18.02.2014 — Volker Hartmann. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
Im letzten Beitrag haben wir Sie darüber informiert, wie bei der Bewirtung eines Arbeitnehmers ein Arbeitsessen bzw. Belohnungsessen von einer Bewirtung auf Veranlassung des Arbeitgebers abzugrenzen ist. In diesem Beitrag wollen wir Sie darüber informieren, welche Rolle hierbei die neue 60 Euro-Grenze (vgl. § 8 Absatz 2 Satz 8 ff. EStG 2014, BMF-Schreiben vom 30.09.13, Rz. 66) spielt.
Eine Kürzung bei einer Bewirtung auf Veranlassung des Arbeitgebers um 4,80 Euro bzw. 9,60 Euro kommt immer nur dann in Betracht, wenn der Wert der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt. Übersteigt der Wert der Mahlzeit 60 Euro, ist die Mahlzeit in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen als Arbeitslohn zu erfassen (vgl. BMF-Schreiben vom 30.09.13, Rz. 66).
Der Arbeitnehmer könnte Werbungskosten geltend machen:
Wert der Mahlzeit bis 60 Euro | Wert der Mahlzeit über 60 Euro |
Kein Arbeitslohn Kürzung der Pauschalen um 4,80 Euro bzw. 9,60 Euro |
Ansatz der Mahlzeit mit tats. Kosten als Arbeitslohn |
Der Arbeitnehmer könnte keine Werbungskosten geltend machen:
Es liegt ein geldwerter Vorteil vor
Wert der Mahlzeit bis 60 Euro | Wert der Mahlzeit über 60 Euro |
Bewertungsmaßstab Sachbezugswert | Bewertungsmaßstab tatsächliche Kosten |
keine Anwendung der Sachbezugsfreigrenze |
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Pauschalversteuerung möglich | keine Pauschalversteuerung möglich |
Der IT-Spezialist Eduard Schneemann nimmt an einem internationalen mehrtägigen Kongress in Moskau teil. Der Arbeitgeber trägt die Reisekosten (Flugkosten, Übernachtungskosten sowie die Verpflegungskosten für die im Rahmen der Veranstaltung gewährten Mahlzeiten) in vollem Umfang, darüber hinaus Verpflegungsmehraufwendungen in Hohe der gesetzlich zulässigen Höchstbeträge.
Der Kongress endet am letzten Veranstaltungstag mit einem Galadiner. Die Kosten für dieses Abschlussessen betragen 100 Euro und werden dem Arbeitgeber separat in Rechnung gestellt. Weil der Wert der Mahlzeit 60 Euro übersteigt, ist die Mahlzeit mit den tatsächlichen Kosten als Arbeitslohn zu erfassen.
Die höchste Verpflegungsmehraufwandspauschale für Moskau beläuft sich auf 48 Euro. Weil eine Mahlzeit gewährt wird, deren Aufwendungen 60 Euro übersteigen, ist ein (zusätzlicher) geldwerter Vorteil in Höhe des Wertes der Mahlzeit zu erfassen.
Die Biologin Herta Hortensie nimmt an einer mehrtägigen Veranstaltung für Molekularbiologie teil. Der Arbeitgeber trägt die Reisekosten (Flugkosten, Übernachtungskosten sowie die Verpflegungskosten für die im Rahmen der Veranstaltung gewährten Mahlzeiten) in vollem Umfang. Darüber hinausgehend werden keine Reisekostenerstattungen gewährt.
Die Veranstaltung endet mit einem dreistündigen Gedankenaustausch mit anschließenden gemeinsamen Abendessen. Aus der Agenda ergibt sich nicht, dass es sich um eine besonders kostspielige Mahlzeit handelt.
Daher käme in diesem Sachverhalt eine Kürzung der Verpflegungsmehraufwendungen um 20 bzw. 40% der maßgebenden Pauschale in Betracht. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Wert der Mahlzeit 60 Euro übersteigt. Weil der Arbeitgeber im hier vorliegenden Fall keine Verpflegungsmehraufwendungen gewährt, entfällt die Kürzung der Pauschalen. Weitere lohnsteuerliche Konsequenzen sind nicht zu ziehen.
Soweit die Arbeitnehmerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung Werbungskosten geltend macht, erfolgt die Kürzung des Werbungskostenansatzes bei der Einkommensteuerveranlagung.
Ein Industrieverband lädt zu einer Jahresauftaktveranstaltung mit einem festlichen Abendessen ein. Der Teilnehmerbeitrag beläuft sich auf 220 Euro. Darin enthalten sind auch die Kosten für das Abendessen. Der Wert der Mahlzeit übersteigt 60 Euro. Die Veranstaltung beginnt um 17 Uhr und endet um 23 Uhr.
Der Geschäftsführer Bruno Backfisch nimmt an dieser Veranstaltung teil. Er verlässt seine erste Tätigkeitsstätte um 18:30 Uhr. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Er kehrt um 23:30 Uhr an seine Wohnung zurück. Die Teilnahme an der Jahresauftaktveranstaltung ist reisekostenrechtlich als Auswärtstätigkeit anzusehen.
Weil die Mindestabwesenheit von der Wohnung und der regelmäßigen Arbeitsstätte weniger als 8 Stunden beträgt, hat der Geschäftsführer keinen Anspruch auf Verpflegungsmehraufwendungen. Ein Werbungskostenansatz käme also nicht in Betracht. Daher ist ein geldwerter Vorteil zu erfassen.
Weil der Wert der Mahlzeit 60 Euro übersteigt, ist der Wert der Mahlzeit nicht mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung, sondern mit den tatsächlichen Kosten zu erfassen.
Aufgrund der Höhe der Aufwendungen geht die Finanzverwaltung davon aus, dass es sich um ein Belohnungsessen handelt. Es ist ein geldwerter Vorteil in Höhe von 100 Euro zu erfassen und der Lohnversteuerung zu unterwerfen.
Der Wert der Mahlzeit beläuft sich auf 55 Euro
Weil die Mindestabwesenheit von der Wohnung und der regelmäßigen Arbeitsstätte weniger als 8 Stunden beträgt, hat der Arbeitnehmer analog zum ursprünglichen Sachverhalt keinen Anspruch auf Verpflegungsmehraufwendungen. Ein Werbungskostenansatz käme auch hier nicht in Betracht. Daher ist wie oben ein geldwerter Vorteil zu erfassen.
Weil der Wert der Mahlzeit 60 Euro nicht übersteigt, ist der Wert der Mahlzeit mit dem maßgebenden amtlichen Sachbezugswert nach der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu erfassen. Dieser beläuft sich für ein Abendessen auf 3,00 Euro (bis 31.12.13: 2,93 Euro). Die Sachbezugsfreigrenze darf nicht angewendet werden, weil der geldwerte Vorteil nicht mit dem ortsüblichen Endpreis am Abgabeort, sondern mit dem amtlichen Sachbezugswert bewertet wird. Eine Pauschalversteuerung ist möglich.
Belohnungsessen |
steuerpflichtig beitragspflichtig in der Sozialversicherung Bewertungsmaßstab: tatsächliche Kosten |
Arbeitsessen |
steuerpflichtig beitragspflichtig in der Sozialversicherung Bewertungsmaßstab: tatsächliche Kosten |
Arbeitsessen anlässlich und während eines außergewöhnlichen Arbeitseinsatzes |
Zuwendung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers kein Arbeitslohn |
Bewirtung auf Veranlassung des Arbeitgebers mit möglichem Werbungskostenansatz |
kein geldwerter Vorteil Kürzung der Pauschalen Wert > 60 €: geldwerter Vorteil in Höhe der tats. Kosten |
Bewirtung auf Veranlassung des Arbeitgebers ohne möglichem Werbungskostenansatz |
geldwerter Vorteil Ansatz der Sachbezugswerte Pauschalversteuerung möglich Wert > 60 €: geldwerter Vorteil in Höhe der tats. Kosten keine Pauschalversteuerung möglich |
Zu diesem Artikel erreichte uns folgende Leserfrage:
Wenn der Geschäftsführer einer GmbH auf seiner Dienstreise einen potentiellen Kunden, Geschäftsfreund o.ä. bewirtet, muss dann bei ihm die Verpflegungspauschale gekürzt werden?
Bei der Bewirtung eines potentiellen Geschäftspartners handelt es sich um eine Geschäftsfreundebewirtung. Daher sind die Pauschalen für Verpflegungsmehraufwendungen entsprechend zu kürzen.
Ist mit Mahlzeit nur das Essen gemeint oder auch das Getränk dazu?
Zu den Aufwendungen gehören alle Aufwendungen des Arbeitgebers, einschließlich Getränk und dem anteiligen Trinkgeld.
Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungserfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.