Kommission fordert von Griechenland Einhaltung der EU-Vorschriften zum freien Kapitalverkehr und zur Niederlassungsfreiheit

03.05.2012  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Europäische Kommission.

Die Europäische Kommission hat vergangene Woche Schritte unternommen, um zu gewährleisten, dass Griechenland seiner Pflicht zur Umsetzung der EU-Vorschriften zum freien Kapitalverkehr und zur Niederlassungsfreiheit (Artikel 63 und 49 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU, kurz: AEUV) nachkommt.

Die Nichteinhaltung des EU-Rechts resultiert aus der Anwendung einer staatlichen Maßnahme, die im Zusammenhang mit der Beteiligung der Deutschen Telekom an der Griechischen Telekommunikationsgesellschaft OTE erlassen wurde und dem griechischen Staat gewisse Sonderrechte („Golden Share“) einräumt. Die Aufforderung der Kommission an Griechenland ergeht in Form einer mit Gründen versehenen Stellungnahme. Erhält die Kommission binnen zwei Monaten keine zufriedenstellende Antwort der griechischen Behörden, kann sie den Gerichtshof der Europäischen Union anrufen.

Griechenland und die Deutsche Telekom hatten sich auf eine Aktienkaufvereinbarung (3,03 % der Aktien an der griechischen Telekommunikationsgesellschaft OTE) und auf eine Aktionärsvereinbarung geeinigt. Nach Abschluss der Aktienkaufvereinbarung hielten Griechenland und die Deutsche Telekom je 25 % plus eine Aktie der OTE. Am 11. Juli 2008 wurden die Vereinbarungen mit einem nationalen Gesetz ratifiziert (in dem ausdrücklich festgelegt wurde, dass sie Gesetzeskraft erhalten sollten).

Die Kommission wendet sich gegen jene Bestimmungen des betreffenden Gesetzes, die

  • dem Staat Sonderrechte einräumen, wie z.B. die Möglichkeit, selbst als Minderheitsaktionär die Hälfte der Leitungsorgan-Mitglieder zu benennen,
  • zahlreiche Vetorechte bei Unternehmens- und Geschäftsentscheidungen vorsehen, etwa bei Auflösung oder Fusion des Unternehmens, Übertragung oder Umwandlung strategischer Vermögenswerte des Unternehmens oder Veränderung seines Sitzlandes oder seines Kapitals,
  • für einen Transfer von OTE-Aktien durch die Deutsche Telekom und eine Änderung der Kontrollklausel (wonach Griechenland auf dem Rückkauf sämtlicher OTE-Aktien von der Deutschen Telekom bestehen kann, falls sich deren Kontrollverhältnisse ändern und die den beherrschenden Anteil übernehmende Person nicht die im griechischen Recht festgelegten Anforderungen erfüllt) die vorherige Zustimmung der griechischen Behörden vorschreiben.

Aus Sicht der Kommission gibt das nationale Gesetz dem griechischen Staat die Möglichkeit, sich weitaus stärker an den Leitungsorganen der OTE zu beteiligen, als es ihm aufgrund seines Aktionärsstatus normalerweise zustünde. Dadurch könnten andere Investoren als der Staat Griechenland und die Deutsche Telekom davon abgehalten werden, ihre Beteiligung an der OTE aufzustocken.

Die betreffenden Bestimmungen werden daher mit den in den Artikeln 63 bzw. 49 AEUV verankerten Grundfreiheiten des Kapitalverkehrs und der Niederlassung als unvereinbar angesehen.

Hintergrund

Was soll mit den Vorschriften zum freien Kapitalverkehr und zur Niederlassungsfreiheit erreicht werden?

Die im Vertrag verankerten Grundfreiheiten des Kapitalverkehrs und der Niederlassung bilden das Kernstück des Binnenmarkts. Sie ermöglichen integrierte, wettbewerbsfähige und effiziente Märkte und Dienstleistungen in Europa. Für die Bürger bedeutet das, dass sie in anderen Mitgliedstaaten z.B. Anteile an dortigen Unternehmen erwerben, Immobilien kaufen oder einen Betrieb gründen können. Den Unternehmen eröffnen sie die Möglichkeit, Anteile, Besitz oder Führung von Unternehmen in anderen europäischen Ländern zu übernehmen.

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