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AGB-Schutz auch für Geschäftsführer bei Abschluss von Dienstverträgen

14.12.2010  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: PersonalGate.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Mai 2010 (5 AZR 253/09) zur Anwendung der AGB-Kontrolle auf Dienstverträge

Einleitung

Mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, welches seit dem 01. Januar 2002 nicht nur im BGB geregelt ist, sondern dem Grunde nach auch auf arbeits- und dienstrechtliche Verträge Anwendung findet, schränkt der Gesetzgeber die Vertragsautonomie der Parteien ein. Er unterwirft ihre Vereinbarungen einer Inhalts- und Angemessenheitskontrolle und schützt damit die strukturell schwächere Vertragspartei. Im Arbeitsrecht ausgenommen hiervon sind unmittelbar geltende Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Nach § 305 Abs. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Dies ist bei Standardarbeitsverträgen regelmäßig der Fall, nicht aber unbedingt bei Geschäftsführerdienstverträgen, die gegebenenfalls für den Einzelfall formuliert werden. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB finden erhebliche Teile des AGB-Rechts, insbesondere die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB jedoch auch dann auf vorformulierte Vertragsbedingungen Anwendung, wenn der Vertrag mit einem Verbraucher abgeschlossen wird und dieser auf den Inhalt der vorformulierten Bedingungen keinen Einfluss nehmen konnte.


Sachverhalt

Der Kläger, ein promovierter Chemiker, war ab dem 01. Juni 2004 als Fremdgeschäftsführer bei der Beklagten GmbH beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 28. April 2005 außerordentlich. Der Dienstvertrag regelte unter anderem die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen für Streitigkeiten der Parteien aus dem Dienstverhältnis. Er enthielt weiter eine sogenannte 2-stufige Ausschlussfrist, nach der Ansprüche aus dem Dienstvertrag verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden oder, im Falle der Ablehnung, innerhalb von weiteren 3 Monaten gerichtlich geltend gemacht werden. Mit der am 10. Mai 2005 eingereichten Klage machte der Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung sowie sämtliche Vergütungsansprüche dem Grunde nach geltend. Erst im Verlaufe des Verfahrens vor dem Arbeitsgericht ging der Kläger dazu über, seine Klage mehrfach durch Zahlungsanträge zu erweitern.


Die Entscheidung

Das BAG hatte nunmehr zu entscheiden, ob seine bisherige Rechtsprechung zu einer 2-stufigen Ausschlussfrist in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Arbeitsvertrages auch auf den vorliegenden Geschäftsführerdienstvertrag anzuwenden ist. Denn nach einer früheren Entscheidung des gleichen Senats (5 AZR 429/07 vom 19. März 2008) steht die Erhebung einer Kündigungsschutzklage dem Verfall von Annahmeverzugsansprüchen gemäß einer einzelvertraglichen 2-stufigen Ausschlussklausel entgegen, wenn diese vom Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens abhängen (vergleiche zu dieser Entscheidung unserem Newsletter Nr. 27/2008). Das BAG stellt klar, dass schon die Ausübung der Geschäftsführung einer GmbH keine selbständige, sondern eine angestellte berufliche Tätigkeit darstellt. Der Geschäftsführer einer GmbH übt seine Tätigkeit im Namen und auf Rechnung der Gesellschaft aus und unterliegt im Innenverhältnis den Weisungen der Gesellschaft. Wenn also schon die Geschäftsführung der GmbH keine selbständige Tätigkeit im Sinne des § 13 BGB ist, so gilt dies erst recht für den Abschluss des Dienstvertrages durch den Geschäftsführer. Dies gilt, so das BAG, jedenfalls dann, wenn dieser nicht zugleich als Gesellschafter über mindestens eine Sperrminorität verfügt und derart Leitungsmacht über die Gesellschaft ausüben kann. Diese Rechtsprechung entspricht derjenigen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (BAG in GmbHR 2007, 1154).


Praxishinweis

Die Entscheidung des BAG macht deutlich, dass der Privatautonomie auch im Dienstvertragsrecht Grenzen gesetzt sind. Jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer als Verbraucher keinen Einfluss auf sämtliche oder einzelne Klauseln seines Dienstvertrages nehmen kann, wird er geschützt. Der Dienstgeber trägt dann beispielsweise das Risiko einer unklaren Regelung, die im Zweifel zu seinen Lasten auszulegen ist (§ 305 c Abs 2 BGB). Außerdem fällt die entsprechende Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB anheim und ist unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt, auch etwa weil sie unklar ist. Ein einseitig gestellter Geschäftsführerdienstvertrag sollte also AGB-fest sein. Die Hoffnung damit argumentieren zu können, dass Geschäftsführer Einfluss auf die Gestaltung der fraglichen Klauseln nehmen konnte, ist trügerisch.

Hier reicht es nicht pauschal darzulegen, der Geschäftsführer habe die Möglichkeit gehabt, auf sämtliche Vertragsbestandteile Einfluss zu nehmen. Vielmehr muss der Verhandlungsgang und insbesondere das ernsthafte zur Dispositionsstellen der einzelnen Klauseln dokumentiert werden.

Quelle: Dr. Gregor Staechelin (Taylor Wessing Frankfurt)
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