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Atemwegserkrankung eines Karosseriemeisters wird als Berufskrankheit entschädigt

19.07.2017  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Hessisches Landessozialgericht.

Berufskrankheiten stehen – ebenso wie Arbeitsunfälle – unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Eine solche Berufskrankheit ist u.a. eine durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankung.

Bei der Prüfung der Kausalität zwischen Schadstoffexposition und Atemwegserkrankung ist zu berücksichtigen, dass die Versicherten in dem gesundheitlichen Zustand geschützt sind, in dem sie mit dem gefährdenden Stoff konfrontiert werden. Eine vorliegende Krankheitsanlage des Versicherten steht daher der Ursächlichkeit der Gefahrstoffexposition nicht entgegen.

Hierauf wies der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts die Beteiligten in dem Berufungsverfahren eines Karosserie- und Fahrzeugmeisters hin. Daraufhin anerkannte die Berufsgenossenschaft die Atemwegserkrankung des mittlerweile erwerbsunfähigen Mannes - der beruflich über viele Jahre entsprechenden Gefahrstoffen ausgesetzt war - als Berufskrankheit Nr. 4302.

Karosseriemeister erleidet Atemwegserkrankung und beantragt Anerkennung als Berufskrankheit

Ein 1967 geborener Mann aus dem Main-Kinzig-Kreis war seit seinem 16. Lebensjahr als Karosserie- und Fahrzeugmeister im Karosseriebau tätig. Dabei war er unter anderem Lösungsmitteldämpfen, Motorenabgasen (Stickoxiden) und Stäuben (Schweißrauche, Schleifstäube) ausgesetzt. Bereits im Alter von 37 Jahren wurde bei ihm eine schwere obstruktive Atemswegserkrankung mit Lungenemphysem diagnostiziert. Ferner wurde bei ihm ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel festgestellt. Dieser genetisch bedingte Enzym-Mangel bewirkt, dass die körpereigene Abwehr nicht nur eindringende Bakterien zerstört, sondern auch das umgebende gesunde Gewebe.

Die Berufsgenossenschaft lehnte den Antrag des Mannes auf Anerkennung einer Berufskrankheit ab. Die Atemwegserkrankung sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen. Der zeitliche Bezug zwischen der beruflichen Tätigkeit und der Erkrankung sei nicht dokumentiert. Ferner seien der Enzym-Mangel und der Nikotinkonsum des Klägers konkurrierende Faktoren hinsichtlich der Atemwegserkrankung.

Das Sozialgericht wies - nach Einholung von Sachverständigengutachten - die Klage ab. Es sei nicht hinreichend wahrscheinlich, dass die berufliche Exposition die Atemwegserkrankung verursacht habe. Der Mann legte hiergegen Berufung vor dem Hessischen Landessozialgericht ein.

Im Verfahren vor dem Landesozialgericht erkennt die Berufsgenossenschaft die Berufskrankheit an

Im Verfahren vor dem Landessozialgericht erfolgten weitere Ermittlungen insbesondere zur Gefahrstoffexposition und deren Auswirkung auf den an Alpha-1-Antitrypsin-Mangel erkrankten Kläger. Dabei wurde festgestellt, dass der erkrankte Mann mehr als 18 Jahre chemisch-irritativen oder toxisch wirkenden Stoffe knapp unterhalb des MAK-Grenzwertes (= maximale Arbeitsplatzkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz) ausgesetzt war. Am Arbeitsplatz des Mannes habe keine adäquate Absaugung bestanden, Atemschutz sei nicht getragen worden. Zudem würden die MAK-Grenzwerte nur für gesunde, nicht aber für kranke Personen gelten. Die Gefahrstoffexposition sei zumindest als gleichwertig mit dem Zigarettenkonsum des Mannes anzusehen.

Der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts wies die Beteiligten sodann darauf hin, dass nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung der Versicherte in dem gesundheitlichen Zustand geschützt sei, in dem er mit dem gefährdenden Stoff konfrontiert werde. Daher könne die Kausalität zwischen der berufsbedingten Gefahrstoffexposition und der Atemwegserkrankung nicht unter Verweis auf die bei dem Kläger festgestellte Krankheitsanlage - dem Enzymmangel - verneint werden. Die Gefahrstoffexposition sowie der Zigarettenrauch seien zudem für die Atemwegserkrankung gleichermaßen (mit)ursächlich gewesen, so dass auch der Tabakkonsum der Anerkennung der Berufskrankheit nicht entgegenstehe.

Zudem machte das Landessozialgericht deutlich, dass hinsichtlich der Berufskrankheit Nr. 4302 keine Mindestdosis festgeschrieben sei, welche für die Anerkennung überschritten sein müsse. Ferner hätten nach den Feststellungen der Sachverständigen aufgrund des genetisch bedingten Enzymmangels des Klägers die beruflichen Gefahrstoffeinwirkungen auch ohne den Tabakkonsum zu dessen Atemwegserkrankung geführt.

Gerichtsverfahren ohne gerichtliche Entscheidung einvernehmlich beendet

Nach diesen gerichtlichen Ausführungen habe die Berufsgenossenschaft die Atemwegserkrankung des Klägers als Berufskrankheit Nr. 4302 anerkannt. Der inzwischen erwerbsunfähige Mann werde nunmehr von der Berufsgenossenschaft mit einer Rente entschädigt. Damit habe das Verfahren ohne gerichtliche Entscheidung beendet werden können.


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