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Stressreaktionen lassen sich vorhersagen

02.12.2015  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Johannes Gutenberg-Universität Mainz.

Stress und damit verbundene Probleme gewinnen zunehmend an Bedeutung. Die Problematik hat nicht nur Auswirkungen auf das Wohlbefinden einzelner Menschen, sondern auch eine gesamtwirtschaftliche Relevanz.

Der Mainzer Wirtschaftswissenschaftler Univ.-Prof. Dr. Klaus Wälde entwickelt vor diesem Hintergrund ein Modell, das den Ausbruch einer Stressreaktion anhand von Persönlichkeitsmerkmalen und dem sozialen und beruflichen Umfeld einer Person prognostiziert. Er hat außerdem mit weiteren Beteiligten ein Doktoranden­programm zur Stressforschung an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eingerichtet.

Stress ist ein sehr weit verbreitetes und damit viel beachtetes Phänomen: Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin schrieb 2012 einen „Stressreport“ und die Krankenkasse DAK-Gesund­heit erhob Stress zu ihrem zentralen Thema in ihrem Jahresbericht 2014. Die Vereinten Nationen veröffentlichen seit 2012 den „World Happiness Report“, in dem Stress ebenfalls eine zentrale Rolle spielt. Schließlich betont die OECD in ihrem Bericht zu mentaler Gesundheit die hohen ökonomischen und gesellschaftlichen Kosten mentaler Erkrankungen.

„Angesichts der Prominenz des Themas ist es erstaunlich, dass sich die Wirtschaftswissenschaften konzeptionell noch nicht mit Stress auseinander­gesetzt haben“, sagt Wälde. „Noch verwunderlicher erscheint dies, da das Wirtschaftsleben eine Vielzahl von stressverursachenden Ereignissen mit sich bringt. Beständig werden neue Technologien eingeführt, die Globalisierung begleitet die Menschheit seit Jahrzehnten, Rationalisierungsmaßnahmen sind an der Tagesordnung und auch Euro- und Finanzkrisen haben noch kein Ende gefunden.“

Vor diesem Hintergrund will Wälde im Rahmen seiner Forschungsarbeit die Ursachen von Stress und seine Auswirkungen auf einen Menschen und dessen soziales Umfeld besser konzeptionell darstellen. In seiner theoretischen Untersuchung geht er davon aus, dass Stress nicht „über Nacht“ entsteht, sondern sich nur langsam aufbaut. Jeder Mensch ist täglich unterschiedlichen stressverursachenden Ereignissen, sogenannten Stressoren, ausgesetzt. Zu diesen können z.B. der Weg zur Arbeit mit dem täglichen Stau, die Kollegen und Chefs gehören, aber auch seltenere Ereignisse wie Wohnungswechsel, Stellenwechsel oder auch, wieder in Kürze, der vorweihnachtliche Stress. Der langsame Anstieg von Stress impliziert, dass ein Mensch über relativ lange Zeit viel ertragen kann. Stress und die damit verbundenen Symptome zeigen sich erst langsam, die Auswirkungen von Stress häufen sich aber kontinuierlich an.

Es gibt nach Einschätzung von Wälde viele Möglichkeiten, dem auf konstruktive Weise entgegenzuwirken. Die Bewertung von Stressoren sei entscheidend: „Wenn wir das Glas als halb leer betrachten, würde dies Stress verursachen. Wenn wir aber das Glas als halb voll ansehen, würde dies zu einer Erleichterung der jeweiligen Problematik beitragen“, so der Volkswirt. Aber auch geeignete Gesprächspartner oder eine ausgeglichene Freizeitgestaltung seien hilfreich. Wenig vom Leben erwarten und emotional auf die dann vielen positiven Überraschungen reagieren, wäre nach Ansicht von Wälde eine hilfreiche Lebenseinstellung.

Werden ausgleichende Tätigkeiten zu lange vernachlässigt oder steigt das Stressniveau trotz Stress­bewältigungs­versuchen zu stark an, kann es zu „emotionalen Ausbrüchen" kommen. In Übereinstimmung mit modernen Aggressionsmodellen in der Psychologie entwickelt Wälde ein Modell, das es erlaubt, die Wahrscheinlichkeit von solchen Ausbrüchen auf Persönlichkeitseigenschaften von Personen und deren soziales und berufliches Umfeld zurückzuführen. Kennt man eine Person und ihr Umfeld genau, ist es möglich, die Häufigkeit solcher Ausbrüche zu bestimmen und auch den möglichen Erfolg therapeutischer Maßnahmen abzuschätzen.


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