24.05.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Europäische Kommission.
Die Bundesregierung soll Ineffizienzen im Steuersystem abbauen und mehr Wettbewerb im Dienstleistungssektor zulassen. Zu Renten und Beschäftigung schlägt die Kommission Deutschland vor, weitere Anreize für eine spätere Verrentung zu schaffen, Fehlanreize für Zweitverdiener abzubauen sowie Geringverdiener steuerlich weniger zu belasten.
Das Gesamthaushaltsdefizit im Euro-Währungsgebiet wird dieses Jahr voraussichtlich auf 1,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zurückgehen, nach seinem Höchststand von 6,1 Prozent im Jahr 2010. Der für den Euro und den sozialen Dialog zuständige Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis wies darauf hin, dass Anpassungsmaßnahmen in einer Reihe von Ländern weiterhin notwendig seien, besonders in den Ländern mit hohen Schuldenständen.
Pierre Moscovici, der für Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll zuständige Kommissar sagte, das verlangsamte globale Wachstum erfordere mehr Tempo bei zielgerichteten Reformen für die europäische Wirtschaft.
Deutschland gehört mit Finnland, Irland, den Niederlanden, Spanien, Slowenien, und Schweden zu den Ländern mit makroökonomischen Ungleichgewichten. Übermäßige Ungleichgewichte bestehen in Kroatien, Frankreich, Italien, Portugal, Zypern und Bulgarien. Gegen kein Land ist die Einleitung eines Verfahrens wegen übermäßigem Ungleichgewicht erforderlich, Zypern, Irland und Slowenien können voraussichtlich mit der Einstellung des Defizitverfahrens rechnen. Griechenland durchläuft derzeit ein Stabilitätshilfeprogramm und erhält keine länderspezifischen Empfehlungen.
Zu Portugal und Spanien empfiehlt die Kommission dem Rat, diesen Ländern eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits in den Jahren 2016 bzw. 2017 zu empfehlen. Die Kommission wird die Situation dieser beiden Mitgliedstaaten Anfang Juli erneut überprüfen.
Die Kommission bestätigt, dass bei Kroatien und Portugal von übermäßigen Ungleichgewichten auszugehen ist. Sie sollten ihre Reformagenda strikt und fristgerecht umsetzen. Eine Verschärfung des Verfahrens bei einem makroökonomischen Ungleichgewicht ist jedoch nicht geboten, da die nationalen Reformprogramme beider Länder im Großen und Ganzen ambitioniert sind und bestätigen, dass beide Länder einen Abbau der übermäßigen Ungleichgewichte anstreben.
Für Belgien, Italien und Finnland kommt die Kommission nach Analyse der einschlägigen Faktoren zu dem Schluss, dass der Stabilitäts- und Wachstumspakt derzeit als erfüllt gelten sollte. In Bezug auf Italien wird die Kommission ihre Bewertung der einschlägigen Faktoren im Herbst, wenn Informationen zum weiteren Verlauf des Anpassungspfads in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel für 2017 zur Verfügung stehen, in einem neuen Bericht überprüfen.
Die Mitgliedstaaten sind bei ihren Reformen im letzten Jahr vorangekommen, müssen das Tempo jedoch noch beschleunigen, um einen angemessenen Beitrag zu Arbeitsplätzen, Wachstum und Investitionen zu leisten. Die länderspezifischen Empfehlungen wurden in den verschiedenen Politikfeldern in unterschiedlichem Maße umgesetzt.
Die deutlichsten Fortschritte wurden bei der Umsetzung der Empfehlungen zu den Finanzdienstleistungen und zu aktiven Arbeitsmarktmaßnahmen erzielt. Dagegen wären bei der Schaffung unternehmens- und beschäftigungsfreundlicher regulatorischer Rahmenbedingungen, der Erwerbsbeteiligung von Frauen und beim Abbau von Hemmnissen im Dienstleistungssektor mehr Fortschritte zu erwarten gewesen. Mitgliedstaaten mit Ungleichgewichten sind bei der Umsetzung weiter vorangekommen als Mitgliedstaaten ohne Ungleichgewichte, was vermutlich auf den größeren Reformbedarf, den intensiveren politischen Dialog und in einigen Fällen auch den stärkeren Druck der Märkte zurückzuführen ist.
In Ländern mit hohen Auslandsverbindlichkeiten haben sich die hohen Leistungsbilanzdefizite aus der Zeit vor der Krise beträchtlich verringert oder sogar in einen Überschuss verwandelt. Einige andere Mitgliedstaaten weisen nach wie vor sehr hohe Überschüsse auf. Die Kostenwettbewerbsfähigkeit hat sich generell verbessert. Die Arbeitslosigkeit geht zurück, wenn auch in unterschiedlichem Maße in den einzelnen Mitgliedstaaten. Die Bilanzbereinigung kommt voran: Sowohl Privathaushalte als auch Unternehmen bauen Schulden ab und die Banken haben ihre Kapitaldecke verstärkt.
Die meisten Länder setzen beim Schuldenabbau vor allem auf eine Drosselung der Ausgaben, doch in manchen Ländern ging der relative Schuldenstand dank eines kräftigen Wachstums zurück. Vor diesem Hintergrund geben die mit dem hartnäckigen Schuldenüberhang in einigen Sektoren verbundenen Anfälligkeiten weiterhin zur Sorge Anlass, während der Finanzsektor mit niedriger Rentabilität und einem hohen Bestand an notleidenden Altkrediten sowie der Notwendigkeit zur Anpassung an einen anspruchsvolleren Regulierungsrahmen zu kämpfen hat.
Die länderspezifischen Empfehlungen spiegeln auch das Bemühen der Kommission wider, das Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Steuerung wirksamer und relevanter zu gestalten: Sie hat dieses Jahr die Zahl der Empfehlungen weiter gesenkt und dabei den Schwerpunkt auf wichtige wirtschafts- und sozialpolitische Themen gelegt, die sie bereits in ihrem Jahreswachstumsbericht für 2016 herausgestellt hatte. Um die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten für den Prozess zu stärken, hat sie mehr Zeit in den Austausch mit den Mitgliedstaaten und den sonstigen Beteiligten auf allen Ebenen investiert. Ferner hat sie im Einklang mit der vereinbarten Empfehlung für die Wirtschaftspolitik im Euro-Währungsgebiet stärker die Herausforderungen für das Euro-Währungsgebiet und die Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in den Mittelpunkt gestellt.
Seit ihrem Amtsantritt hat die jetzige Kommission eine Reihe von Änderungen am Europäischen Semester vorgenommen, um es wirksamer und relevanter zu gestalten. Diese Änderungen wurden im November 2014 im Jahreswachstumsbericht 2015 angekündigt, Anfang 2015 näher ausgeführt und im Oktober 2015 in der Mitteilung über Schritte zur Vollendung der Wirtschafts- und Währungsunion bestätigt.
Diese Änderungen haben beispielsweise dazu geführt, dass die Kommission in den letzten Monaten zahlreiche Gespräche mit den Regierungen, nationalen Parlamenten, Sozialpartnern und sonstigen Interessenträgern geführt und in mehreren bilateralen Zusammenkünften mit den nationalen Stellen deren politische Prioritäten erörtert hat.
Im Februar hat die Kommission im Rahmen des so genannten „Winterpakets 2016“ ihre Länderberichte vorgelegt, in denen sie jeden einzelnen Mitgliedstaat einer eingehenden wirtschaftlichen und sozialen Analyse unterzieht.
Im April haben die Mitgliedstaten ihre Nationalen Reformprogramme sowie ihre Stabilitätsprogramme (im Falle der Euro-Länder) oder Konvergenzprogramme (Nicht-Euro-Länder) vorgelegt und gegebenenfalls über ihre Folgemaßnahmen zum Winterpaket des Europäischen Semesters berichtet.
Die heutigen Empfehlungen basieren auf diesen Gesprächen, den Programmen, den Wirtschaftsdaten von Eurostat und der vor kurzem veröffentlichten Frühjahrsprognose der Kommission für 2016.
Für Griechenland, das momentan ein Stabilitätshilfeprogramm durchläuft, enthält das heutige Paket keine Maßnahmen. An Griechenland werden auch keine länderspezifischen Empfehlungen gerichtet, da die Einhaltung der wirtschafts- und haushaltspolitischen Ziele im Rahmen dieses Programms bewertet wird.
Die Kommission bittet den Rat, die für den Zeitraum 2016 bis 2017 vorgeschlagene Vorgehensweise zu billigen und die länderspezifischen Empfehlungen anzunehmen und fordert die Mitgliedstaaten auf, diese vollständig und fristgerecht umzusetzen. Die zuständigen Minister werden die länderspezifischen Empfehlungen erörtern, bevor sie von den Staats- und Regierungschefs gebilligt werden. Danach ist es Aufgabe der Mitgliedstaaten, die Empfehlungen über ihre Haushaltsplanung für 2016 bis 2017 umzusetzen.