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Alter Erfolg am neuen Standort? Unternehmenskompetenzen und Standortverlagerung

17.06.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: ManagerGate.

Einen alten Baum soll man nicht verpflanzen? Viele ostdeutsche Maschinenbauunternehmen verlegten nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgreich ihren Standort nach Westdeutschland.

If I can make it there, I’ll make it everywhere – gilt diese Zeile etwa auch für Unternehmen? Die Ergebnisse einer empirischen Studie von Christina Guenther vom Jenaer MPI für Ökonomik und Guido Buenstorf, Universität Kassel, deuten darauf hin. Die beiden Wissenschaftler haben die Entwicklung ostdeutscher Maschinenbauunternehmen untersucht, die nach 1945 ihren Standort in den Westen verlegten, um der Zwangsenteignung zu entgehen. Das Ergebnis: Die Umsiedler waren ähnlich erfolgreich wie alteingesessene „einheimische“ Firmen. Obwohl sie außer Wissen und Erfahrungen meist nicht viel mitnehmen konnten, war ihre Überlebensrate deutlich höher als die vor Ort neu gegründeter Unternehmen.

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Zahlreiche Studien zeigen, dass Firmengründer vorzugsweise in der Nähe ihres Wohnortes bzw. des Unternehmens, für das sie bislang tätig waren, gründen. Die Teilhabe an sozialen Netzwerken erleichtert ihnen hier beispielsweise den Zugang zum Finanz- und Arbeitsmarkt und unterstützt die Entwicklung der Kompetenzen („organizational capabilities“), die Unternehmen brauchen, um am Markt bestehen und wachsen zu können. Doch was geschieht, wenn Unternehmen ihren angestammten Standort verlassen (müssen)? Inwieweit sind die Kompetenzen erfolgreicher Unternehmen standortgebunden und damit intransportabel? Theoretische Studien hierzu kommen zu widersprüchlichen Ergebnissen; die von Guido Buenstorf und Christina Guenther vorgelegte empirische Studie deutet indessen auf die Mobilität von Unternehmenskompetenzen hin.

„Natürlich konnten wir nicht real existierende Unternehmen zu Forschungszwecken umsiedeln und beobachten, was in der Folge geschieht. Aber es gibt ein Ereignis in der jüngeren Gesichte, das wir sozusagen im Nachhinein als Feldexperiment betrachten und analysieren konnten“, erläutert Christina Guenther den Ansatz der Studie. Freies Unternehmertum wurde in Ostdeutschland nach 1945, zunächst unter sowjetischer Besatzung, dann in der sozialistischen DDR, praktisch unmöglich. Bedroht von Zwangsenteignung, Demontage und teilweise Strafverfolgung verließen viele Unternehmer Ostdeutschland. Sie siedelten nach Westdeutschland über, wo sie damit begannen, ihre Unternehmen neu aufzubauen.

Auf Grundlage des seit 1932 vom Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbauer herausgegebenen Einkaufsführers „Wer baut Maschinen?“ hat Christina Guenther einen neuen Datensatz erstellt, der diese Umsiedlungswelle für die Maschinenbaubranche dokumentiert. Insgesamt 43 Unternehmen, das waren 23 Prozent aller damals in Ostdeutschland gelisteter Unternehmen der Branche, verlegten in der Nachkriegszeit ihren Standort von Ost nach West und begannen mit dem Neuaufbau ihrer Unternehmen. Mit gutem Erfolg: Die Analyse der Daten ergab eine ähnlich hohe Überlebensquote für diese umgesiedelten Unternehmen, wie für die bereits seit vor dem II. Weltkrieg dort ansässigen Firmen. Im Vergleich zu Firmenneugründungen am neuen Standort lag die Überlebensquote sogar deutlich höher. „Unsere Studie deutet also darauf hin, dass Unternehmenskompetenzen zum größeren Teil transportabel sind. Dies ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, welche Bedeutung Standortfaktoren im allgemeinen zugeschrieben wird“, ordnet Christina Guenther das Ergebnis ihrer Studie ein.

Ein weiteres Ergebnis der Datenanalyse widerspricht ebenfalls weitverbreiteten Vorstellungen: Zwar bestätigten die Unternehmen durch ihre Standortwahl erneut die Neigung zu Agglomeration und urbanem Umfeld; positive Effekte durch diese Standortwahl ließen sich jedoch nicht belegen.

Originalveröffentlichung:

Guido Buenstorf and Christina Guenther, No place like home? Relocation, capabilities, and firm survival in the German machine tool industry after World War II.
Industrial and Corporate Change 2011; 20(1): 1-28
doi:10.1093/icc/dtq055

Quelle: Petra Mader (Max-Planck-Institut für Ökonomik)
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