Räume als Dienstleistungen

Richard Stang : »Räume als Dienstleistungen« (In: Erfolgreiches Management von Bibliotheken und Informationseinrichtungen, hrsg. von Prof. Cornelia VonhofProf. Dr. Konrad Umlauf, Auflage 86, Hamburg: Verlag Dashöfer 2024, Abschn. 8.4.4)

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8.4.4.0 Literatur und Internetquellen

Eigenbrodt, O. (2021): Lernwelt Wissenschaftliche Bibliothek. Pädagogische und raumtheoretische Facetten. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

Eigenbrodt, O.; Stang, R. (Hrsg.) (2014): Formierungen von Wissensräumen. Optionen des Zugangs zu Information und Bildung. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

Hauke, P.; Werner, K. U. (Hrsg.) (2026): Praxishandbuch Bibliotheksbau. Planung – Gestaltung – Betrieb. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

Heinzel, V.; Seidl, T.; Stang, R. (Hrsg.) (2020): Lernwelt Makerspace. Perspektiven im öffentlichen und wissenschaftlichen Kontext. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

Jochumsen, H.; Skot-Hansen, D.; Hvenegaard-Rasmussen, C. (2014): Erlebnis, Empowerment, Beteiligung und Innovation. Die neue Öffentliche Bibliothek. In: O. Eigenbrodt; R. Stang (Hrsg.): Formierungen von Wissensräumen. Optionen des Zugangs zu Information und Bildung. Berlin; Boston: De Gruyter Saur, 67–80.

Kirschbaum, M.; Stang, R. (Hrsg.) (2022): Architektur und Lernwelten. Perspektiven für die Gestaltung. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

Löw, M. (2012): Raumsoziologie. 7. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Oldenburg, R. (1989): The Great Good Place: Cafés, Coffee Shops, Bookstores, Bars, Hair Salons and Other Hangouts at the Heart of a Community. Cambridge, MA: Da Capo.

Stang, R. (2017): Analoger Körper im digitalen Raum. Lernen im Zeichen einer ambivalenten Kontextualisierung. In: F. Thissen (Hrsg.): Lernen in virtuellen Räumen. Perspektiven des mobilen Lernens. Berlin/Boston: De Gruyter Saur, 28–38.

Stang, R.; Umlauf, K. (Hrsg.) (2018): Lernwelt Öffentliche Bibliothek. Dimensionen der Verortung und Konzepte. Berlin/Boston: De Gruyter Saur.

8.4.4.1 Bedeutung von Räumen

Digitalisierung und COVID-19-Pandemie haben in den letzten Jahren veränderte Alltag entkörperlichtStrukturen von Kommunikation und Begegnung geschaffen. Unser Alltag „entkörperlicht“ sich dabei zunehmend. Doch egal, was wir tun, unser Körper bewegt sich immer im physischen Raum, den wir nicht verlassen können. Dabei ist der relationale (An)Ordnung von Lebewesen und sozialen GüternRaum kein „Behälter“, in dem wir uns nur aufhalten, sondern „eine relationale (An)Ordnung von Lebewesen und sozialen Gütern“Löw, M. (2012): Raumsoziologie. 7. Aufl. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, S. 154; H.i.O.. Neben der Raumstruktur und der Möblierung spielen eben die Menschen ein zentrale Rolle bei den Nutzungsoptionen von Räumen.

Räume haben aber nicht nur materielle und soziale Dimensionen, sondern auch das Wissen über Räume und deren Nutzungsoptionen ist bei der Aneignung und Nutzung von Räumen von Relevanz. Denn neben sozialen Grenzen für Raumnutzungen – zum Beispiel der Besuch eines teuren Restaurants –, gibt es eben auch WissensgrenzenWissensgrenzen, wenn Menschen gar nicht wissen, wie sie sich in einem Raum verhalten können bzw. sollen.

Raumnutzungen und damit letztendlich die Konstitution von Räumen erfolgen in der AushandlungsprozesseRegel nicht allein, sondern in (unbewussten) Aushandlungsprozessen mit anderen. Dabei spielen nicht nur offensichtliche Notwendigkeiten, sondern eben auch kulturelle Dimensionen eine Rolle. So halten Menschen Unordnung teilweise nur schwer aus und versuchen zum Beispiel durch eine „ordentliche“ Anordnung von Möbeln wieder eine Ordnung herzustellen, die scheinbar in den Raum eingeschrieben ist. Weist man Menschen darauf hin, sind sie meistens irritiert, da sie davon ausgehen, dass auch andere diese Ordnung als „die“ Ordnung sehen müssten.

TerritorialitätAuch spielt das Thema Territorialität bei der Raumnutzung eine große Rolle. So zeigt sich, dass Räume oft erst von den Rändern her besetzt werden oder in Bildungskontexten zunächst Platz zwischen sich und anderen gelassen wird. Erst diejenigen, die keine Alternativen mehr haben, setzen sich dann auf die Plätze, die frei gelassen wurden. Auch werden bei Reihenbestuhlung oft zuerst die Ränder besetzt, da man sich davor scheut, in die Mitte zu setzen, in der man nach vollständiger Belegung der Plätze „gefangen“ ist.

Grundlagen der Gestaltung von Räumen

  • Was soll darin geschehen?

  • Welche Angebote sollen realisiert werden?

  • Für welche Zielgruppen sollen die Räume nutzbar sein?

  • Welche Möblierung ist sinnvoll?

  • Welche technische Ausstattung wird benötigt?

Für Bibliotheken stellt sich im besonderen Maße die Frage, wie die unterschiedlichen Räume gestaltet werden sollen.

Diese Fragen erhalten eine besondere Relevanz vor dem Hintergrund der Diskussion über die Bibliothek als Dritten Ort.

8.4.4.2 Dritter Ort

Ort zwischen Arbeit und ZuhauseDer Begriff Dritter Ort wurde von Ray OldenburgOldenburg, R. (1989): The Great Good Place. Cambridge, MA: Da Capo. geprägt und beschreibt einen Ort zwischen Arbeit und Zuhause, der die Möglichkeit bietet, anderen Menschen zu begegnen und sich auszutauschen. Es ist ein neutraler Ort, ein Ort, den alle nutzen können, ein einfach zu erreichender Ort, ein Ort der Kommunikation, es gibt ein Stammpublikum an dem Ort, die Funktion des Orts steht im Fokus, nicht die Optik, es herrscht eine angenehme Atmosphäre und der Ort stellt eine zweite Heimat dar.

Die von Oldenburg beschriebenen Elemente treffen auch auf Bibliotheken zu, wobei Oldenburg bei seinen Betrachtungen eher Orte wie Cafés, Shopping Malls etc. im Blick hatte, die eben auch von Konsum geprägt sind. Trotzdem können die Aspekte auch für die Planung und Gestaltung von Räumen genutzt werden.

Da die Bibliotheken immer stärker als (Aufenthalts-)Ort wahrgenommen werden, an dem neben Information und Orientierung auch Kommunikation stattfindet, werden die unterschiedliche RaumstrukturenFragen der Gestaltung von Räumen auch in Zukunft von Bedeutung sein. Dabei gibt es allerdings unterschiedliche Raumstrukturen in Bibliotheken zu beachten.

8.4.4.3 Raumstrukturen in Bibliotheken

Wenn man Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken genauer betrachtet, stellt man fest, dass es sich hier meistens nicht um homogene Raumstrukturen handelt, sondern die Bibliotheken über sehr unterschiedliche Räume und Zonen verfügen. Diese Raumstukturen können sich von den Funktionen, der Orientierung an den Nutzerinnen und Nutzern, der Ausstattung etc. unterscheiden. Dabei ist der Übergang zwischen den einzelnen Raumstrukturen nicht selten fließend.

Auch unterscheiden sich die baulichen Rahmenbedingungen nicht nur nach Gestaltung der ÜbergängeBibliothekstyp, sondern auch nach der Größe der Bibliothek. Innerhalb dieser Rahmung strukturieren sich die Raumangebote und entwickeln letztendlich eine spezifische Atmosphäre. Der Gestaltung der Übergänge zwischen einzelnen Raumtypen innerhalb einer Bibliothek kommt dabei eine zentrale Rolle zu.

Raumstrukturen flexibilisierenIn den letzten Jahren wurde verstärkt versucht, Raumstrukturen zu flexibilisieren, um diese den sich permanent verändernden Anforderungen schneller ohne großen Aufwand anpassen zu können. Dabei lohnt sich ein Blick auf die Funktionen der einzelnen Raumstrukturen.

8.4.4.3.1 Bestandsräume

Den Nutzerinnen und Nutzern physisch Medien zur Verfügung zu stellen, gehört nach Zugang zu Büchern, Medien etc.wie vor zu einer der zentralen Aufgaben von Bibliotheken. Auch wenn vor dem Hintergrund der Digitalisierung physsiche Bestände reduziert werden, ist für viele Nutzerinnen und Nutzer der Zugang zu Büchern, Medien etc. nach wie vor von Bedeutung.

Die Gestaltung der Zone, auf der der Bestand präsentiert wird, ist meistens von Regalen geprägt. Oft sind diese fest verbaut, da sie auch mit der Beleuchtung korrespondieren und auch Fluchwegstrukturen berücksichtigt werden müssen. Doch werden in immer mobile Regalemehr Bibliotheken zumindest teilweise mobile Regale eingesetzt, um Flächen besser ausnutzen zu können, wenn z. B. für eine Abendveranstaltung eine größere Fläche für das Publikum gebraucht wird und kein Vortragssaal vorhanden ist. Auch werden oft Sitzmöglichkeiten in die Regalstrukturen eingelagert, um den Nutzerinnen und Nutzern bestandsnahe Lesemöglichkeiten zur Verfügung zu stellen.

Eine höhere Flexibiliät der Möblierung ermöglicht eine leichtere Anpassung an Bestand verdichtenAnforderungen, die sich aus veränderten Bedarfen der Nutzung ergeben. Es gibt auch Bibliotheken, die den Bestand verdichten, um mehr Flächen für andere Funktionen zu schaffen. Hintergrund ist hier die Überlegung, dass sich die Nutzerinnen und Nutzer an den Regalen nicht sehr lange aufhalten und eher Raum benötigen, um zu lesen, zu lernen oder zu arbeiten.

8.4.4.3.2 Veranstaltungsräume

Veranstaltungsräume reichen vom klassischen Votragssaal, der gegebenenfalls nur sehr wenig genutzt wird, da er nur monofunktional ausgerichtet ist, bis hin zu Seminarräumen, die für Workshops und kleinere Veranstaltungen genutzt werden Veranstaltungen meistens in der Bibliotheksflächekönnen. In Bibliotheken, die über keine solchen Räume verfügen, werden Veranstaltungen meistens in der Bibliotheksfläche durchgeführt. Bei Abendveranstaltungen, die außerhalb der Öffnungszeiten stattfinden, ist das kein Problem, wenn die Regale und das Mobiliar so flexibel sind, dass entsprechende Flächen freigeräumt werden können. Während der Öffnungszeiten erweist es sich oft als Problem, weil Nutzerinnen und Nutzer der Bibliothek gegebenenfalls gestört werden könnten. Hier bedarf es besonderer Vorkehrungen, um mit der Veranstaltung den Bibliotheksbetrieb nicht zu stören. Einzelne Bibliotheken arbeiten hier mit Vorhängen.

Räume außerhalb der BibliothekOft erweist sich die Nutzung von Räumen außerhalb der Bibliothek als eine Option, wenn keine eigenen Veranstaltungsräume vorhanden sind. Hierfür bedarf es aber konkreter Absprachen und eventuell auch Verträgen, um den Zugriff auf solche Räume zu sichern.

8.4.4.3.3 Leseräume

Der Lesesaal gehört zu den ikonischen Bildern einer Bibliothek. Vor allem im Bereich der Wissenschaftlichen Bibliotheken ist er nach wie vor ein wichtiges Angebot. Kennzeichen eines Lesesaal ist normalerweise, dass dort in Ruhe gelesen und gearbeitet werden kann. Die Formierung des Lesesaals ist meistens einheitlich.

Vor allem in Präsenzbibliotheken mit Beständen, die nicht ausgeliehen werden können, wie z. B. der Deutschen Nationalbibliothek, hat der Lesesaal eine große Bedeutung. In Öffentlichen Bibliotheken hat der klassische Lesesaal in den letzten Jahren allerdings an Bedeutung verloren. Es gibt zwar Öffentliche Bibliotheken, die Archivbestände haben, die nur vor Ort eingesehen werden können, doch findet sich der klassische Lesesaal meistens in Wissenschaftlichen Bibliotheken.

monofunktionale NutzungsstrukturDie normalerweise monofunktionale Nutzungsstruktur erlaubt es nur selten, den Raum auch für andere Funktionen zu nutzen. Deshalb sind in den letzten Jahren auch verstärkt neue Raumstrukturen entstanden, die etwas flexibler ausgelegt sind.

8.4.4.3.4 Lern- und Arbeitsräume

Vielfalt von AusprägungenLern- und Arbeitsräume sind zu einem wichtigen Element des Dienstleistungsportfolios von Bibliotheken geworden. Dabei gibt es eine Vielfalt von Ausprägungen: Seminarräume, Einzelarbeitsplätze, Gruppenarbeitsplätze, Carrels etc. Die Lern- und Arbeitsmöglichkeiten werden genauso in offenen Raumstrukturen angeboten wie in geschlossenen. Damit kommen die Bibliotheken den unterschiedlichen Bedarfen der Nutzerinnen und Nutzer entgegen, da es welche gibt, die gerne in einer Umgebung mit anderen lernen, und solche, die eher in abgeschotteten Bereichen lernen und arbeiten wollen.

Auch bei der Gestaltung von Lern- und Arbeitsflächen stellt sich immer wieder die FlexibilitätFrage, wie flexibel die Arrangements sein sollen. Eine große Flexibilität schafft auf der einen Seite die Voraussetzung dafür, dass die Zone an die jeweiligen Bedarfe angepasst werden können, wenn in bestimmten Phasen (z. B. Lernen auf Prüfungen) Einzelarbeitsplätze, in anderen Phasen (z. B. Projektarbeiten) Gruppenarbeitsplätze intensiver nachgefragt werden. Auf der anderen Seite werden dadurch „unordentliche“ Strukturen geschaffen, die das Ordnungsgefühl von vielen Bibliothekarinnen und Bibliothekaren herausfordert. Doch zeigt sich in der Praxis, dass flexible Strukturen die Lernatmosphäre verbessern helfen kann, weil man das Mobiliar entsprechnd den Bedarfen anpassen kann.

8.4.4.3.5 Makerspaces

Makerspaces sind Areale, die in Bibliotheken an Relevanz gewonnen haben. Im Rahmen der Do-it-Yourself-Bewegungen (DIY) ist der Bedarf an Orten gestiegen, die Möglichkeiten bieten, 3D-Druck zu realisieren, analoge Medien zu digitalisieren, zu basteln, zu nähen etc. Bibliotheken haben seit ca. zehn Jahren damit begonnen, hier Raumangebote zur Verfügung zu stellen. Frühe Projekte in Deutschland war im Bereich der Wissenschaftlichen Bibliotheken die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) und im Bereich der Öffentlichen Bibliotheken die Stadtbibliothek Köln.

Oft wurde der 3D-Drucker als Inbegriff eines Makerspaces verstanden. Doch bei einem welchen Mehrwert habe Nutzerinnen und Nutzer?Makerspace geht es um mehr. Dafür braucht es ein Konzept, das eben nicht nur neue Technologien im Blick hat, sondern auch die Frage, welchen Mehrwert die Nutzerinnen und Nutzer durch den Besuch und die Nutzung haben. Wichtig sind dabei die Dimensionen Zusammenarbeit und Kooperation, Zugang auch für benachteiligte Gruppen sowie Anpassung an die Bedarfe im Umfeld. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass mit anderen Akteurinnen und Akteuren zusammengearbeitet und keine Konkurrenzsituation zu bereits bestehenden Aktivitäten aufgebaut wird.

GeräteWelche Geräte in einem Makersspace angeboten werden, hängt dann von einem solchen Konzept ab und natürlich auch von der konkreten Raumsituation und den Möglichkeiten der Betreuung. Gerade die Betreuung von Makerspaces kann sehr gut mit Kooperationspartnerinnen und -partnern realisiert werden.

8.4.4.3.6 Co-Workingspaces

Die Bibliotheken – seien es Öffentliche oder Wissenschaftliche – sind eigentlich schon Austausch zwischen Nutzerinnen und Nutzernimmer Co-Workingspaces, wobei der Austausch zwischen den Nutzerinnen und Nutzern sich erst in den letzten Jahren intensiviert hat. War der Fokus in Bibliotheken lange auf Lesen und Lernen gerichtet, ist heute festzustellen, dass auch immer mehr Menschen in die Bibliothek kommen, um dort zu arbeiten. Dadurch, dass die Bibliotheken Arbeitsplätze, WLAN, Drucker etc. und im Normalfall eine ruhige Arbeitsatmosphäre zur Verfügung stellen, bietet sich dieser Ort für Arbeiten an.

Ein Problem in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass Personen, die die Bibliothek als Arbeitsplatz nutzen, diesen Arbeitsplatz oft sehr lange belegen. Hier bedarf es Regelungen, wenn dies zum Problem wird.

Der zunehmende Bedarf an Co-Workingspaces – auch im Kontext vom Ausbau von Home-Office-Lösungen – könnte auch eine Chance für Öffentliche Bibliotheken sein, sich hier zu profilieren. Dazu wird aber der notwendige Platz benötigt, der in Anbetracht der vielen Aktivitäten von Bibliotheken allerdings meistens sehr knapp bemessen ist.

8.4.4.3.7 Zielgruppenräume

Kinder- und Jugendbibliotheken bzw. -areale sind die zentralen Zielgruppenräume in Öffentlichen Bibliotheken. In Wissenschaftlichen Bibliotheken sind es z. B. Räume für bei Gestaltung der Flächen für Kinder auch Bedarfe der Eltern berücksichtigenPromovierende. Die Gestaltung von Zielgruppenräumen ist eine Herausforderung, die gute konzeptionelle Planung erfordert. So müssen z. B. bei der Gestaltung der Flächen für Kinder auch die Bedarfe der Eltern mitberücksichtigt werden. Die Fläche für die Jugendlichen sollte nicht zu nahe an der Fläche für die Kinder sein und auch nicht in Durchlaufzonen, da sich Jugendliche von Kindern abgrenzen und auch unbeobachtet sein wollen.

MöblierungEin Problem stellt in Zielgruppenräumen immer die Möblierung dar. Wird diese sehr spezifisch auf die Zielgruppe zugeschnitten, ist sie nicht flexibel einsetzbar. Passt man sie aber zu sehr an die Struktur der allgemeinen Möblierung an, dann verliert das Areal seine Spezifik. Diese Problematik wird vor allem in kleineren Bibliotheken deutlich, die oft nicht ausreichend Fläche für die Gestaltung unterschiedlicher Zonen haben.

das spezifische Nutzungsverhalten der ZielgruppenEin wichtiges Element bei der Gestaltung von Zielgruppenräumen ist, sich über das spezifische Nutzungsverhalten der Zielgruppe im Klaren zu sein. Kinder können auch mal etwas laut sein, Jugendliche fühlen sich nicht wohl, wenn sie sich beobachtet fühlen. So gilt es, die Bedarfe der verschiedenen Nutzerinnen und Nutzer aufeinander abzustimmen. Dies kann auch durch technische Lösungen geschehen. So halten sich Jugendliche z. B. nur selten in Bereichen auf, wo es kein gutes WLAN gibt, d. h., in den Bereichen, wo sich möglichst keine Jugendlichen aufhalten sollen, verzichtet man auf eine gute WLAN-Ausleuchtung.

8.4.4.3.8 Büros

Eine interne Dienstleistung ist die Gestaltung von Büros und den damit verbundenen Flächen. Dieser Bereich dürfte eines der emotionalsten Themen in einer Bibliothek sein. Abhängig von den Tätigkeiten bedarf es hier unterschiedlicher Lösungen. Wer den ganzen Tag an einem Arbeitsplatz arbeiten muss, benötigt im Normalfall einen fixen eigener Schreibtisch nicht unbedingt notwendigSchreibtisch. Doch die meisten Mitarbeitenden in einer Bibliothek halten sich nicht den ganzen Arbeitstag an einem Arbeitsplatz auf, so dass ein eigener Schreibtisch vielleicht nicht unbedingt notwendig ist. Auch, wenn viele Teilzeitkräfte zum Team gehören, bedarf es einer Büroorganisationsstruktur, die nicht zu viel Fläche unterbesetzt hält.

die Mitarbeitenden beteiligenBei der Planung und Gestaltung sollten die Mitarbeitenden beteiligt werden. Dabei sollte auch deutlich gemacht werden, worin die Vor- und Nachteile von verschiedenen Bürokonstellationen sind. Zu unterscheiden sind u. a.: Einzelbüros, Team- und Gruppenbüros, Großraumbüros, Open Space Büros, Kombi Büros, reversible Büros, Multispacebüros.

Auch bei Büroflächen wird die Flexibilität immer wichtiger, so dass man die Büros an die Bedarfe der Bibliothek und der Mitarbeitenden anpassen kann. Hierbei spielen die Möblierung und der Arbeitsschutz zentrale Rollen.

8.4.4.3.9 Digitaler Raum

Der digitale Raum soll hier auch erwähnt werden, da dessen Bedeutung in den letzten digitale DienstleistungJahren immens zugenommen hat. Hier stellen die Bibliotheken vielfältige Angebote als digitale Dienstleistung zur Verfügung. Dies gilt sowohl für Öffentliche und Wissenschaftliche Bibliotheken. Auch hier bedarf es eines Konzeptes, wie der digitale Raum „möbliert“ werden soll. Die Frage, welches Angebot für die Nutzerinnen und Nutzer relevant ist, sollte im Zentrum der Überlegungen stehen. Eine detaillierte Darstellung der Optionen würde an dieser Stelle zu weit führen.

8.4.4.4 Management von Räumen

Das Management von Räumen ist eine der komplexestens Managementaufgaben im Bibliotheksbereich, da die Räume das Aushängeschild der Einrichtung und entscheidend für die Atmosphäre einer Bibliothek sind. Letztendlich sind Räume in Bibliotheken eine Dienstleitung, die jede Nutzerin und jeder Nutzer in Anspruch nimmt, aber diese nicht als Dienstleistung realisiert. Deshalb ist es auch wichtig, deutlich zu machen, warum die Bibliothek so aussieht, wie sie aussieht.

Zentrale Grundlage für die Entwicklung von Raumstrukturen ist die Konzeption der Bibliothek, die festgelegt werden sollte, d. h., welches Profil will die Bibliothek haben, passt Raumkonzept zum strategischen Konzept?welche Zielgruppen will sie ansprechen, wie ist das Umfeld der Bibliothek etc.? Dies gilt nicht nur bei Neubauten, sondern auch bei Bestandsbauten. So sollte regelmäßig überprüft werden, ob das Raumkonzept noch zum strategischen Konzept der Bibliothek passt.

8.4.4.4.1 Planung

Die Planung eines Raumkonzeptes ist keine triviale Aufgabe. Plant man einen Neubau, dann ist der Gestaltungsspielraum im Normalfall größer als bei der Planung von Ausgangspunkt sollte immer das strategische KonzeptRaumveränderungen im Bestand. Trotzdem gilt für beide, dass vielfältige Aspekte berücksichtigt werden müssen. Ausgangspunkt sollte immer das strategische Konzept der Bibliothek sein, in dem das Profil, die Zielgruppen, das Angebotsportfolio etc. beschrieben werden. Ausgehend davon, kann dann die Zonierung von Flächen und Räumen geplant werden.

Vier-Räume-ModellEines der interessantesten Konzepte für die Planung von Raumstrukturen ist das Vier-Räume-Modell von Jochumsen et al.

Abb. 1: Das Vier-Räume-Modell der Öffentlichen Bibliothek.Jochumsen et al. (2014): Erlebnis, Empowerment, Beteiligung und Innovation. In: O. Eigenbrodt; R. Stang (Hrsg.): Formierungen von Wissensräumen. Berlin; Boston: De Gruyter Saur, S. 67–80, S. 70

Das Vier-Räume-Modell umfasst folgende Räume:

  • den Inspirationsraum, in dem die Menschen begeistert werden und bedeutungsvolle Erfahrungen machen sollen,

  • den Lernraum, in dem Menschen Dinge entdecken, Erkenntnisse gewinnen und Kompetenzen entwickeln können,

  • den Treffpunkt, in dem Menschen sich mit anderen treffen, gemeinsam aktuelle Probleme diskutieren und entspannen können

  • den performativen Raum, in dem Menschen kreativ und künstlerisch aktiv werden können sowie Zugang zu Werkzeugen und Materialien zum Gestalten haben.Jochumsen et al. (2014): Erlebnis, Empowerment, Beteiligung und Innovation. In: O. Eigenbrodt; R. Stang (Hrsg.): Formierungen von Wissensräumen. Berlin; Boston: De Gruyter Saur, S. 67–80, S. 70–77

in der Planungsphase Zeit investierenWichtig ist letztendlich, dass das Raumkonzept zur Bibliothek passt und auch von den Mitarbeitenden mitgetragen wird. Deshalb sollte in der Planungsphase Zeit investiert werden, um ein schlüssiges Konzept zu erarbeiten. Beim DOKK1 in Aarhus haben sich die Verantwortlichen fast zehn Jahre Zeit genommen, um einzelne Elemente für den Neubau vorher schon auszuprobieren.

Im Rahmen der Planung ist es auch sinnvoll andere Bibliotheken und in Bezug auf Bürogestaltung andere Einrichtungen zu besuchen, um sich dort ein Bild von Gestaltungsoptionen zu machen. Auch ein Blick ins Ausland, wo manche Entwicklungen früher umgesetzt werden als in Deutschland (z. B. Niederlande, Skandinavien), lohnt sich. Vordergründig erscheint dies viel Aufwand, der sich aber später im Raumkonzept positiv niederschlägt und oft auch Planungskosten reduziert, da man eine genauere Votrstellung davon hat, was man will und was nicht.

Wichtig bei der Planung ist auch darauf zu achten, dass man ein Raumkonzept leicht an Veränderungen anpassenentwickelt, dass sich in Zukunft leicht an Veränderungen anpassen lässt. Ästhetisch ansprechende Lösungen, die allerdings eher modisch sind, lassen sich später nur punktuell verändern, ohne die ästhetische Wirkung zu verlieren. Bei Neubauten ist auch darauf zu achten, dass die Architektin oder der Architekt nicht Rechte an der Gestaltungzu viele Rechte an der Gestaltung des Baues hat, da sonst später Veränderungen ohne Genehmigung der Architektin oder des Architekten kaum möglich sind. Damit kann eine Weiterentwicklung der Bibliothek ausgebremst werden.

8.4.4.4.2 Umsetzung

Die Umsetzung erfordert im Normalfall viel zeitlichen Aufwand. Der sollte eingeplant werden, da vor allem bei einem Neubau immer wieder von den Architektinnen oder Architekten oder der Bauleitung schnelle Entscheidungen verlangt werden. Doch auch bei Veränderungen im Bestand ist es wichtig, Zeitressourcen für die Begleitung einzuplanen.

Wenn Zeit zur Verfügung steht, kann man auch in der alten Struktur punktuelle Veränderungen vornehmen, um auszuprobieren, ob diese für die Nutzerinnen und Nutzer funktionieren.

8.4.4.4.3 Möblierung

Die Möblierung von Räumen ist eines der zentralen Aushängeschilder einer Bibliothek. Trotzdem wird oft nicht sehr viel Energie darauf verwendet, diese auf der Basis von wissenschaftlichen Erkenntnissen auszuwählen. Oft werden Vorschläge von Komplettausstattern eingeholt – was kein Defizit darstellen soll –, doch ist es sinnvoll, Möbel testenalle Möbel auch auszuprobieren. Dazu lohnt sich der Aufwand, in Showrooms von Möbelausstattern zu gehen, um dort die Möbel auch testen zu können.

Möbel im laufenden Betrieb ausprobierenEine weitere Möglichkeit, Erkenntnisse für die Gestaltung zu erlangen ist, in der alten Raumstruktur Testflächen mit Möbeln einzurichten. Dadurch lassen sich Möbel im laufenden Betrieb ausprobieren, und Rückmeldungen von Nutzerinnen und Nutzern können in die Entscheidung einbezogen werden. Man kann auch überprüfen, ob die Möbel leicht handhabbar sind und beim Verschieben und Verräumen kein zu großer Aufwand für die Mitarbeitenden zu leisten ist.

8.4.4.4.4 Technische Ausstattung

Die technische Ausstattung setzt oft den Rahmen dafür, was in den Räumen gemacht Lichtschienenwerden kann. Lichtschienen entlang der Bücherregale fixieren die Regale an dieser Stelle, da sie nicht verschoben werden können, ohne dass Schattenbildungen vorkommen. Die Position von Steckdosen fixiert bestimmt Aktivitäten. Position von SteckdosenVerschattungssysteme können die Ausleuchtung des Raumens stark beeinflussen. Hier wären noch weitere Beispiele zu nennen, auf die geachtet werden sollte, wenn man Räume plant.

BeamerBei der Installation von Beamern sollte man sich immer überlegen, ob ein Beamer sinnvoll ist, oder ein mobiles Display nicht besser passt, da es nicht nur an einem Platz eingesetzt werden kann.

Da gerade die technische Ausstattung bei Neu- und Umbauten immer ein zeitkritisches Element ist, sollte frühzeitig mit der Planung begonnen werden, nicht erst, wenn die Anforderungen von den Architektinnen und Architekten kommen.

8.4.4.4.5 Veränderung

Räume zu verändern ist nicht selten eine kostspielige Angelegenheit. Deshalb sollte bei der Planung immer auch die Option zur Veränderung einplant werden. Gebäude werden für die nächsten 60 bis100 Jahre stehen, Neumöblierungen sicher für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Da sich die Dienstleistungen der Bibliotheken in einem permanenten Management von Räumen ein extrem komplexes UnterfangenWandel befinden, sollten auch die Räume unter dieser Perspektive betrachtet werden. Doch dabei ist auch klar, dass das Management von Räumen ein extrem komplexes Unterfangen ist, dem viel Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, da die Räume das Aushängeschild der Bibliothek sind und die Atmosphäre neben den Mitarbeitenden am stärksten prägen.

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