16.04.2018 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Hans-Böckler-Stiftung.
Bei wem laufen die Fäden zusammen? Wer ist ein gefragter Ansprechpartner und Ratgeber? Wer steht eher am Rande und bekommt selten Antworten auf seine Mails oder Beiträge im firmeninternen Social Network? In kleinen Betrieben weiß das jeder. In Großunternehmen hat das Management aber keinen Einblick in die sozialen Detailstrukturen, die viel über Kooperation, Konflikte und Motivation unter den Beschäftigten aussagen. Doch das ist vielleicht nur noch eine Frage der Zeit. Denn was für Laien nach Science-Fiction à la „The Circle“ klingt, ist technisch bereits möglich und praktisch in einzelnen Unternehmen schon Realität. Vielfach wird der „soziale Graph“ schon unentwegt gefüttert, ohne dass Auswertungen erfolgen: Mit jeder E-Mail, mit jedem Chat, mit jedem Tweet und jedem Like wird der Graph um eine Beziehung zwischen Kollegen ergänzt. Und erste Softwareprodukte kommen auf den Markt, um persönliche Stellungen und soziale Beziehungen in diesem Graphen zu analysieren. Systeme wie „Workplace Analytics“ von Microsoft oder „Organisational Analytics“ von IBM haben dieses Potenzial. Darauf weisen die Studienautoren, der Informatiker Prof. Dr. Heinz-Peter Höller und der Jurist Prof. Dr. Peter Wedde hin.
Die Professoren von der Hochschule Schmalkalden beziehungsweise der Frankfurt University of Applied Sciences warnen: Solche Methoden könnten vom Management künftig verstärkt genutzt werden, „um in die Belegschaft hineinzuhorchen“. In einem fiktiven, aber unter rein technischen Gesichtspunkten realistischen Szenario, stellen sie die Möglichkeit in den Raum, dass Arbeitgeber, die Entlassungen planen, sich an den Ergebnissen solcher Analysen orientieren: Wer nicht hinreichend vernetzt ist, riskiert berufliche Nachteile oder sogar eine Kündigung.
Damit es nicht so weit kommt, seien neben der Politik die Betriebsräte gefordert, Arbeitgebern genau auf die Finger zu sehen, wenn es um das Sammeln und Auswerten von Daten mit „sozialen Graphen“ geht. Rechtlich sind derartigen Formen der Vorratsdatenspeicherung zwar relativ enge Grenzen gezogen. Das geltende Recht müsse aber auch effektiv durchgesetzt werden, so Höller und Wedde.
Auswertungen der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, dass Betriebsvereinbarungen zu Datennutzung und -schutz längst einen Schwerpunkt der Betriebsratsarbeit bilden. Doch nur knapp die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland hat einen Betriebsrat an ihrer Seite – obwohl in jedem Betrieb mit mindestens fünf Beschäftigten eine Arbeitnehmervertretung gegründet werden kann. Zudem sei es notwendig, die Mitbestimmungsrechte auszubauen, betonen die beiden Wissenschaftler. Sie empfehlen die Schaffung eines neuen Mitbestimmungsrechts zum Datenschutz, da vorhandene Mitbestimmungsrechte dieses Thema bisher nicht direkt beinhalten.
Themen
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