Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

"Goldene Fesseln?"

09.02.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Die Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft gibt Ihnen hier weitere Infos zur Wirksamkeit einer Rückzahlungsvereinbarung von Weiterbildungskosten (wir berichteten bereits in der Personalgate-Ausgabe 04/2011)

Einleitung

Weiterbildung von Arbeitnehmern ist für Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Eine etwaige Investition in die Fortbildung eines Arbeitnehmers durch das Unternehmen soll sich aber auch rechnen: Der Arbeitnehmer soll sein erworbenes Wissen für das Unternehmen einsetzen. Dem steht das Interesse des Arbeitnehmers gegenüber, seinen Arbeitgeber ohne Kostenbelastung frei wählen und schnell wechseln zu können.

Um den Arbeitnehmer nach vom Unternehmen finanzierter Weitebildung eine Zeit lang zu binden, werden für den Fall des Ausscheidens unmittelbar nach Weiterbildung oder auch vor deren Abschluss häufig Rückzahlungsklauseln vereinbart. Hier ist aber Vorsicht geboten: Nur bei angemessenen Klauseln ist der Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers rechtmäßig und durchsetzbar. Allgemein gilt, dass desto eher eine Kostenbeteiligung und Bindung an das Arbeitsverhältnis gerechtfertigt ist, je mehr sich die Karriere- und Berufschancen des Arbeitnehmers z.B. durch die betreffende Weiterbildung verbessern (sogenannter Kompensationsgedanke). Schließlich darf die durch die Rückzahlungsvereinbarung erzeugte Bindung des Arbeitnehmers nicht unverhältnismäßig lang und die Höhe des Rückzahlungsbetrages nicht unverhältnismäßig hoch sein.

Der 3. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) nahm zu dieser Problematik erneut Stellung und sprach jüngst dem Arbeitgeber einen Rückzahlungsanspruch gegen einen ehemaligen Arbeitnehmer zu, der die vom Arbeitgeber finanzierte Weiterbildung nicht beendete und vorher aus dem Arbeitsverhältnis ausschied (BAG, Urteil vom 19. Januar 2011, 3 AZR 621/08).

Sachverhalt

Der Arbeitnehmer (Beklagter) war als Bankkaufmann seit 2002 bei einer Sparkasse (Klägerin) tätig. Im Juni 2006 vereinbarten die Parteien die Teilnahme des Arbeitnehmers am Studiengang zum Sparkassenbetriebswirt. Dieser sah eine Fortbildung in Abschnitten vor, die über einen gewissen Zeitraum aufgeteilt waren. Die Sparkasse zahlte neben dem Gehalt während der Lehrgangszeiten auch die Lehrgangs- und Prüfungsgebühr und sonstigen Kosten wie Verpflegung, Reisekosten und Unterbringung. Die Vereinbarung enthielt eine Rückzahlungsklausel, wonach der Arbeitnehmer der Sparkasse ihre Leistungen – mit Ausnahme der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung – in voller Höhe erstatten sollte, wenn er vor Ablauf des Kalendermonats, in dem das Prüfungszeugnis ausgestellt wird, auf eigenen Wunsch aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.

Der Arbeitnehmer nahm an zwei circa fünfwöchigen Lehrgangsabschnitten teil, kündigte aber dann das Arbeitsverhältnis, ohne den letzten Abschnitt zu absolvieren. Hätte er die Ausbildung absolviert, so hätte er mit dem erworbenen Abschluss erhebliche Aufstiegschancen nicht nur im Sparkassen-Verbundsystem gehabt. Die Sparkasse forderte die Rückzahlung eines Teils der Ausbildungskosten vom Arbeitnehmer. Das BAG sah den Rückzahlungsanspruch der Sparkasse als gegeben an.

Entscheidung

Das BAG stellt zunächst fest, dass der Arbeitnehmer bei erfolgreicher Absolvierung der Weiterbildung einen geldwerten Vorteil durch den Zusatzabschluss gehabt hätte. Dies sei deshalb der Fall, da es sich bei dem angestrebten Abschluss um eine allgemein anerkannte Zusatzqualifikation handelt. Daher sei dem Grunde nach die Beteiligung des Arbeitnehmers an den Kosten der Weiterbildung bei Ausscheiden vor Abschluss der Ausbildung zulässig.

Neu zu entscheiden war aber die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn die Fort- und Weiterbildung nicht kontinuierlich am Stück erfolgt, sondern in mehreren zeitlich getrennten Abschnitten. Auch dies bejaht das BAG im Grundsatz. Allerdings schränkt das BAG diese Aussage ein: Eine Rückzahlungsvereinbarung bezüglich einer in zeitliche Abschnitte aufgeteilten Weiterbildung sei nur zulässig, soweit die zeitliche Lage der einzelnen Ausbildungsabschnitte den Vorgaben der Weiterbildungseinrichtung entspricht und der Arbeitgeber nicht die Möglichkeit hat, allein nach seinem Interesse die Teilnahme an den Ausbildungsabschnitten festzulegen. Die Folgefrage, ob auch die Länge der Unterbrechungen zwischen den Ausbildungsabschnitten einer Angemessenheitskontrolle vor dem Hintergrund einer ggf. dadurch erzeugten, zu langen Bindung unterliegt, lässt das BAG offen.

Praxishinweise

Bei zeitlich gestaffelten Fortbildungsverhältnissen ist also weiterhin besondere Vorsicht bei der Formulierung von Rückzahlungsklauseln geboten. Zum Einen darf die Staffelung der Abschnitte nicht im Ermessen des Arbeitgebers liegen, sondern muss von der Weiterbildungseinrichtung vorgegeben sein. Ferner dürfen zwischen den Ausbildungsabschnitten nicht zu lange Zeiträume liegen. Schwierig wird es für den Arbeitgeber daher, wenn die Fortbildungsmaßnahme derartig zeitlich aufgesplittet wird, dass der Arbeitnehmer letztlich gezwungen wäre, über Jahre hinweg im Betrieb zu verbleiben, um der ansonsten drohenden Rückzahlung bei vorzeitiger Beendigung zu entgehen. Wirksam dürfte dagegen eine Aufsplittung sein, wenn z.B. die Abstände zwischen den Abschnitten nur von kurzer Dauer sind oder wenn die Aufsplittung aus fortbildungstechnischen Gründen geboten ist, etwa dann, wenn die Einheiten aufeinander aufbauen und die erworbenen theoretischen Kenntnisse während der Unterbrechungen in der Praxis eingeübt werden sollen. Je kürzer die Weiterbildungseinheit ist, desto näher muss die nächste Weiterbildungseinheit liegen. Ansonsten fehlt es an der Einheitlichkeit der Weiterbildung.

Quelle: Michael Johannes Pils (Taylor Wessing Düsseldorf)
nach oben