Themenüberblick Proforma-Rechnung

06.02.2013  — Dirk J. Lamprecht, Cliff Einenkel.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Immer häufiger werden von Unternehmen Proforma-Rechnungen ausgestellt. Dies passiert postalisch oder auch per E-Mail. Auch wenn die Proforma-Rechnung in der Geschäftspraxis üblich ist, sind in der Buchhaltung bestimmte Besonderheiten zu beachten.

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Ertragsteuerliche Konsequenzen für den Leistungsempfänger

Eine Proforma-Rechnung ist strikt von einer gewöhnlichen Rechnung zu trennen. Sie ist im rechtlichen Sinne keine Rechnung. Es handelt sich um einen Bestellvorgang (vgl. auch FG Sachsen-Anhalt vom 3. März 2003, 1 K 477/99).

Durch den Vermerk als „Proforma-Rechnung“ ist in der Regel auch gewollt, dass noch kein verbindlicher Vertrag abgeschlossen wurde. Leistungsempfänger und Leistender sind beidseitig noch nicht verpflichtet, eine Leistung aufgrund des Dokuments zu erbringen. Aufgrund der fehlenden rechtlichen Verpflichtung und wirtschaftlichen Belastung scheidet eine Bilanzierung aus.

Auch wenn Leistungsempfänger und Leistender leistungswillig sind, handelt es sich dennoch um ein schwebendes Geschäft. Bei diesen Liefergeschäften entsteht die Verbindlichkeit rechtlich und wirtschaftlich erst mit Ausführung der Lieferung (Zug-um-Zug-Geschäft, vgl. auch § 433 BGB). Somit scheidet eine Bilanzierung als Verbindlichkeit regelmäßig sowohl für die Handelsbilanz als auch für die Steuerbilanz aus, auch wenn sich beide Parteien einig sind.

Eine Aktivierung beim Leistungsempfänger ist erst möglich, wenn der Leistungsempfänger die Zahlung tatsächlich leistet. Erst mit der Zahlung kann die Proforma-Rechnung als Geleistete Anzahlung bilanziert werden. Diese Buchung ist erfolgsneutral und erfolgt zum Nennwert.

Im Einzelfall sollte – insbesondere bei wesentlichen Beträgen – überprüft werden, ob der Vertrag zwischen Leistungsempfänger und Leistendem etwas anderes vorsieht und ggf. eine Rückstellung gebildet werden muss.

Rückstellung für schwebende Geschäfte

Bei bestimmen Konstellationen kann auch eine Proforma-Rechnung eine Passivierungspflicht in der Handelsbilanz auslösen. Regelmäßig sind davon aber nur stichtagsübergreifende Rechnungen betroffen. Ein schwebendes Geschäft liegt vor, wenn das Verpflichtungsgeschäft abgeschlossen ist und auch eine Rechtswirkung entstanden ist, jedoch das Erfüllungsgeschäft und damit die ggf. beiderseitig zu erbringenden Leistungen noch nicht ausgeführt wurden.

Grundsätzlich erfolgt keine Erfassung solcher Geschäftsvorfälle in der Bilanz. Der Verbindlichkeit muss eine entsprechende Leistungsforderung der anderen Partei gegenüberstehen, damit sich der Posten ausgleicht.

Sollte ein Vertrag der Proforma-Rechnung zugrunde liegen, ist zu prüfen, ob ggf. ein Verpflichtungsgeschäft bereits begründet wurde. Sollte dies der Fall sein, ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob ein drohender Verlust aus schwebendem Geschäft vorliegt und bilanziert werden muss. Ein Verlust droht, wenn der Wert der eigenen Verpflichtungen den Wert des Anspruchs auf die Gegenleistung übersteigt.


Beispiel 1:

Unternehmer G bestellt Kupferrohlinge aus Chile im Wert von umgerechnet 10.000 Euro für sein Rohstofflager. Er erhält hierfür auch eine Proforma-Rechnung. Aus den Vertragsbedingungen ergibt sich allerdings, dass er sich zur Abnahme verpflichtet hat. Die Lieferung erfolgt aufgrund von Produktionsengpässen erst im nächsten Geschäftsjahr. Eine Zahlung wurde noch nicht geleistet.

Aufgrund der Erschließung neuer Vorkommen in Indien sinkt der Marktwert zum Bilanzstichtag der Kupferrohlinge dramatisch auf nur noch 5.000 Euro. Unternehmer G muss handelsrechtlich für diesen Geschäftsvorfall eine Rückstellung für drohende Verlust aus schwebenden Geschäften i.H.v. 5.000 Euro bilden.

Würde der Wert der Kupferrohlinge zum Bilanzstichtag unverändert zum Preis bei Vertragsabschluss bleiben, würde sich keine Bilanzierung ergeben. Unternehmer G hat zwar eine Verbindlichkeit i.H.v. 10.000 Euro rechtswirksam begründet, aber er hat ebenso eine Leistungsforderung auf die Kupferrohlinge i.H.v. 10.000 Euro.

Ein Ansatz dieser Rückstellung in der Steuerbilanz ist unzulässig gem. § 5 Abs. 4a EStG. Mit der Folge von aktiven latenten Steuern im handelsrechtlichen Abschluss.

Umsatzsteuerliche Konsequenzen für den Leistungsempfänger

Für den Vorsteuerabzug bei Proforma-Rechnungen gelten die Kriterien wie bei Anzahlrechnungen. Im Grundfall ist der Unternehmer bei Eingangsleistungen unter den Voraussetzungen des § 15 UstG unabhängig von der Zahlung bereits zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn eine ordnungsgemäße Rechnung i.S.d. §§ 14, 14 a UstG vorliegt. In solchen Fällen wurde die Leistung bereits von dem Leistenden erbracht. Bei der Proforma-Rechnung handelt es sich jedoch eben nicht um eine Rechnung für eine erbrachte Leistung i.S.d. §§ 14, 14 a UstG.

Bei Anzahlungen muss gem. § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UstG die Rechnung mit separatem Umsatzsteuerausweis vorliegen und die Zahlung geleistet worden sein. Das bloße Vorliegen der Proforma-Rechnung reicht nicht aus, um die Vorsteuer aus der Rechnung bereits geltend zu machen.

Die Proforma-Rechnung muss alle sonstigen Kriterien einer Rechnung i.S.d. §§ 14, 14a UstG enthalten, um einen Vorsteuerabzug zu gewährleisten. Falls die Proforma-Rechnung per E-Mail übermittelt wurde, gelten die Grundsätze für die elektronische Übermittlung von Rechnungen entsprechend.

In manchen Fällen, insbesondere beim Internet-Handel, ist selbst die Bestimmung einer Proforma-Rechnung als solche nicht immer eindeutig aus den Dokumenten erkennbar. Kann kein Dokument eindeutig als Proforma-Rechnung bestimmt werden, kann der Vorsteuerabzug verwehrt werden (vgl. Urteilsbegründung FG Baden-Württemberg vom 25. Januar 2012, 1 V 2592/11).


Praxistipp:

Bei einer Proforma-Rechnung sollte man als Leistungsempfänger immer auf die Erteilung einer Endrechnung, die den allgemeinen Kriterien unterliegt, bestehen! Es besteht sogar die Pflicht für den Leistenden gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG, eine Rechnung an einen anderen Unternehmer binnen sechs Monaten nach Ausführung der Leistung auszustellen. Die Proforma-Rechnung ist keine Rechnung i.S.d. UStG. Die Pflicht besteht damit weiterhin!

Ertragsteuerliche Konsequenzen für den Leistenden

Durch die Ausstellung einer Proforma-Rechnung wird noch keine Forderung begründet, da es sich bei diesem Dokument regelmäßig rechtlich gesehen nicht um eine Rechnung handelt, da noch kein rechtlicher Anspruch auf die Zahlung des Leistungsempfängers besteht.

Forderungen müssen aktiviert werden, wenn diese gem. § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB realisiert sind. Somit scheidet eine Bilanzierung sowohl in der Handels- als auch der Steuerbilanz aus.

Es kann sich aber auch bei dieser Konstellation ggf. eine Drohverlustrückstellung ergeben. Es ist also zu prüfen, ob eine rechtliche Verpflichtung gegenüber dem Leistungsempfänger besteht und ob diese zu einem Verlust führt.

Eine Bilanzierung für den Leistenden ergibt sich erst, wenn der Leistungsempfänger zahlt. Eine direkte Buchung in die Erlöse darf nicht erfolgen, da es sich formal gesehen um eine Erhaltene Anzahlung handelt und diese passiviert werden muss. Somit erfolgt die Buchung zunächst erfolgsneutral.

Erst mit der Endabrechnung bzw. mit der Lieferung wird der Schwebezustand beendet und die geleistete Anzahlung kann gewinnwirksam in die Erlöse verbucht werden.

Insbesondere jahresübergreifend sollte auf eine richtige Verbuchung der Proforma-Rechnungen geachtet werden.

Umsatzsteuerliche Konsequenzen für den Leistenden

Umsatzsteuerlich wird eine Proforma-Rechnung in der Regel als Vorausrechnung behandelt. Korrespondierend zum Vorsteuerabzug dürfen Rechnungen auch schon gestellt werden, wenn die Leistung oder Teilleistung noch nicht erbracht ist. Dies ist aber nur zulässig, wenn die Proforma-Rechnung mit einer bestimmten Leistung im Zusammenhang steht (vgl. UStAE 14.8 Abs. 1).

Grundsätzlich können Proforma-Rechnungen in zwei Arten unterteilt werden. Zum einen in ein Umsatzgeschäft, bei dem noch nicht feststeht, ob das Umsatzgeschäft abgeschlossen wird (schwebender Zustand für Lieferer und Leistungsempfänger), zum anderen in Umsatzgeschäfte, bei denen lediglich die Höhe des Entgelts noch nicht bestimmt werden kann. In solchen Fällen schätzt der Leistende das Entgelt. Er ist im Gegenzug dazu verpflichtet, eine Berichtigung durchzuführen, wenn die genaue Höhe des Entgelts feststeht.

Umsatzgeschäfte im Schwebezustand

Grundsätzlich löst eine Proforma-Rechnung auch bei einer Soll-Versteuerung i.S.d. § 16 Abs. 1 UStG keine Besteuerung aus. Dies ist der große Unterschied zur Rechnung. Eine Rechnung löst bei Sollversteuerung mit der Ausstellung eine Steuerschuld beim leistenden Unternehmer aus, obwohl das Entgelt noch gar nicht erhalten wurde.

Wenn die Rechnung ordnungsgemäß als Proforma- oder auch Voraus-Rechnung gekennzeichnet ist, wird auch keine Steuerschuld wegen unberechtigtem Steuerausweis ausgelöst. D.h. auch wenn die Proforma-Rechnung nicht durch den Leistungsempfänger gezahlt wird, tritt trotz der Existenz der Rechnung keine Besteuerung nach § 14c Abs. 2 UStG ein. Das gilt auch dann, wenn der Unternehmer die Leistung nicht ausführt, es sei denn, die Leistung war von vornherein nicht beabsichtigt wie z.B. bei sog. Scheinrechnungen, um Vorsteuerabzugsbeträge gesetzeswidrig zu erhalten (vgl. BFH-Urteil vom 21. Februar 1980, V R 146/73, BStBl 1973 II S. 283).

Wenn sich der Lieferer unschlüssig ist, ob das Umsatzgeschäft zustande kommt, und es erfolgt noch keine Lieferung, so sollte die Rechnung unbedingt als Voraus- oder Proforma-Rechnung gekennzeichnet sein, um eine Steuerschuld zu vermeiden. Sollte das Umsatzgeschäft nicht zustande kommen und wird auch keine Gutschrift zur Rechnung erteilt, schuldet der Lieferer die Umsatzsteuer (vgl. BFH vom 22. Januar 1997 V B 77/96 (NV)).

Anders verhält es sich bei Auswahl- oder Ansichtssendungen. Hier ist die Besonderheit, dass eben ein Leistungsaustausch stattfand, nämlich die Lieferung an den Kunden. In solchen Fällen ist von einem Steuerausweis abzuraten, da es möglicherweise zu einer Steuerschuld wegen unberechtigtem Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG kommen kann. Die Verwendung des Begriffs Proforma-Rechnung ist hingegen zu empfehlen.

Umsatzgeschäfte mit vorläufig unbestimmtem Entgelt

Solche Fälle sind insbesondere im Baugeschäft denkbar. Beispielsweise wenn noch schwierige Massenberechnungen fehlen, Rohstoffpreise variieren oder bestimmte spezielle Bauteile erst von Zulieferern hergestellt werden müssen und keine exakte Preisliste vorliegt. Im Gegensatz zum Schwebezustand sind sich die Parteien einig und meist schon zum Leistungsaustausch verpflichtet. Teilweise wurden sog. Teilleistungen ausgetauscht. Deswegen liegt auch keine Proforma-Rechnung vor, sondern eine Rechnung i.S.d. § 14 UStG. Eine solche Rechnung muss berichtigt werden, wenn der endgültige Preis ermittelt ist.

Handelt es sich um Teilleistungen, ist eine weitere Methode zur Abrechnung mittels Teil- oder Abschlagsrechnungen möglich. Diese werden dann im Rahmen der Mindest-Ist-Versteuerung besteuert. In der Endabrechnung wird über die gesamte Leistung abgerechnet und die erhaltenen Abschläge werden gegengerechnet. Vorgaben zu den Rechnungsbestandteilen enthält UStAE 14.8. Alle abweichenden Formen der Abrechnung führen zu Problemen mit dem Finanzamt.


Beispiel 2:

Unternehmer G erhält als Neukunde von seinem Lieferanten eine Proforma-Rechnung i.H.v. 23.800 Euro am 21. Dezember 2012. Dieses enthält 19 Prozent ausgewiesene Umsatzsteuer. Es handelt sich um diverse Vorräte. Er überweist den Betrag von seinem Geschäftskonto erst am 2. Januar 2013. Mit den Waren erhält er eine endgültige ordnungsgemäße Rechnung am 5. Januar 2013.

Der Erhalt der Rechnung am 21. Dezember 2012 wird i.d.R. nicht verbucht. Es handelt sich sowohl für den Leistungsempfänger als auch für den Leistenden um ein schwebendes Geschäft. Eine Bilanzierung zum 31. Dezember 2012 scheidet daher ebenfalls für beide Seiten aus.

Auch kann Unternehmer G keine Vorsteuer geltend machen. Der Lieferer muss keine Umsatzsteuer abführen.

Bei der Zahlung der Rechnung durch den Unternehmer G am 2. Januar 2013 wird diese auf Geleistete Anzahlungen auf Vorräte gebucht. Erst mit der Voranmeldung für Januar kann G einen Vorsteuerabzug geltend machen, soweit die Proforma-Rechnung den Anforderungen entspricht.

Auch für den Lieferanten wird eine Passivierung als Erhaltene Anzahlung erst im Januar mit Erhalt der Zahlung notwendig. Korrespondierend muss auch die Umsatzsteuer an das Finanzamt mit der Voranmeldung für Januar angemeldet und abgeführt werden.

Mit Erhalt der endgültigen Rechnung am 5. Januar 2013 vom Lieferanten kann der Gesamtbetrag auf das Wareneingangskonto des Unternehmers G verbucht werden. Erst jetzt wird der Geschäftsvorfall erfolgswirksam.

Auch beim Lieferanten muss eine Umbuchung von Erhaltene Anzahlungen zu den Erlösen erfolgen. Erst mit der endgültigen Rechnung hat er den Erlös erfolgswirksam realisiert.

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