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Die 1 %-Regelung im Brennpunkt zwischen Steuergerechtigkeit und Verwaltungsvereinfachung

26.10.2011  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Volker Hartmann.

Ihr Experte Volker Hartmann erläutert für Sie ein aktuelles Urteil zur Dienstwagenbesteuerung.

Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer einen Firmenwagen überlässt, entsteht bekanntlich ein geldwerter Vorteil. Dieser geldwerte Vorteil kann entweder pauschal oder individuell im Rahmen der Fahrtenbuchmethode auf Grundlage der tatsächlichen Nutzungsverhältnisse angesetzt werden.

Wenn der Arbeitnehmer aus Vereinfachungsgründen kein Fahrtenbuch führen möchte oder wenn das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß im Sinne der Lohnsteuerrichtlinien ist, ist der geldwerte Vorteil nach Maßgabe von § 6 Absatz 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zwingend pauschal im Rahmen der 1 %-Regelung anzusetzen.

Bemessungsgrundlage

Bemessungsgrundlage für die pauschale 1 %-Regelung ist der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung. Das gilt auch für gebraucht erworbene und für Leasingfahrzeuge. Rabatte oder andere Vergünstigungen dürfen die Bemessungsgrundlage nicht mindern. Rabatte auf den Listenpreis, den der Erwerber regelmäßig beim Kauf eines PKW erhält, dürfen ausschließlich bei der Fahrtenbuchmethode berücksichtigt werden.

Urteil Niedersächsisches Finanzgericht vom 29.09.11, 9 K 394/10

In der lohnsteuerlichen Praxis sind viele Arbeitnehmer mit dieser Rechtsauffassung nicht einverstanden und beklagen sich, dass der Pauschalansatz im Rahmen der 1 %-Regelung nicht praxisorientiert sei. In diesem Zusammenhang legte ein Arbeitnehmer Einspruch gegen den Ansatz des geldwerten Vorteils ein. Das Niedersächsische Finanzgericht folgte der Auffassung des klagenden Arbeitnehmers jedoch nicht, sondern bestätigte die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung. Nach Auffassung des Finanzgerichtes hat sich der Gesetzgeber bei der typisierenden Betrachtungsweise durchaus an die gesetzlichen Rahmenbedingungen gehalten, weil der Arbeitnehmer die jederzeit die Möglichkeit hat, als Alternative zur 1 %-Regelung ein Fahrtenbuch zu führen. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung ließ das Finanzgericht jedoch die Revision zu. Damit ist die streitige Rechtsfrage nun beim Bundesfinanzhof anhängig. Der Bundesfinanzhof wird dann zu klären haben, ob die typisierende Betrachtungsweise im Rahmen der 1 %-Regelung dem Vorbehalt der realitätsgerechten Erfassung der Wirklichkeit nicht entgegen steht. Ob und wie sich der Bundesfinanzhof in dieser Rechtsfrage entscheiden wird, ist derzeit nicht absehbar.

Auswirkungen für die Praxis

Der Bund der Steuerzahler rät, in Anlehnung an das anhängige Verfahren einen Abschlag in Höhe von 20% auf die Bemessungsgrundlage vorzunehmen.

Hierzu ist Folgendes anzumerken:

Weil derzeit völlig unklar ist, wie sich der Bundesfinanzhof entscheiden wird, birgt der Abschlag in Höhe von 20% auf die Bemessungsgrundlage für den Arbeitgeber ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko. Im Falle einer Lohnsteueraußenprüfung besteht das Risiko, dass der Arbeitgeber vom Betriebstättenfinanzamt für die zu wenig einbehaltenen Steuerabzugsbeträge in Anspruch genommen wird. Bitte beachten Sie, dass die Rechtsprechung der Finanzgerichte für die Finanzverwaltung grundsätzlich nicht bindend ist. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die an das Betriebstättenfinanzamt nachzuentrichtenden Steuerabzugsbeträge an den Arbeitnehmer weiterbelasten; darüber hinaus muss eine nachträgliche Verbeitragung zur Sozialversicherung erfolgen. In diesem Zusammenhang muss der Arbeitgeber nicht nur die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung übernehmen, sondern darüber hinaus - aufgrund des gesetzlichen Rückbelastungsverbots in der Sozialversicherung - auch den Großteil der Arbeitnehmer-Anteile.

Daher ist es für den Arbeitgeber ratsam, den geldwerten Vorteil ordnungsgemäß nach den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu berechnen. Zur Sicherung seiner Rechte hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuererklärung Einspruch einzulegen. Im Falle eines positiven Urteilsspruches kann dann eine Korrektur der zu viel einbehaltenen Lohnsteuerabzugsbeträge erfolgen.

Wie wird es weitergehen? Wir werden Sie in gewohnter Weise auf dem Laufenden halten.

Quelle: Diplom-Finanzwirt (FH) Volker Hartmann, Hamburg

Der Autor:

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer und seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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