01.04.2014 — Lars Kaupisch. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Zu verfallen liegt in der Natur der Dinge. Manche Dinge mögen das schneller tun als andere, aber früher oder später setzt der Verfall sichtbar ein. Das gilt natürlich auch für Bäume, und wenn diese offensichtlich morsch geworden oder abgestorben und ausgetrocknet sind, ist es für niemanden ein Wunder, wenn da einfach einmal ein Ast abbricht. Selbst wenn der vollständige Baum abbräche, würde man vielleicht noch sagen, dass es ja vorhersehbar gewesen sei.
Allerdings liegt es auch in der Natur der Dinge – besonders nicht künstlicher, sondern "natürlicher" Dinge –, eben nicht vorhersehbar zu sein. Ihr Lieblingshund, der seit 15 Jahren Ihr treuer und absolut zahmer Begleiter ist, könnte aus heiterem Himmel zubeißen. Sie selbst haben vielleicht schon einmal Momente erlebt, in denen Sie völlig irrational und unvorhersehbar gehandelt haben.
Wird ein Baum irrational, kann es durchaus sein, dass er auch in völlig gesundem Zustand einen Ast abwirft. Ganz ohne Vorwarnung.
Kommt bei einem solchen Ausbruch von Unberechenbarkeit jemand zu Schaden, stellt sich bald die Schuldfrage, denn irgendjemand muss ja immer Schuld haben. Der Baum selbst ist allerdings schwerlich haftbar zu machen. Wenn der Astabwurf also beispielsweise in einer Wohnstraße erfolgt und hierbei ein parkendes Auto beschädigt wird, ist als Schuldiger schnell der Verkehrssicherungspflichtige gefunden. Doch auch zu Recht?
Hierzu traf der Bundesgerichtshof am 06.03.2014 eine Entscheidung (III ZR 352/13). Bei dem abwerfenden Baum dieses Falles handelte es sich um eine Pappel, die zu den Weichhölzern gezählt wird und einen gesunden, grünen Ast auf ein Auto fallen ließ. Der Kläger verlangte Schadensersatz von der sicherungspflichtigen Gemeinde mit der Begründung, bei Weichhölzern wie der Pappel sei auch in gesundem Zustand mit Abwürfen zu rechnen, da diese hierfür besonders anfällig wären. Deshalb hätte die Gemeinde hier besonders sichernd tätig werden müssen.
Der BGH sah das anders. Er urteilte, dass es absolute Sicherheit nie gebe. Gefahren, die aus Gegebenheiten der Natur hervorgingen, gehörten zum allgemeinen Lebensrisiko. Deshalb müsse die Gemeinde auch nur bei offensichtlichen Gefahren Maßnahmen ergreifen, nicht aber bei gesunden Bäumen.
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