09.06.2016 — Online-Redaktion Verlag Dashöfer. Quelle: Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs).
Sie befragten 315 Teammitglieder und die zugehörigen 67 Führungskräfte zweimal in einem Zeitraum von acht Monaten zu ihrem Arbeitsengagement und ihrer emotionalen Erschöpfung.
Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass der emotionale Zustand der Führungskraft einen wichtigen Einfluss auf das Wohlergehen der Mitarbeiter hat. Wie aber sieht es umgekehrt aus? Kann sich der psychische Zustand von Arbeitsteams auch auf die Führungskraft übertragen? Welche Eigenschaften der Führungskraft beeinflussen diese Übertragungsprozesse?
Diesen Fragen ist ein internationales Forscherteam (Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Philipps-Universität Marburg, Mälardalen Universität, Schweden) nachgegangen. „Wir haben untersucht, wie sich psychische Zustände von Mitarbeitern - positive wie negative - auf die Führungskraft auswirken“, sagt Nina Wirtz, Psychologin und Hauptautorin der Studie. „Um mehr darüber zu erfahren, wie dieser Prozess funktioniert, haben wir untersucht, ob das Erleben emotionaler Selbstwirksamkeit der Führungskraft hierbei eine Rolle spielt.“
Im Rahmen eines internationalen Projektes zum Thema „gesundheitsförderliche Führung“ wurden branchenübergreifend Führungskräfte und ihre Teams in Deutschland und Schweden gebeten, zu zwei Zeitpunkten im Abstand von acht Monaten einen Fragebogen auszufüllen. 67 Führungskräfte und 315 Teammitglieder beantworteten einen Online- oder Papierfragebogen. Die Mitarbeiter-Teams bestanden im Schnitt aus vier Personen. Zum ersten Erhebungszeitpunkt wurden die Mitarbeiter-Teams zu ihrer emotionalen Erschöpfung (negativer Zustand), zu ihrem Arbeitsengagement (positiver Zustand) und zur Dauer der Zusammenarbeit mit ihrer Führungskraft befragt. Die Führungskräfte wurden zum ersten Zeitpunkt zu ihrem emotionalen Selbstwirksamkeitserleben befragt. Dieses Konzept beschreibt die Überzeugung einer Person, dass sie eigene Stimmungen und auch die von anderen Menschen verstehen, beeinflussen und regulieren kann. Die emotionale Erschöpfung und das Engagement der Führungskräfte wurden zu beiden Erhebungszeitpunkten gemessen, sodass die Ergebnisse die Veränderung der Erschöpfung und des Engagements der Führungskräfte über den Befragungszeitraum hinweg (acht Monate) widerspiegeln.
Die Analysen zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen dem Arbeitsengagement der Teams und dem ihrer Führungskräfte acht Monate später. Das Arbeitsengagement von Teams hatte sich über einen Zeitraum von acht Monaten hinweg auf die jeweilige Führungskraft übertragen. Dieser Übertragungsprozess war unabhängig von der emotionalen Selbstwirksamkeit der Führungskraft.
Die emotionale Erschöpfung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hingegen hatte keinen direkten Einfluss auf das Ausmaß der Erschöpfung der Führungskräfte acht Monate später. Indirekt gab es jedoch trotzdem einen Einfluss: Wenn sich die Führungskraft als sehr einfühlsam beschrieb, dann war sie durch das emotionale Erschöpfungserleben ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker tangiert, als wenn dies nicht der Fall war.
Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass Arbeitsengagement direkt übertragbar, sozusagen ansteckend ist. Emotionale Erschöpfung hingegen überträgt sich nur auf besonders einfühlsame Führungskräfte. „Unsere Daten zeigen, dass emotionales Selbstwirksamkeitserleben das Übertragen negativer Emotionen begünstigen kann. Das mag daran liegen, dass Führungskräfte mit hohem Selbstwirksamkeitserleben den emotionalen Zuständen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mehr Aufmerksamkeit schenken und dadurch auch eher mit negativen Emotionen konfrontiert sind“, vermutet Nina Wirtz. „Natürlich sollten Führungskräfte auch weiterhin auf die (negativen) Emotionen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingehen, da dies zu einem konstruktiven und gesunden Arbeitsklima beiträgt. Dabei ist jedoch wichtig, dass sie sich der Möglichkeit eines Übertragungsprozesses bewusst sind und genug persönliche Ressourcen aufbauen, um diesem entgegenzuwirken.“
Neben der Erschöpfung und dem Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter analysierten die Forscher auch die Autonomie, das Arbeitspensum, Alter, Geschlecht und Dauer der Zusammenarbeit von Führungskraft und Team. Keine dieser Kontrollvariablen hatte einen Effekt auf die Erschöpfung oder das Engagement der Führungskräfte.
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