18.11.2016 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Mit der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) wurde es in Deutschland Gesetz. Nach § 312a Abs. 5 BGB gilt:
„Eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass der Verbraucher den Unternehmer wegen Fragen oder Erklärungen zu einem zwischen ihnen geschlossenen Vertrag über eine Rufnummer anruft, die der Unternehmer für solche Zwecke bereithält, ist unwirksam, wenn das vereinbarte Entgelt das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigt…“
Danach sollen also Kunden, die einen Vertrag schon geschlossen haben (nicht Neukunden) bei Anrufen nicht mehr zahlen als „für die bloße Nutzung“. Was das ist, darüber ist man sich bis heute nicht einig. Auch in der VRRL ist das nicht viel deutlicher geregelt. In Art. 21 ist die Rede vom Grundtarif, dessen Kosten nicht überschritten werden sollen.
Was aber ist in Zeiten von Flatrate und Mobilfunk der Grundtarif? Bislang galt in Deutschland die Auffassung, dass 0180-Service-Nummern auch dann, wenn sie etwas mehr kosten als ein Ortsgespräch, in Ordnung sind. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn der Händler, der die Nummer für seine Kunden einsetzt, nicht daran verdient. Nachdem es früher Shared-Cost-Nummern gab, bei denen sich Telekommunikationsunternehmen und Händler die Erträge teilten, sind heute Kick-Back-Zahlungen der Telekommunikationsunternehmen an die Händler nicht unüblich. Dabei wird darauf geachtet, dass Anrufe von Vertragskunden nicht eingerechnet werden.
Die Zentrale gegen unlauteren Wettbewerb (Wettbewerbszentrale) wollte es genau wissen und klagte gegen ein Unternehmen, welches seinen Vertragskunden eine 0180er Nummer anbot. Bei solchen Nummern können je nach Schlussziffer Gebühren bis zu 20 Cent pro Minute aus dem nationalen Festnetz fällig werden. Mobilfunkanrufer zahlen bis zu 42 Cent pro Minute.
Die Richter beim angerufenen Landgericht Stuttgart legten dem Europäischen Gerichtshof (dort Rechtssache C-568/15) die Frage vor, was man unter einem Grundtarif verstehen können soll. Dort wird immer ein Generalanwalt mit der Voruntersuchung beauftragt. Seinem Votum folgt der EuGH sehr häufig (in ca. dreiviertel aller Fälle), so dass man jetzt aufmerken muss. Denn Generalanwalt Maciej Szpunar, einer der 11 Generalanwälte beim EuGH, die dem Gericht einen Vorschlag zur Entscheidung machen, sieht laut Pressemeldung vom 10.11.2016 bei der Nutzung von 0180-Nummern Europarecht verletzt.
Folgt man dieser Ansicht, dann dürfen einem Verbraucher, der beim Unternehmer Erklärungen zu einem geschlossenen Vertrag stellen will, keine höheren Telefonkosten entstehen als bei einem Ortsgespräch im Festnetz oder per Mobilfunk. So jedenfalls ist das Votum zu verstehen, das von einem Entgelt für einen gewöhnlichen Anruf zum marktüblichen Preis als Obergrenze spricht. Höhere Telefonkosten könnten den Verbraucher abschrecken, wenn er Fragen zu Wiederruf, Lieferung, Rechnung oder bei Mängeln hat.
Unternehmer sollten sich darauf einstellen, dass die Zeiten der uneingeschränkten Nutzung der 0180er Nummern bald vorbei sein können. Allerdings kann der EuGH auch vom Votum des Generalanwalts noch abweichen.
Oft werden die Servicenummern im Impressum und in der Widerrufsbelehrung genutzt. Für eine noch teurere 0190-Nummer hat das OLG Frankfurt a. M. (Urt. v. 2.10.2014, 6 U 219/13) schon die Unzulässigkeit festgestellt. Auch wenn günstigere 0180-Nummern noch genutzt werden könnten, ginge das jedenfalls nicht mehr nach einem negativen EuGH-Urteil. Jedenfalls müsste Vertragskunden eine günstigere Nummer angeboten werden als Neukunden, die sich etwa nach Konditionen erkundigen wollen.
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