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Arbeitszeitkonto - Zeitgutschrift

02.03.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Zu den Grundlagen des Arbeitszeitkontos und zu einer Entscheidung des Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil v. 10.11.2010 - 5 AZR 766/09) zur Frage, ob ein Arbeitnehmer auf seinem Arbeitszeitkonto Arbeitszeit gutgeschrieben verlangen kann

Einleitung

Die Bestimmung der Lage der Arbeitszeit ist für Arbeitnehmer und Arbeitgeber wesentlich. Der Arbeitnehmer ist an der Vorhersehbarkeit seiner Arbeitszeit interessiert, während der Arbeitgeber insbesondere die Flexibilisierung der Arbeitszeit im Blick hat. Dabei werden Arbeitszeitmodelle vorrangig auf betrieblicher Ebene durch Betriebsvereinbarungen oder durch Regelungen in Tarifverträgen eingeführt. Dem Arbeitnehmer steht hierbei – trotz flexibler Arbeitszeit – eine verstetigte Vergütung zu, womit erreicht wird, dass das Betriebsrisiko des Arbeitgebers nicht auf ihn abgewälzt wird.

Arbeitszeitkonten dokumentieren dabei den Stand der tatsächlichen Arbeitszeit im Verhältnis zur Soll-Arbeitszeit und insbesondere, inwieweit der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers seine Arbeitsleistung deckt. Dem Arbeitszeitkonto werden Mehr- oder Minusstunden gutgeschrieben, die in einem vorab festgelegten Ausgleichszeitraum zum Ausgleich zu bringen sind. Arbeitszeitkonten sind dabei immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Das Bundesarbeitsgericht (Urteil v. 10.11.2010, Az. 5 AZR 766/09) hatte sich kürzlich die Frage zu entscheiden, ob ein Arbeitnehmer, die Gutschrift von Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto verlangen kann.

Sachverhalt

Die Arbeitsvertragsparteien vereinbarten eine regelmäßige Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Darüber hinaus war im Arbeitsvertrag geregelt, dass über die vereinbarte Wochenarbeitszeit hinaus geleistete Arbeit keine Mehrarbeit sei, sondern zum Auf- bzw. Abbau des Zeitguthabens des Arbeitnehmers führe. Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit sah eine 35-Stunden Woche vor.

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Der Arbeitnehmer arbeitete im Zeitraum von Januar 2006 bis April 2008 40 Stunden die Woche. Für diesen Zeitraum verlangt er vom Arbeitgeber, die über 35 Stunden gearbeiteten Stunden (insgesamt 600 Stunden) auf seinem Arbeitszeitkonto gutzuschreiben. Der Arbeitgeber ist der Ansicht, dass keine „Mehrarbeit“ iSd. arbeitsvertraglichen Regelung geleistet wurde, die gutzuschreiben wäre.

Entscheidung

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Arbeitgeber vollumfänglich Recht. Grundsätzlich sei es zwar zulässig, eine Arbeitszeitgutschrift einzuklagen. Vorliegend sei das Verlangen des Arbeitnehmers jedoch unbegründet. Vereinbart sei lediglich eine Gutschrift als Mehrarbeit auf dem Arbeitszeitkonto, sofern die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden überschritten werde. Dies war im relevanten Zeitraum zu keinem Zeitpunkt der Fall. Selbst wenn beide Parteien tarifvertraglich gebunden wären und tatsächlich lediglich eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden geschuldet sei, ändere dies nichts daran, dass erst ab der 41. Stunde eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto zu erfolgen habe, da der Arbeitgeber die wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden unstreitig mit dem Arbeitsentgelt vergütet hatte. Allenfalls habe der Kläger für die geleisteten 40 Stunden eine zu geringe Vergütung erhalten. Eine zu geringe Vergütung von geleisteten Arbeitsstunden könne der Arbeitnehmer allerdings nicht als Gutschrift auf seinem Arbeitszeitkonto verlangen, sondern müsse auf Zahlung der Vergütungsdifferenz klagen.

Praxishinweis

Das Bundesarbeitsgericht zeigt ein weiteres Feld auf, auf dem Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber wegen „unzutreffend geführten“ Arbeitszeitkonten vorgehen können. Es ist zulässig, geleistete Mehrarbeitsstunden als Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto einzuklagen. Dann stellt sich allerdings stets die Frage, ob diese Stunden bei Beendigung des Arbeitsvertrages abzugelten sind und wie der Arbeitgeber bei zu weinig geleisteten Stunden vorgehen kann. Üblicherweise sind zu viel geleistete Stunden durch den Arbeitgeber bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzurechen und auszuzahlen. Eine arbeitsvertragliche Klausel, nach der geleistete Mehrarbeit bei Vertragsende verfällt, ist unwirksam. Möglich ist jedoch, zu vereinbaren, dass Mehrarbeit grundsätzlich durch Freizeitausgleich abzubauen ist. Scheidet ein Arbeitnehmer demgegenüber mit einem negativen Arbeitszeitkonto aus, so stellt sich das bereits gezahlte Entgelt als Vorschussleistung des Arbeitgebers dar. Allerdings kann der Arbeitgeber diesen Vorschuss nur dann zurückverlangen (oder mit der letzten Gehaltsforderung verrechnen), wenn und soweit es alleine der Arbeitnehmer in der Hand hatte, seine Arbeitszeit einzuteilen, so dass lediglich er für das Entstehen des Minussaldos verantwortlich war. Andernfalls würde das Wirtschaftsrisiko des Arbeitgebers (kein Anfall von Arbeit) in unzulässiger Weise auf den Arbeitnehmer abgewälzt.

Quelle: Irene Bergmann, LL.M., Taylor Wessing Berlin
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