14.03.2017 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: The Boston Consulting Group GmbH.
Durchschnittlich 7.500 Euro müssen deutsche Firmen in Betreuung, Qualifizierung und Sprachunterricht investieren, um einen Geflüchteten im Unternehmen zu integrieren – ein kleiner Betrag verglichen mit den Kosten bei Nicht-Integration. Insbesondere dort, wo Personalknappheit herrscht, rechnen sich die angefallenen Kosten für Unternehmen nach rund zwölf Monaten – teilweise früher. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Integrationskraft Arbeit" von The Boston Consulting Group (BCG). Von Oktober bis November 2016 wurden für die Studie 300 Unternehmen verschiedener Industrien und Firmengrößen aus dem NETZWERK Unternehmen integrieren Flüchtlinge (NUiF) zu ihren Erfahrungen mit Geflüchteten befragt.
"Betriebliche Investitionen belaufen sich auf einen Bruchteil der gesellschaftlichen Gesamtkosten, die bei Nicht-Integration von Geflüchteten anfallen, und lohnen sich vor allem in Mangelberufen", sagt Heinrich Rentmeister, Partner bei BCG und einer der Studienautoren. "Die Ergebnisse zeigen zudem, dass die berufliche Integration von Geflüchteten in allen Branchen und Unternehmen unterschiedlichster Größe möglich ist". Ein wesentlicher Faktor für den Erfolg beruflicher Integration ist die individuelle Betreuung durch Paten. Nach Erfahrung der befragten Unternehmen liegt der Aufwand für eine Patenschaft im ersten Jahr bei etwa sechs Stunden pro Monat. Hinzu kommen externe Kosten, etwa für Sprachkurse. Insgesamt belaufen sich die Gesamtkosten auf durchschnittlich 7.500 Euro im ersten Jahr.
Etwa 75 Prozent der 300 befragten Unternehmen sehen mangelnde Vorkenntnisse als zu bewältigende oder geringe Herausforderung an. Darüber hinaus stellen für knapp 90 Prozent der Firmen der Zugang zu Geflüchteten sowie die kulturellen Unterschiede keine unüberwindbaren Hindernisse dar. "Die positive Sicht auf die Herausforderungen ist bei Unternehmen umso stärker, je mehr Erfahrung sie mit der Beschäftigung von Geflüchteten haben", erklärt BCG-Senior Partner Rainer Strack, Experte für Personalmanagement- und entwicklung. Dennoch bewerten Firmen drei Herausforderungen als besonders kritisch. Für etwa 40 Prozent ist die Sprachbarriere das größte Hindernis. "Häufig entsprechen Sprachkenntnisse nicht dem zertifizierten Niveau, und es mangelt am nötigen Fachvokabular", bestätigt Strack. Zudem benennen etwa 40 Prozent der Unternehmen "komplizierte Verfahren" und "hohe Unsicherheit bezüglich einer möglichen Abschiebung" als sehr hinderlich.
Etwa drei Viertel der 300 befragten Firmen unterschiedlicher Branchen und Größenordnungen beschäftigen aktuell Geflüchtete – insgesamt rund 2.500. Die Mehrheit der Geflüchteten (87 Prozent) befindet sich in einer qualifizierenden Beschäftigung, etwa in einer Ausbildung, einer Einstiegsqualifizierung oder einem Praktikum. Festanstellungen sind hingegen selten: So sind aktuell 13 Prozent der Geflüchteten festangestellt, meist als ungelernte Hilfsarbeiter (86 Prozent). Nur wenige werden als Fachkräfte (12 Prozent) oder in Führungs-positionen (2 Prozent) eingesetzt. Viele Firmen planen 2017 ihr Engagement bei qualifizierenden Maßnahmen fortzusetzen oder sogar auszubauen: 70 Prozent der Betriebe planen, mehr oder gleich viele Praktika anzubieten, etwa 50 Prozent beabsichtigen, mehr oder gleich viele Einstiegsqualifizierungen zu vergeben, und rund 60 Prozent, mehr oder gleich viele Ausbildungsplätze mit Geflüchteten zu besetzen.
"Damit die berufliche Integration von Geflüchteten gelingt, müssen Unternehmen und staatliche Akteure weiterhin handeln", erklärt BCG-Partner Heinrich Rentmeister. So zeigen die Erfahrungen der Firmen, dass Berufsqualifikationen von Geflüchteten besser validiert werden müssen. "Häufig fehlt es an aussagekräftigen oder vergleichbaren Nachweisen. Dazu bedarf es eines standardisierten und anerkannten Verfahrens zur Feststellung von vorhandenen Kompetenzen und beruflichen Erfahrungen", so Rentmeister. Um Kenntnisse ausreichend zu validieren, eignen sich etwa ein- bis zweiwöchige Praxistests im Unternehmen. Dabei können auch nachzuholende Ausbildungsbestandteile festgelegt werden.
Die Umfrage hat zudem ergeben, dass es nach wie vor an Transparenz über rechtliche Rahmenbedingungen fehlt. Oft sorgen Ausnahmeregelungen in einzelnen Bundesländern für Planungsunsicherheit. "Um dem entgegenzuwirken, müssen Ausnahmen so weit wie möglich reduziert oder klar abgegrenzt werden, damit Unternehmen verlässlich planen können", stellt Rentmeister fest. Zudem fordern die Firmen, zusätzlich zu den staatlichen Integrationskursen die berufsspezifische Sprachförderung weiter auszubauen. Diese Sprachkurse sollten fachspezifisches und inhaltlich relevantes Vokabular vermitteln und auch berufsbegleitend besuchbar sein.
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