DAX-Konzerne erwirtschaften trotz Lieferkettenkrise Rekordgewinne

15.11.2021  — Online-Redaktion Verlag Dashöfer.  Quelle: Ernst & Young GmbH.

Der Gesamtumsatz der DAX-Unternehmen klettert im dritten Quartal um neun Prozent: Gewinn mehr als verdoppelt – Die größten Umsatzzuwächse werden in Asien verzeichnet: Europa-Geschäft stagniert – Deutsche Telekom führt das Gewinnranking an

Trotz der sich ausweitenden weltweiten Engpässe bei der Versorgung mit Halbleitern, Rohstoffen und Zulieferprodukten konnten die deutschen Top-Konzerne im dritten Quartal erneut Rekorde bei Umsatz und Gewinn vermelden: Insgesamt stieg der Gesamtumsatz der DAX 40-Unternehmen gegenüber dem Vorjahreszeitraum um neun Prozent. Auch den Umsatz des Vorkrisenjahres 2019 übertrafen die Unternehmen – um vier Prozent. Die große Mehrheit der DAX-Konzerne legte im Vergleich zum Vorjahr beim Umsatz zu – lediglich drei Unternehmen wiesen einen Umsatzrückgang auf.

Hauptumsatztreiber war im dritten Quartal das Geschäft in Asien, wo die Umsätze in Summe um 14 Prozent stiegen. In Nordamerika wurde ein Wachstum von 13 Prozent verzeichnet, in Europa lag der Gesamtumsatz hingegen auf dem Vorjahresniveau (minus 0,1 Prozent).

Noch besser als die Umsätze entwickelten sich die operativen Gewinne der deutschen Top-Konzerne: Nach einem Gesamt-EBIT von 14,2 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum erwirtschafteten die DAX-Konzerne im abgelaufenen Quartal einen Gesamtgewinn von 35,7 Milliarden Euro – ein Plus von 152 Prozent. Gegenüber dem dritten Quartal des Vorkrisenjahres 2019 wuchs der Gewinn damit immerhin noch um 21 Prozent.

Das zeigt eine aktuelle Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY auf der Basis der Geschäfts- bzw. Quartalsberichte der derzeit im Deutschen Aktienindex (DAX) gelisteten Unternehmen.

„Wir befinden uns im zweiten Jahr der Pandemie, und die Rahmenbedingungen sind nach wie vor sehr schwierig: Unterbrechungen der Lieferketten, stark steigende Logistik- und Materialkosten, Lieferprobleme bei Rohstoffen sowie Bauteilen und daraus resultierende Produktionsdrosselungen machen den Unternehmen zu schaffen. Dennoch hat es die große Mehrheit der deutschen Top-Konzerne im dritten Quartal geschafft, Kurs zu halten“, sagt Henrik Ahlers, Vorsitzender der Geschäftsführung bei EY. „Das ist bemerkenswert und ein deutliches Zeichen der Stärke. Was sich derzeit vor allem auszahlt, ist die internationale Aufstellung vieler Unternehmen und der Fokus auf Hochtechnologie und auf Premium-Segmente.“ Ahlers warnt allerdings: „Die Pandemie hat die Weltwirtschaft noch immer fest im Griff, und solange so viele große Volkswirtschaften mit neuen Ausbrüchen kämpfen, werden wir weitere böse Überraschungen erleben.“

„Feierstimmung kommt trotz guter Finanzzahlen derzeit nicht auf“, ergänzt Mathieu Meyer, Partner bei EY. „Im Gegenteil: Einige Konzerne mussten zuletzt Gewinnwarnungen abgeben, die weitere Entwicklung ist sehr schwer abzusehen. Es ist durchaus möglich, dass wir im vierten Quartal noch stärkere Auswirkungen der Lieferengpässe sehen werden, gerade wenn die Pandemie im anstehenden Winter auf der Nordhalbkugel erneut zu größeren Verwerfungen führt. Weitere Produktionsausfälle und Logistikstörungen könnten Dominoeffekte auslösen und damit weitere Branchen in Mitleidenschaft ziehen“, fürchtet Meyer.

Telekom mit dem höchsten Gewinn

Gewinnstärkstes Unternehmen war im dritten Quartal die Deutsche Telekom, die einen operativen Gewinn von 3,5 Milliarden Euro erwirtschaftete, gefolgt vom Versicherungskonzern Allianz mit einem EBIT von 3,2 Milliarden Euro. Die Plätze drei bis fünf im Gewinnranking werden von den Autoherstellern belegt – obwohl gerade die Automobilindustrie die Auswirkungen der Chipkrise zu spüren bekommt. Volkswagen, Daimler und BMW erwirtschafteten zusammen einen operativen Gewinn von 8,4 Milliarden Euro, nachdem diese drei Unternehmen im Vorjahreszeitraum noch ein Gesamt-EBIT von 7,6 Milliarden Euro ausgewiesen hatten.

Den stärksten Gewinnanstieg verzeichneten aber die Chemie- bzw. Chemie/Pharmakonzerne BASF und Bayer, die jeweils nach Milliardenverlusten im Vorjahr nun Milliardengewinne ausweisen konnten. 26 Unternehmen konnten ihren operativen Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum steigern, bei zehn Konzernen ging der Gewinn zurück. Die übrigen Unternehmen machten im dritten Quartal keine Angaben zum Gewinn.

Auch die Beschäftigung entwickelte sich nicht einheitlich: Zwar stieg die Zahl der Mitarbeiter im Jahresverlauf insgesamt um 1,5 Prozent. Aber nur 14 Unternehmen verzeichneten einen Anstieg der Mitarbeiterzahl – zum Teil aufgrund von Zukäufen –, während 15 Unternehmen eine rückläufige Beschäftigung meldeten. Die übrigen Unternehmen machten keine entsprechenden Angaben. „Die Mitarbeiterzahl steigt derzeit bei den meisten Unternehmen kaum noch – trotz steigender Umsätze. Auch für die kommenden Jahre sind an dieser Stelle keine großen Sprünge zu erwarten. Die meisten Unternehmen sind bei Neueinstellungen eher restriktiv, da derzeit generell Kostendisziplin und vor allem die Senkung der Fixkosten ganz oben auf der Agenda vieler Unternehmen stehen,“ sagt Ahlers.

Impulse für einen nachhaltigen Umbau der Wirtschaft

Die Unternehmen tun nach Ahlers‘ Einschätzung gut daran, weiterhin auf Kostendisziplin zu setzen und zudem mit Hochdruck daran zu arbeiten, ihren Produktionsverbund und ihre Lieferketten krisenfest zu machen. Er rechnet damit, dass die aktuellen Beschaffungsprobleme den Trend zum sogenannten Backshoring, also zu einer Produktion näher an den Absatzmärkten, verstärken werden zu einem teilweisen Rückzug aus sogenannten Best Cost Countries führen wird. Ahlers betont: „Die Globalisierung wird nicht zurückgedreht. Aber sicher ist, dass die lokale Herstellung stärker in den Fokus kommt – nicht nur aufgrund geopolitischer und Kostenerwägungen, sondern auch aus Nachhaltigkeits- und Umweltschutzgründen. Immer mehr Konzerne streben Klimaneutralität an und nehmen dabei auch die Dekarbonisierung ihrer Lieferketten in den Blick.“

EY Partner Mathieu Meyer ergänzt: „Zukünftig wird es weniger darum gehen, das letzte Quäntchen an Kostenoptimierung herauszuholen. Stattdessen stehen verlässliche und langfristige Partnerschaften mit Lieferanten, eine langfristige Planung und eine faire Verteilung der Wertschöpfung im Vordergrund – die aktuellen Turbulenzen auf den Weltmärkten könnten dafür als Katalysator fungieren.“

Bild: PIxabay (Pexels, Pexels Lizenz)

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