01.09.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Morgan Asset Management.
Liebe Leserin, lieber Leser,
auch wenn wir es noch nicht so richtig glauben wollen, aber dieser Tage schleichen sich schon wieder erste Dominosteine und Spekulatius in die Supermarktregale. Am 1. September beginnt ja jeweils der meteorologische Hebst, ganz ärgerliche Sache das. Und der Herbst bedeutet, neben Laub fegen müssen und morgens im Dunkeln aufstehen, es ist wieder Zeit für laufende Nase und Hustenreiz. Und während man im Sommer noch richtig Lust auf Salate, Obst und Gemüse hatte, neigt man nun eher dazu, bei den deftigen, herzhaften oder süßen Dingen zuzuschlagen. Eine meiner Freundinnen meinte dazu ganz entspannt: "Was du auch immer so ein Gewese um ausgewogene Ernährung machst. Die Wissenschaft bietet doch alles in einer Schachtel, was ich so brauche, um gesund zu bleiben. Dann nehme ich halt 'ne Pille und hab das Rundum-Sorglos-Paket." Mit dieser Ansicht steht sie nicht allein da, man munkelt, dass jeder dritte Bundesbürger zu Nahrungsergänzungsmitteln greift und dafür durchschnittlich etwa 300.- € im Jahr ausgibt.
Es wird einem doch auch vermittelt, dass Obst und Gemüse gesund sind, weil sie z. B. Vitamine enthalten, ergo sind Vitamine gesund, ist doch logisch. Außerdem werden heutzutage Obst und Gemüse aus aller Herren Länder importiert, tiefgekühlt, konserviert und eingelagert, wieviel Vitamin überlebt da so? Dann essen wir natürlich alle zu viel Fastfood, gehen zu wenig an die frische Luft und bewegen uns nicht genug. Die Lösung ist nah, nimm Nahrungsergänzungsmittel, schwupp, alles ist wieder gut. 1998 wurde die Bezeichnung festgelegt als: ein Lebensmittel, welches einen oder mehrere Nährstoffe in konzentrierter Form enthält und eine lebensmitteluntypische Form (Tablette, Kapsel, Pulver) aufweist. Erst wenn die von der DGE angegebene Tagesdosis im Produkt um mehr als das Dreifache überschritten wird, schlägt die Arzneimittelverordnung zu. Um aber als Arzneimittel zugelassen zu werden, braucht es oft jahrelange und ggf. teure Wirksamkeitsstudien. Da jedoch die Definition ziemlich ungenau und, sagen wir mal, schwammig ausformuliert wurde, können Hersteller und Vertreiber von Vitamin- und Mineralstoffpräparaten den dehnbaren Bereich zwischen erlaubt und verboten gut ausnutzen.
Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat Drogerie- und Supermarktprodukte untersucht, von denen immerhin 75 % überdosiert waren. Weil die überwiegende Zahl der geneigten Käufer die "viel hilft viel"-Strategie verfolgen. Im Gegensatz zu den Herstellern von Medikamenten müssen diese Hersteller aber weder beweisen noch garantieren, dass ihre Produkte wirksam sind. Es sind schließlich Lebensmittel. Nun sind Vitamine zweifelsfrei lebensnotwendige organische Verbindungen, die wir unbedingt irgendwie zu uns nehmen müssen. Schon mit dem Namen Vitamin verbinden wir Vitalität, Energie, Spannkraft und Wohlbefinden. Es gibt einen genialen wie simplen Geheimtipp, um nie unterversorgt zu sein: abwechslungsreiches Essen! Ehrlich, reicht bei den meisten von uns voll aus. Klar gibt es Zeiten, in denen wir einen erhöhten Bedarf an speziellen Nährstoffen haben. Dazu gehören Schwangerschaft, Stillzeit, Wachstum, Rekonvaleszenz, die Einnahme bestimmter Medikamente oder auszehrende Krankheiten. Dann wäre es aber sinnvoll, das passende Monopräparat als kontrolliertes Arzneimittel einzunehmen und sich mit dem behandelnden Arzt zu besprechen. Keinesfalls mit dem Gießkannen-Prinzip alles einwerfen. Während zum Glück überdosierte wasserlösliche Vitamine wie B1, B12, Folsäure und zum Teil auch C über den Urin wieder ausgeschieden werden, bevor sie Schaden anrichten können, lagert der Körper andere im Gewebe, den Nieren oder der Leber ein. Da kann dann bei längerer Übertreibung von Durchfall, Sehstörungen, Muskelschwäche, Kopfschmerz, Müdigkeit, vermindertem Knochenwachstum, Missbildung von Foeten, gehemmte Blutgerinnung bis hin zu Leberschäden so einiges dabei sein.
Ich gebe Ihnen ein kleines Beispiel: morgens zum Frühstück ein gesundes Gläschen ACE-Saft, dann haben Sie gelesen, dass Beta-Carotin-Kapseln die Gefahr von Sonnenbrand reduzieren sollen und schließlich verschreibt Ihnen Ihr Augenarzt ein Präparat mit Vitamin A gegen Nachtblindheit. Da liegen Sie dann aber ziemlich weit außerhalb der empfohlenen Werte für Retinol (Vit. A). Überhaupt braucht der Mensch mehr als nur die isolierte Substanz künstlich hergestellter Vitamine. Keine Pille der Welt kann die sekundären Pflanzenstoffe ersetzen, die wir zur Nutzung und Optimierung unserer Vitamine benötigen. Es ist längst nachgewiesen, dass Obst und Gemüse in ursprünglich natürlich vorkommender Form nicht durch Kapseln oder Tabletten ersetzbar ist. Vielleicht überlegen Sie es sich ja vor der Erkältungswelle noch, ob so etwas Einfaches und doch Gesundes wie ein Apfel täglich nicht auch ganz nett sein könnte.
Die Autorin
Dr. Martina Morf-Koller lebt mit Mann und Kind in Hamburg-Bergedorf und arbeitet dort als Heilpraktikerin in eigener Praxis. Sie hat sich auf Beschwerden und Schmerzen des Bewegungssystems spezialisiert. Dabei behandelt sie Muskeln, Gelenke, Wirbelsäule und fasziale Netzwerke manuell und vermittelt alltagsbezogene ökonomische Bewegungsformen um die Körperstruktur nachhaltig zu verbessern. In klientenzentrierter Gesprächstherapie entwickelt sie mit Patienten individuelle Strategien zur Stressbewältigung. Als Ernährungsberaterin liebt sie es außerdem Wissenswertes zum Thema "gesunde Ernährung" humorvoll aufzubereiten und praxistauglich ihren Patienten näherzubringen. Ernährungsberatung soll auf jeden Fall Genuss, Lebensfreude und auch Spaß vermitteln, denn sonst kommt das Wissen nicht an.
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