27.04.2012 — Judith Mußelmann. Quelle: ECOVIS Europe AG.
Die Umsatzsteuer war eine Steuerart, von der Ärzte, Zahnärzte, Physiotherapeuten, Heilpraktiker und andere Leistungserbringer im Gesundheitswesen in der Regel nicht betroffen waren, da Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gemäß § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.
Von der Umsatzsteuerbefreiung ist nicht nur die Heilbehandlung erfasst, sondern auch der Verkauf von Gegenständen, die zur Heilbehandlung verwendet werden, zum Beispiel Untersuchungsgeräte. Hier begünstigt den Arzt oder Zahnarzt die Ausnahmeregelung des §4 Nr. 28 UStG, wonach Lieferungen von Gegenständen, die der Unternehmer ausschließlich für seine umsatzsteuerbefreite Tätigkeit verwendet hat, nicht der Umsatzsteuer unterliegen.
Umsatzsteuerbefreit war aber bisher nicht nur der Verkauf von Gegenständen, sondern auch die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter, also im Fall von (Zahn-)Arztpraxen die Veräußerung des Patientenstamms, weil die Finanzverwaltung die Übertragung des Patientenstamms als eine „Lieferung“ im Sinne von § 4 Nr. 28 UStG einordnete. Aufgrund der EuGH-Entscheidung (Az. C-242/08 vom 22.10.2009) vertreten die Obersten Finanzbehörden der Länder die Auffassung, dass die Übertragung von immateriellen Wirtschaftsgütern nicht mehr als „Lieferung“, sondern als „sonstige Leistung“ einzuordnen sei.
Dies hat zur Folge, dass die Ausnahmeregelung des § 4 Nr. 28 UStG für die Übertragung immaterieller Wirtschaftsgüter nicht mehr gilt und nunmehr Umsatzsteuer auf den Verkaufserlös für den Patientenstamm zu entrichten ist. Der Umsatzsteuersatz beträgt derzeit 19 Prozent und kann deshalb zu einer nicht unbeachtlichen Forderung des Finanzamts führen.
Vorsicht ist daher in folgenden Konstellationen geboten:
Nach wie vor unproblematisch sind Konstellationen, in denen die gesamte Praxis – also alle materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter – veräußert wird.
Lassen Sie im Vorfeld überprüfen, ob Ihr geplantes Projekt der Umsatzsteuerpflicht unterliegt. Dies kann durch eine vorausschauende Planung vermieden werden. Ist eine abweichende Gestaltung im Einzelfall nicht möglich, sollte die Umsatzsteuer im Kaufpreis berücksichtigt werden, sodass nicht der Verkäufer allein damit belastet wird.“