30.11.2015 — Rolf Becker. Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.
In der Entscheidung des LG Hamburg (Urteil vom 03.11.2015, Az. 312 O 21/15 nicht rechtskräftig) ging es um eine 01805-Nummer, die in der Widerrufsbelehrung angegeben war. Bekanntlich hat sich das Recht am 13.06.2014 geändert, was die Angabe zur telefonischen Kontaktaufnahme in der Widerrufsbelehrung betrifft. War zuvor die Angabe verboten, weil das Recht für die Abgabe einer Widerrufserklärung zum Kauf wenigsten Textform erforderte, sieht das neue Recht eine solche Beschränkung nicht mehr vor. Damit kann ein Verbraucher auch telefonisch wirksam widerrufen. Auch für die Widerrufsbelehrung hat das Konsequenzen. Das gesetzliche Muster zu dieser Belehrung sieht jetzt etwas unklar beschrieben vor, dass die geschäftliche Telefonnummer „soweit verfügbar“ anzugeben ist. Einzelne Gerichte, wie das OLG Hamm (Beschluss v. 24.03.2015, Az. 4 U 30/15) haben daraus bereits eine Pflicht abgeleitet, eine Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung anzugeben. Die Angabe einer Postadresse und der E-Mail soll also nicht reichen.
Wenn man denn also eine Telefonnummer angeben muss, stellt sich die jetzt aktuell in I. Instanz noch nicht rechtskräftig entschiedene Frage, ob es auch eine gesondert kostenpflichtige Rufnummer sein darf oder ob man eine normale Rufnummer verwenden muss. Was heißt da auch „normal“. Darf es auch eine Mobilfunknummer sein? Auch im Impressum ist eine Telefonnummer anzugeben. Dort stellen sich vergleichbare Fragen. Nach Artikel 21 Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) sowie der dazu ergangenen nationalen Vorschrift des § 312 a Abs. 5 BGB darf Verbrauchern bei Fragen oder Erklärungen zu einem bereits geschlossenen Vertrag für eine telefonische Rücksprache kein Entgelt auferlegt werden, welches das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigt. Was das heißt, vermag aber niemand zuverlässig zu sagen. Sind damit alle kostenpflichtigen Telefonnummern ausgeschlossen oder nur solche, die besondere Kosten verursachen, die teurer sind als die normale Festnetzrufnummer? Oder geht es darum, dass der Anbieter, also der Händler, nicht noch an den Kosten der Telekommunikation verdienen soll? Damit sind Modelle gemeint, die man früher unter „Shared cost“ zusammengefasst hat. Die vereinnahmten Telefongebühren etwa wurden nach Schlüsseln aufgeteilt. Heutzutage sind Telekommunikationsunternehmen schon mal bereit, für die Nutzung von 0180-Nummern Werbekostenzuschüsse zu zahlen. Diese Kick-Backs könnten ebenfalls unzulässige Verdienstmöglichkeiten für den Händler bei Anruf des Verbrauchers darstellen.
Die Wettbewerbszentrale führt Musterverfahren durch. In solchen Verfahren verabreden die Parteien, dass man es im Rahmen vernünftiger Erwägungen möglichst nicht bei einer erstinstanzlichen Entscheidung belässt, sondern in jedem Fall versucht, weitere Entscheidungen höher angesiedelter Instanzen zu erreichen. Bei vielen Fragen, die die VRRL betreffen, ist sogar eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) als letztverbindliche Entscheidungsstation durchaus erwünscht. Problematisch ist dabei, dass die Instanzgerichte dem EuGH solche Fragen nicht zwingend vorlegen müssen. Die Richter des LG Stuttgart (Beschluss v. 15.10.2015, 11 O 21/15) haben die Relevanz erkannt und in deren Verfahren die Frage zur 0180-Nummer dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Im anderen Verfahren hat das LG Hamburg jetzt eine eigene Entscheidung getroffen. Danach ist eine 01805-Nummer in der Widerrufsbelehrung zulässig. Es komme allein darauf an, ob ein Unternehmen durch das Angebot einer solchen Telefonnummer Gewinne erziele. Das ist aber nur dann der Fall, wenn der Händler keine Zahlungen vom Telekommunikationsanbieter erhält. Im vorliegenden Fall hatte das beklagte Unternehmen pro Anruf maximal 0,42 Euro pro Minute bzw. beim Anruf aus dem Festnetz 0,14 Euro pro Minute zu den Kosten angegeben. Diese Beträge waren aber in den Augen der Richter ein „Grundtarif“, da das erzielte Entgelt beim Provider verblieb. Fast noch interessanter: Die Kosten seien auch nicht so hoch, dass sie den Verbraucher von der Erklärung eines Widerrufs abhalten könnten. Bislang waren die Gerichte bei allen Maßnahmen streng, die entsprechend ausgelegt werden könnten.
Eine erste Entscheidung liegt vor, gegen die die Wettbewerbszentrale allerdings Berufung eingelegt hat. Interessanter noch dürfte es werden, wie der EuGH im anderen Verfahren entscheidet. Auch die Frage, ob zumindest ein Mobilfunkunternehmen eine Mobilfunknummer angeben darf, ist im Entscheidungsprozess.
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