Neue Rechtsprechung: Rabatte von dritter Seite sind nicht lohnsteuerpflichtig

08.12.2020  — Volker Hartmann.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Rabatte haben in den letzten Jahren zunehmend das Wirtschaftsleben bestimmt. Um den Verkauf anzukurbeln, gibt es kaum noch einen Wirtschaftszweig, der seinen Kunden keine Rabatte gewährt. Doch sind solche Rabatte an Arbeitnehmer lohnsteuerpflichtig?

Wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Rabatte gewährt, geht die Finanzverwaltung häufig davon aus, dass es sich um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn handelt. Auch bei Rabatten, die Arbeitnehmern nicht direkt und unmittelbar vom Arbeitgeber, sondern von dritter Seite gewährt werden, möchte die Finanzverwaltung gerne eine Lohnversteuerung durchführen.

Bundesfinanzhof: Konkreter und unmittelbarer Leistungsaustausch erforderlich

Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung beschäftigt sich seit längerer Zeit mit dieser Thematik. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang mehrfach klargestellt, dass lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn immer nur dann vorliegt, wenn ein konkreter und unmittelbarer Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bzw. zwischen dem Arbeitnehmer und einem Dritten vorliegt, vgl. BFH-Urteil vom 18.10.2012, VI R 64/11 zu Medikamenten, die ein Arzneimittel-Lieferant eines Krankenhauses zu vergünstigten Konditionen an die Arbeitnehmer eines Krankenhauses abgibt BFH-Urteil vom 10.04.14, VI R 62/11 zu Rabatten beim Abschluss von Versicherungsverträgen, die ein Versicherer nicht nur eigenen Arbeitnehmern und Geschäftspartnern, sondern auch Arbeitnehmern weiterer Unternehmen einräumt.

BMF-Schreiben vom 20.01.15

Bereits mit BMF-Schreiben vom 20.01.15 hat das Bundesfinanzministerium auf die höchstrichterliche Rechtsprechung reagiert und klargestellt, dass die o. g. Urteile allgemein verbindlich anzuwenden sind. Es wird klargestellt, dass die Preisvorteile, die Arbeitnehmern von dritter Seite eingeräumt werden, nur dann als Arbeitslohn anzusehen sind, wenn sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellen und wenn sie in (unmittelbarem) Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen. Im Gegensatz dazu liegt regelmäßig kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor, wenn das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers durch das eigenwirtschaftliche Interesse eines Dritten überlagert wird.

Urteil Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 13.08.20, 2 K 1690/18

Im hier streitigen Sachverhalt haben verschiedene Autohersteller einer Krankenkasse Rabatte gewährt. Diese Rabatte wurden nicht nur dem Arbeitgeber als Großkunden eingeräumt, sondern auch den Arbeitnehmern der Krankenkasse. Diese Rabatte waren teilweise an bestimmte Bedingungen geknüpft, z. B. Einhaltung einer bestimmten Haltedauer, Untergrenze der dienstlichen Nutzung, etc., bei deren Nichteinhaltung die Rabatte zurückzuzahlen waren. Das Finanzamt qualifizierte die Rabatte als Arbeitslohn von dritter Seite. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Vergünstigungen durch das Dienstverhältnis veranlasst und daher als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn anzusehen seien.

Abgrenzung zwischen Interessen des Kunden und eigenwirtschaftlichen Interessen des Lieferanten

Das Finanzgericht widersprach dieser Rechtsauffassung. Dass die Arbeitnehmer verpflichtet gewesen seien, die Fahrzeuge in einem bestimmten Umfang dienstlich zu nutzen, spreche zwar für ein gewisses Interesse des Arbeitgebers an der Rabattgewährung. Dieses Interesse des Arbeitgebers wird aber bei wertender Betrachtung der Gesamtumstände vom eigenwirtschaftlichen Interesse der Automobilhersteller überlagert. Es ist in der Automobilbranche nicht unüblich, dass im normalen Geschäftsverkehr auch anderen Großkunden und insbesondere bei Sonderaktionen auch vielen Endverbrauchern Sonderkonditionen eingeräumt werden. Dies lasse erkennen, dass die Preisnachlässe der Automobilhersteller in erster Linie ihrem eigenwirtschaftlichen Interesse dienten.

Auswirkungen für die Praxis

Bitte beachten Sie, dass es sich bei dem Urteil des Finanzgericht Rheinland-Pfalz vom 13.08.20 nicht um höchstrichterliche Rechtsprechung handelt. Finanzgerichts-Rechtsprechung entfaltet grundsätzlich keine Bindungswirkung für die Finanzverwaltung. Es ist daher in der Praxis empfehlenswert, im jeweiligen Einzelfall die Interessenlage der Parteien herauszuarbeiten. Eine Erfassung der Vergünstigungen als lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn kann nur dann unterbleiben, wenn die eigenwirtschaftlichen Interessen des Lieferanten die Interessen des Arbeitgebers bzw. seiner Arbeitnehmer deutlich überlagern.

Der Autor:

Volker Hartmann

Volker Hartmann ist Diplom-Finanzwirt, Lohnsteueraußenprüfer und Betriebsprüfer im aktiven Dienst der Hamburger Finanzverwaltung. Volker Hartmann hat langjährige Prüfungs­erfahrungen, insbesondere bei Kapitalgesellschaften aller Branchen und Größen. Er ist seit vielen Jahren Referent und Autor beim Verlag Dashöfer. Seine Seminare zeichnen sich durch eine besondere Praxisnähe aus.

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Bild: Artem Beliaikin (Pexels, Pexels Lizenz)

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