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Neue höchstrichterliche Rechtsprechung zu Sachbezügen (Teil 3)

08.03.2011  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Lesen Sie hier die Fortsetzung der Erläuterung von Ihrem Experten Volker Hartmann zu den neuen Spielräume für Arbeitgeber bei der Anwendung der Sachbezugsfreigrenze.

Teil 1 können Sie hier noch einmal nachlesen »

Teil 2 können Sie hier noch einmal nachlesen »

2. BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 27/09

Im hier streitigen Sachverhalt räumte ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern das Recht ein, bei einer Vertragstankstelle gegen Vorlage einer elektronischen Karte zu tanken. Auf dieser Karte waren die Literzahl eines bestimmten Kraftstoffs und der Höchst­betrag von 44 Euro gespeichert. Der Arbeitgeber behandelte diesen Sachverhalt nach Anwendung der Sachbezugsfreigrenze als steuerfreie Sachzuwendung. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, die Sachbezugsfreigrenze komme nicht zur Anwendung.

Das Finanzgericht folgte zunächst der Auffassung des Finanzamtes und führte aus, dass die Zuwendung von Kraftstoff gegen Vorlage einer elektronischen Karte wirtschaftlich Bargeldersatz und damit keine Sachzuwendung darstelle. Die Argumentation, dass es für die Besteuerung keinen Unterschied machen könne, ob der Arbeitgeber einerseits seinen Arbeitnehmern einen Geldbetrag von 44 Euro zuwende, mit dem er beliebige Waren einkaufen könne, oder ob der Arbeitgeber andererseits seinen Arbeitnehmern einen Gutschein im Wert von 44 Euro überlasse, um damit beliebige Sachen zu erwerben, wies der Bundesfinanzhof zurück. Die unterschiedliche Behandlung von Barlohn und Sachzuwendungen basiert auf gesetzlicher Regelung und hält sich angesichts der Vereinfachungs- und Typisie­rungsfunktion von Pauschbeträgen im verfassungsrechtlich zulässigen Rahmen. Analog zum BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 21/09 handelt es sich auch im hier vorliegenden Fall um einen Sachbezug. Soweit der Wert dieser Sachzuwendung die Sachbezugsfreigrenze nicht übersteigt, handelt es sich um steuerfreien Arbeitslohn. Wenn eine Aufmerksamkeit im Sinne von R 19.6 Absatz 1 LStR vorliegt, handelt es sich nicht um Arbeitslohn.

Eine Lohnversteuerung sowie eine Verbeitragung zur Sozialversicherung kommen daher in beiden Fällen nicht in Betracht.

3. BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 41/10

In einem weiteren streitigen Sachverhalt händigte ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern in regelmäßigen Abständen Tankgutscheine aus. Die Gutscheine waren mit einer Mengenangabe und der Kraftstoffsorte versehen. Wenn die Arbeitnehmer ihr Fahrzeug betankten, verauslagten diese zunächst den Rechnungsbetrag, der ihnen später vom Arbeitgeber erstattet wurde.

Auch in diesem Fall behandelte der Arbeitgeber diese Geschäftsvorfälle nach Anwendung der Sachbezugsfreigrenze als steuerfreie Sachzuwendung. Das Finanzamt hingegen vertrat die Auffassung, die Sachbezugsfreigrenze komme mangels Sachzuwendung nicht zur Anwendung. Das Finanzgericht folgte zunächst der Auffassung des Arbeitgebers, weil die übergebenen Papiere keine Warengutscheine seien, sondern ein Zahlungsversprechen und damit eine Barlohnzahlung.

Analog zu den vorstehend genannten Urteilen stellte der Bundesfinanzhof klar, dass es sich um Sachzuwendungen handelt, wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Tankgutscheine überlässt, die an einer beliebigen Tankstelle eingelöst werden können. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Kosten zunächst verauslagt und den Rechnungsbetrag dann von seinem Arbeitgeber erstattet bekommt. Der Bundesfinanzhof vertritt die Auffassung, dass es sich hierbei lediglich um eine Abkürzung des Zahlungsweges handele, was jedoch keinen Einfluss auf eine Umqualifizierung einer Sachzuwendung in Barlohn hat. In diesem Zusammenhang liegt eine Sachzuwendung auch dann vor, wenn der Arbeitgeber die Sache nicht unmittelbar aushändigt, sondern der Arbeitnehmer die Sache von einem Dritten erwirbt und danach mit seinem Arbeitgeber abrechnet. Auch hier ist darauf abzuzielen, ob der Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Barlohn oder Anspruch auf eine Sachzuwendung hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Arbeitnehmer an Stelle der Sachzuwendung ersatzweise einen Anspruch auf Barauszahlung hat. In diesem Falle liegt stets steuerpflichtiger Arbeitslohn vor; die Sachbezugsfreigrenze kommt dann nicht zur Anwendung.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist es unbeachtlich, ob der Arbeitnehmer eine konkrete Ware oder Dienstleistung erhält oder ob dem Arbeitnehmer lediglich ein Gutschein überlassen wird, die ihn zum Bezug einer beliebigen Ware oder Dienstleistung berechtigt und bei einem Dritten einzulösen und auf den Kaufpreis anzurechnen sind.

Laut R 8.1 Absatz 1 Satz 7 LStR liegt regelmäßig kein Sachbezug vor, wenn neben der Bezeichnung der abzugebenden Ware oder Dienstleistung auf dem Gutschein ein anzurechnender Betrag oder Höchstbetrag angegeben ist. Diese einschränkende Regelung erkennt der Bundesfinanzhof nicht an, weil die Zuwendung einer Sache durch Nennung einer Wertobergrenze nicht zu einer Geldzuwendung wird.

Weil die Benzingutscheine die Arbeitnehmer lediglich zum Bezug von Kraftstoff berechtigen und keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass diese auch das Recht hatten, auf die Betankung zu verzichten und stattdessen eine Geldleistung in Höhe des Gegenwertes zu beanspruchen, handelt es sich zweifelsfrei um eine Sachzuwendung. Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass es unbedeutend ist, ob der Benzingutschein über 30 Liter Normalbenzin oder über Normalbenzin im Werte von 30 Euro lautet. In beiden Fällen kann der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber jeweils nur einen Sachbezug und keineswegs einen Geldbezug beanspruchen.

Wie in den beiden oben zitierten Urteilen handelt es sich auch im hier vorliegenden Fall um Sachzuwendungen und nicht um Geldzuwendungen. Entsprechend können sowohl eine Lohnversteuerung als auch eine Verbeitragung zur Sozialversicherung unterbleiben, soweit der Wert der Sachzuwendungen im jeweiligen Kalendermonat die Sachbezugsfreigrenze nicht übersteigt.

Fortsetzung folgt

Anhang

Leitsatz: BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 27/09
Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG jede nicht in Geld bestehende Einnahme
  • Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlohn oder Sachbezügevorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmervom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft.

  • Sachbezüge i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG liegen auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den Arbeitnehmer mit der Auflage verbindet, den empfangenen Geldbetrag nur in einerbestimmten Weise zu verwenden (Änderung der Rechtsprechung gegenüber Senatsurteil vom 27. Oktober 2004 VI R 51/03, BUHE 207, 314, Bastel II 2005, 137).

  • Räumt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer das Recht ein, bei einer bestimmten Tankstelle auf seine Kosten tanken zu dürfen, liegt ein Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG vor.
Vorinstanz: FG Baden-Württemberg vom 18. Dezember 2008 13 K 2626/07 (FEG 2009, 1373)

Leitsatz: BFH-Urteil vom 11.11.10, VI R 41/10
Sachbezug i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG auch bei Kostenerstattung nicht ausgeschlossen
  • Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ob Barlohn oder Sachbezüge vorliegen, entscheidet sich nach dem Rechtsgrund des Zuflusses, also danach, was der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber beanspruchen kann. Es kommt nicht darauf an, auf welche Art und Weise der Arbeitgeber den Anspruch erfüllt und seinem Arbeitnehmer den zugesagten Vorteil verschafft.

  • Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer bei einer beliebigen Tankstelle einlösbare Benzingutscheine, wendet er seinem Arbeitnehmer auch dann eine Sache i.S. des § 8 Abs. 2 Sätze 1 und 9 EStG zu, wenn der Arbeitnehmer auf seine Kosten tankt und sich gegen Vorlage der Benzingutscheine von seinem Arbeitgeber die Kosten erstatten lässt.
Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz vom 25. November 2009 2 K 1432/09


Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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