Online-Weiterbildung
Präsenz-Weiterbildung
Produkte
Themen
Dashöfer

TW-AfA II - Abschreibung von Aktien auf den gesunkenen Börsenkurs

27.10.2009  — Udo Cremer.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist bei börsennotierten Aktien, die als Finanzanlage gehalten werden, auszugehen, wenn der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung keine konkreten Anhaltspunkte für eine alsbaldige Wertaufholung vorliegen.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG sind nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Grundsatz mit ihren Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann für solche Wirtschaftsgüter der Teilwert angesetzt werden, wenn dieser aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist auszugehen, wenn der Teilwert nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert gesunken ist. Allein die Möglichkeit einer Wertsteigerung in der Zukunft, die bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens regelmäßig nie ausgeschlossen werden kann, steht einer Teilwertabschreibung nicht entgegen. Ob eine Wertminderung voraussichtlich andauern wird, richtet sich danach, ob aus Sicht des Bilanzstichtages mehr Gründe für ein Andauern der Wertminderung sprechen als dagegen. Welcher Prognosezeitraum hierbei zugrunde zu legen ist, kann nicht generell beantwortet werden, sondern richtet sich nach den prognostischen Möglichkeiten zum Bilanzstichtag, die je nach Art des Wirtschaftsgutes und des auslösenden Moments für die Wertminderung unterschiedlich sein können.

Die Literaturmeinungen darüber, wann bei börsennotierten Aktien von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen ist, gehen auseinander. Während ein Teil der Literatur und die Finanzverwaltung bei Kursveränderungen börsennotierter Wertpapiere des Anlagevermögens regelmäßig nur vorübergehende Wertminderungen annehmen (BMF-Schreiben in BStBl I 2000, 372 Rz 11; Schmidt/Glanegger, EStG, 26. Aufl., § 6 Rz 231), stellen andere auf die Höhe der Differenz zwischen historischen Anschaffungskosten und aktuellem Börsenwert und/oder auf die Dauer der eingetretenen Wertminderung oder darauf ab, ob die Wertentwicklung der Aktien von der allgemeinen Kursentwicklung abweicht. Es wird auch die Auffassung vertreten, von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung sei bei börsennotierten Aktien, die als Finanzanlage im Anlagevermögen gehalten werden, jedenfalls dann auszugehen, wenn der Teilwert zum Bilanzstichtag oder spätestens zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung unter seinen Buchwert gesunken ist und keine konkreten Anhaltspunkte für eine baldige Wertsteigerung vorliegen. Der zuletzt angeführten Auffassung folgt der Senat im Ergebnis im BFH-Urteil vom 26.09.2007 - I R 58/06, BStBl II 2009, 294. Ob der Wertverlust einer börsennotierten Aktie voraussichtlich dauerhaft ist, ist nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nach den prognostischen Möglichkeiten aus der Sicht des Bilanzstichtags zu beurteilen. Die am Kapitalmarkt beteiligten Personen lassen die ihnen verfügbaren Informationen über eine Aktie zusammenfassend in ihre Angebote und damit in den jeweils festgestellten Börsenkurs einfließen. Der Börsenwert spiegelt damit die Auffassungen der Marktteilnehmer über den Wert einer Aktie als Kapitalanlage wider. Die Preise beinhalten die Einschätzung der künftigen Risiken und Erfolgsaussichten des Unternehmens und geben daher zu einem gegebenen Stichtag die Erwartungen einer großen Zahl von Marktteilnehmern über die zukünftige Entwicklung des Kurses sowie die Einschätzung wieder, dass der jetzt gefundene Kurs "voraussichtlich" dauerhaften Charakter besitzt. Spiegelt aber der aktuelle Börsenkurs die Einschätzung der Marktteilnehmer über die künftige Entwicklung des Börsenkurses wider, kann vom Steuerpflichtigen nicht erwartet werden, dass er über bessere prognostische Fähigkeiten verfügt als der Markt.

In Übereinstimmung mit der Einschätzung des Marktes ist in diesen Fällen, jedenfalls bei informationseffizienten Märkten, davon auszugehen, dass der aktuelle Börsenwert eine höhere Wahrscheinlichkeit aufweist, die künftige Kursentwicklung zu prognostizieren, als dies bei den historischen Anschaffungskosten der Wertpapiere der Fall ist.

Ob eine unstreitig eingetretene Minderung des Teilwerts eines Wirtschaftsgutes voraussichtlich langfristig andauert, ist anhand einfacher und leicht nachprüfbarer Kriterien zu beurteilen. Daraus folgt, dass bei börsennotierten Aktien, die als Finanzanlage gehalten werden, von einer dauernden Wertminderung auszugehen ist, wenn der Kurswert zum Bilanzstichtag unter die Anschaffungskosten gesunken ist und zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz keine Anhaltspunkte für ein alsbaldiges Ansteigen des Kurses vorliegen.

Der BFH hat in der genannten Entscheidung allerdings offen gelassen, ob jedwedes Absinken des Kurswerts unter die Anschaffungskosten zu einer Teilwertabschreibung führt oder ob Wertveränderungen innerhalb einer gewissen „Bandbreite“ aus Gründen der Bewertungsstetigkeit und der Verwaltungsökonomie als nur vorübergehende, nicht zu einer Teilwertabschreibung berechtigende Wertschwankungen zu beurteilen sind.

Die Finanzverwaltung wendet die Grundsätze dieses Urteils, das nur die Bewertung von börsennotierten Anteilen, die im Anlagevermögen gehalten werden, betrifft, prinzipiell über den entschiedenen Einzelfall hinaus an (BMF-Schreiben vom 26.3.2009 (BStBl I S.

Die vom BFH in dem Urteil offen gelassene Frage der Behandlung von Wertveränderungen innerhalb einer gewissen „Bandbreite“ ist durch eine zeitliche und rechnerische Komponente auszufüllen. Von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ist demnach nur dann auszugehen, wenn der Börsenkurs von börsennotierten Aktien zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag um mehr als 40 v. H. unter die Anschaffungskosten gesunken ist oder zu dem jeweils aktuellen Bilanzstichtag und dem vorangegangenen Bilanzstichtag um mehr als 25 v. H. unter die Anschaffungskosten gesunken ist. Die in Rz. 4 Sätze 5 und 6 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl I S. 372) geltende Bedingung, wonach zusätzliche Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handels- bzw. Steuerbilanz zu berücksichtigen sind, gelten entsprechend.

Die Regelungen dieses Schreibens können frühestens in der ersten nach dem 26. September 2007 (Datum der BFH-Entscheidung) aufzustellenden Bilanz berücksichtigt werden; sie sind spätestens in der ersten nach dem … März 2009 (Datum der amtlichen Veröffentlichung der Entscheidung im BStBl II) aufzustellenden Bilanz anzuwenden. Tz. 11 Sätze 2 und 3 und Tzn. 18 bis 22 des BMF-Schreibens vom 25. Februar 2000 (BStBl I S. 372) sind insoweit überholt und ab dem … März 2009 (Datum der amtlichen Veröffentlichung der Entscheidung im BStBl II) nicht weiter anzuwenden.

Wurde die Bewertung von börsennotierten Anteilen, die im Anlagevermögen gehalten werden bereits in einer vor dem 26. September 2007 (Datum der BFH-Entscheidung) aufgestellten Bilanz entsprechend den Urteils- und oben genannten mit den obersten Finanzbehörden der Länder abgestimmten Grundsätzen gebildet, bleibt dieser Ansatz bestehen. Eine Änderung des Bilanzpostens für vor diesem Zeitpunkt aufgestellte Bilanzen ist im Rahmen einer Bilanzberichtigung möglich (vgl. dazu R 4.4 EStR i. d. F. der EStÄR 2008).


Artikel zum Thema
Übernahmen: Bilanzen bergen Abschreibungsrisiken »
KPMG-Studie: In Unternehmensbilanzen lauern große Abschreibungsrisiken »
Volumen zwischen 2005 und 2008 verdreifacht »

Produkte zum Thema
Optimale Vorbereitung des Jahresabschlusses 2009 » - für Neu- und Wiedereinsteiger
BilMoG-Spezial 3 » - Anlagevermögen nach BilMoG und Steuerrecht
Bilanzpolitik und Bilanzanalyse » - Grundlagen-Seminar

Web-Links
Erneut Milliarden-Abschreibungen auf Gemstar »
HRE-Prozess vertagt - Richter schlägt Vergleich vor »
HSH Nordbank mit halber Milliarde Euro Verlust »
nach oben