Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

Das MicroBilG im Praxistest – Am Beispiel einer Holdinggesellschaft - Teil I

17.09.2013  — Tobias Polka.  Quelle: Betriebswirtschaft im Blickpunkt Beihefter zur Juli-Ausgabe 2013.

Unser Experte Tobias Polka diskutiert das MicroBilG in der Praxis.

„Die Bundesregierung entlastet die deutsche Wirtschaft[…]“[1]. Mit dieser Aussage beginnt die Presseerklärung des Bundesministeriums der Justiz vom 19. September 2012. Hintergrund ist die Verabschiedung des Entwurfs des Gesetzes zur Erleichterung für Kleinstkapitalgesellschaften (MicroBilG). Dabei hat der deutsche Gesetzgeber seinen von der Europäischen Union gesteckten Spielraum im Rahmen der Micro-Richtlinie[2] genutzt und diese in Form des MicroBilG in nationales Recht transformiert. Doch welche Unternehmen sind von den neuen Regelungen im HGB betroffen und welche Auswirkungen haben diese sowohl auf das Zahlenwerk als auch auf den Adressatenkreis der Jahresabschlussdaten? Der nachfolgende Beitrag diskutiert die angekündigten Erleichterungen des MicroBilG insbesondere aus faktischer und wirtschaftlicher Sicht und zeigt tatsächliche Veränderungen des Informationsumfangs des Jahresabschlusses und der Erleichterungen im Rechnungswesen am Beispiel einer nicht kapitalmarktorientierten Konzernholdinggesellschaft in der Rechtsform einer GmbH auf. Dabei steht die Frage der tatsächlichen Entlastung der deutschen Wirtschaft im Vordergrund, womit eine erneute Darstellung / Diskussion der einzelnen Neuerungen nicht Ziel dieses Beitrags ist.

I. Einleitung

Am 29. November 2012 hat der Deutsche Bundestag, am Freitag, 14. Dezember 2012 schließlich auch der Bundesrat das Gesetz zur Erleichterung für Kleinstkapitalgesellschaften verabschiedet. Dieses sieht im Wesentlichen die Einführung einer zusätzlichen Größenklasse für Kapitalgesellschaften, die sogenannten Kleinstkapitalgesellschaften, durch die Schaffung eines neuen § 276a HGB vor. Erfüllt eine Kapitalgesellschaft oder eine Personenhandelsgesellschaft im Sinne des § 264a HGB die Anforderungen an eine Kleinstkapitalgesellschaft, können diverse Aufstellungs- und Offenlegungserleichterungen in Anspruch genommen werden, die über die bestehenden Regelungen für kleine Kapitalgesellschaften hinausgehen. Im Fokus des Anwendungsbereichs sind sicherlich zunächst bisher als kleine Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs.1 HGB kategorisierte Gesellschaften, insbesondere solche mit einem untergeordneten Geschäftsumfang wie zum Beispiel Start-Up’s oder Vorratsgesellschaften sowie kleine Vertriebsgesellschaften. Aber auch Konzernmuttergesellschaften, sog. Holdinggesellschaften mit hohen Finanzierungs- und Verwaltungstätigkeiten können unter den neugeschaffenen § 267a HGB fallen. Deren Geschäftszweck stellt in der Regel das Halten und Verwalten von Beteiligungen sowie die Wahrnehmung von Finanzierungsaufgaben für den Konzern dar. Dabei stellt sich im Wesentlichen die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der § 267a HGB Anwendung finden kann und welche vom Gesetzgeber eingeräumten Erleichterungen tatsächlich zu einer Kosten- und Aufwandsreduzierung führen. Der nachfolgende Beitrag beantwortet diese Fragen am Beispiel der AB Holding GmbH. Die AB Holding GmbH ist eine Konzernholding mit sechs Mitarbeitern und der Funktion des Haltens, der Verwaltung sowie dem Kauf- und Verkauf von Beteiligungen. Zu Ihren Aufgaben gehört insbesondere die Sicherstellung der Liquidität der Konzerngesellschaften, sodass sich ein wesentlicher Teil der Geschäftsaktivität im Bereich der Finanzierungsverwaltung konzentriert. Als Konzernmuttergesellschaft stellt die AB Holding GmbH den Konzernabschluss des AB Konzerns auf.

II. Status Quo

a. Aufstellung

Die AB Holding GmbH stellt den Jahresabschluss nach den Vorschriften des 3. Buches des HGB unter Berück-sichtigung des GmbH – Gesetzes auf. Der Jahresabschluss besteht aus einer Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie einem Anhang. Insbesondere im Hinblick auf einzelvertragliche Vereinbarungen mit Fremdka-pitalgebern zur Sicherstellung derer Informationsbedürfnisse wird der Jahresabschluss nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB aufgestellt und auch in dieser Version dem Ab-schlussprüfer im Rahmen einer freiwilligen Jahresabschlussprüfung vorgelegt. Der Jahresabschluss wurde wie folgt aufgestellt und mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk testiert:

Bilanz – Aktiva

AKTIVA31.12.2012
  T EURO
A.Anlagevermögen 
 I.  Immaterielle Vermögensgegenstände 
     Konzessionen, gewerbliche Schutzrechte und ...100
100
 II.  Sachanlagen 
     1. Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten ...1.500
     2. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung750
  2.250
 III.  Finanzanlagen 
     1. Anteile an verbundenen Unternehmen25.000
     2. Ausleihungen an verbundene Unternehmen4.000
  29.000
Summe Anlagevermögen31.350
B.Umlaufvermögen 
 I.  Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände 
     1. Forderungen gegen verbundene Unternehmen120.000
     2. Forderungen gegen Gesellschafter4.500
     3. Sonstige Vermögensgegenstände3.500
  128.000
 II.  Schecks, Kassenbestand, Bundesbank und ...25.000
Summe Umlaufvermögen153.000
C.Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten1.200
Bilanzsumme185.550



Bilanz – Passiva

PASSIVA31.12.2012
  T EURO
A.Eigenkapital 
 I.  Kapitalanteile10.000
 II.  Kapitalrücklage12.000
 III.  Gewinnvortrag30.000
 IV.  Jahresüberschuss7.689
Summe Eigenkapital59.689
B.Rückstellungen 
 1.  Steuerrückstellungen0
 2.  Sonstige Rückstellungen800
  800
C.Verbindlichkeiten 
 1.  Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten115.000
 2.  Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen61
 3.  Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern1.600
 4.  VVerbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen7000
 5.  Sonstige Verbindlichkeiten1.400
  125.061
Bilanzsumme185.550

Die Bilanz folgt der Gliederung nach § 266 HGB für große Kapitalgesellschaften und ist geprägt durch ein für Holding Gesellschaften typisches umfangreiches Finanzanlagevermögen sowie hohen Ausleihungen, Forderun-gen und Verbindlichkeiten gegen verbundene Unternehmen sowie hohen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditin-stituten. Daraus resultiert eine Bilanzsumme von TEUR 185.550. Die Anteile an verbundenen Unternehmen beinhalten sowohl Anteile an Kapital- als auch an Personengesellschaften. Eine Aufstellung des Anteilsbesitzes wird gemäß § 285 Nr. 11 HGB im Anhang dargestellt.

Gewinn und Verlustrechnung

GEWINN UND VERLUSTRECHNUNG2012
  T EURO
1.Sonstige betriebliche Erträge3.000
2.Personalaufwand 
 a) Löhne und Gehälter-1.000
 b) Soziale Abgaben und Aufwendungen für...-72
  -1.072
3.Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände und auf Sachlagen-380
4.Sonstige betriebliche Aufwendungen-2.500
5.Erträge aus Beteiligungen12.000
6.Erträge aus anderen Wertpapieren und Ausleihungen des Finanzanlagevermögens200
7.Aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags erh. Gewinne4.500
8.Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge8.500
9.Zinsen und ähnliche Aufwendungen-9.000
10.Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit15.248
11.Steuern vom Einkommen und vom Ertrag-7.553
12.Sonstige Steuern-6
13.Jahresergebnis7.689

Die Gewinn- und Verlustrechnung weist typischerweise keine Umsatzerlöse aus. Dies liegt in der Tatsache be-gründet, dass die AB Holding GmbH lediglich Erträge aus Mieten und Pachten, Verwaltungskostenumlagen, Beteiligungs- sowie Gewinnabführungserträgen und aus Zinsen und ähnlichen Erträgen erwirtschaftet. Diese Erträge sind entweder in den sonstigen betrieblichen Erträgen oder im Finanzergebnis auszuweisen. Die Position Materialaufwand sowie eine mögliche Bestandsveränderung fehlen auf Grund des Gesellschaftszwecks gänzlich. Der Ausweis eines Rohergebnisses gemäß § 276 HGB wird nicht vorgenommen, da dies einzig aus den sonstigen betrieblichen Erträgen bestehen würde. Die gesetzliche Aufstellungserleichterung findet deshalb keine Anwendung.

Anhang

Der Anhang orientiert sich an den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften. Vor dem Hintergrund der Auf-stellungspflicht eines Konzernabschlusses beinhaltet dieser auch ein Anlagengitter. Die Erleichterung über die Aufstellung eines Anlagengitters gem. § 274a Nr.1 HGB wird demnach nicht in Anspruch genommen. Aber auch die Fremdkapitalgeber der AB Holding GmbH drängen auf detaillierte Erläuterungen. Aus diesem Grund werden die rechtlich möglichen Erleichterungen im Rahmen der Aufstellung gemäß § 288 HGB nicht genutzt, da sie faktisch durch die Vereinbarungen in den Darlehensverträgen (teilweise) nicht angewendet werde können. Insbesondere umfasst der Anhang Angaben über den Beteiligungsbesitz, Angaben zu nicht passivierten Pensi-onsverpflichtungen auf Grund von sog. Altzusagen, Angaben über die Bezüge der Geschäftsführung, einen Rückstellungsspiegel sowie Angaben über sonstige finanzielle Verpflichtungen gemäß § 285 Nr. 3a HGB auf Grund von langfristigen Mietverpflichtungen für Grundstücke und Betriebsgebäude. Diese Grundstücke und Betriebsgebäude wurden von (Leasing-) Zweckgesellschaften errichtet, an die AB-Holding GmbH vermietet und sind handelsrechtlich bei der Zweckgesellschaft zu bilanzieren. Die AB-Holding GmbH hat sämtliche Kosten als Aufwendungen erfasst und zeigt die Geschäftsvorfälle „off-balance“. Demnach macht die AB-Holding GmbH Angaben gemäß § 285 Nr.3 HGB in Bezug zu Art und Zweck sowie Risiken und Vorteilen aus diesen nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften. Die langfristigen Mietverpflichtungen aus diesen Geschäften beziffern sich auf TEUR 30.000.

Zwischenfazit:

Trotz möglicher gesetzlicher Aufstellungserleichterungen gemäß §§ 266 (1) S.3, 274a, 276 HGB sowie § 288 HGB wird der Umfang der Aufstellungsarbeiten durch faktische Zwänge, den Informationsbedürfnissen einzel-ner Stakeholder, hier insbesondere der Banken, gerecht zu werden, nicht verringert. Auch vor dem Hintergrund der E-Bilanz, die für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2012 beginnen erstmals verpflichtend zu erstellen und zu übermitteln ist, benötigt die AB-Holding umfangreiche Daten aus dem Rechnungswesen. Die Aufstellungserleichterungen finden deshalb (zunächst) keine Anwendung.

b. Offenlegung

Auf Basis des testierten Jahresabschlusses der unter den genannten Bedingungen unter II.a. aufgestellt wurde, werden zu Offenlegungszwecken von der AB Holding GmbH sämtliche Erleichterungen in Anspruch genommen, die den Umfang der offenzulegenden Abschlussinformationen verringern. Die Priorität der Gesellschaft liegt dabei insbesondere auf der Minimierung der Jahresabschluss - Informationen für den Wettbewerb. In erster Linie fällt dabei der Blick auf die Offenlegungserleichterungen gem. § 326 HGB in Verbindung mit § 325 HGB. Danach brauchen kleine Kapitalgesellschaften nur die Bilanz und den Anhang offenzulegen. Insbesondere die im Anhang enthaltenen Angaben zur Gewinn- und Verlustrechnung entfallen bei der Offenlegung des Anhangs. Hat eine kleine Kapitalgesellschaft, wie in diesem Fall die AB Holding GmbH, von den Aufstellungserleichterungen keinen Gebrauch gemacht, stellt sich die Frage, ob die Erleichterungen gemäß § 276 HGB für die Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung sowie nach § 288 Abs.1 HGB für den Anhang erst für Zwecke der Offenlegung in Anspruch genommen werden dürfen. Dies bejaht die herrschende Meinung[3] mit einem Blick auf den 47. Artikel der 4. EG Richtlinie, die die Basis des heutigen § 326 HGB darstellt. Danach kommt es nicht darauf an in der Weise offen zu legen wie aufgestellt wurde, sondern wie hätte aufgestellt werden können. Dieser Meinung folgend, hat die AB Holding GmbH ihr Wahlrecht genutzt und für die Offenlegung sowohl von den Aufstellungserleichterungen gemäß §§ 266 (1) S.3, 274a, 276 HGB sowie § 288 HGB als auch von den Offenlegungserleichterungen gemäß § 326 HGB Gebrauch gemacht. Danach ergibt sich für die Offenlegung folgende Bilanz:

AKTIVA31.12.2012
  T EURO
A.Anlagevermögen 
 I.  Immaterielle Vermögensgegenstände100
 II.  Sachanlagen2.250
 III.  Finanzanlagen29.000
Summe Anlagevermögen31.350
B.Umlaufvermögen 
 I.  Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände128.000
 II.  Schecks, Kassenbestand, Bundesbank und ...25.000
Summe Umlaufvermögen153.000
C.Aktiver Rechnungsabgrenzungsposten1.200
Bilanzsumme185.550

PASSIVA31.12.2012
  T EURO
A.Eigenkapital 
 I.  Kapitalanteile10.000
 II.  Kapitalrücklage12.000
 III.  Gewinnvortrag30.000
 IV.  Jahresüberschuss7.689
Summe Eigenkapital

59.689
B.Rückstellungen800
C.Verbindlichkeiten125.061
Bilanzsumme185.550

Sämtliche notwendige davon-Vermerke der Bilanz sind im Anhang angegeben. Der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers ist auf Grund der freiwilligen Prüfung nicht Bestandteil der offenzulegenden Unterlagen.


Lesen Sie nächste Woche Teil II des Artikels.


nach oben