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Auffangpositionen in der E-Bilanz - Freud oder Leid? (III)

13.09.2011  — Tobias Polka, Arne Jansen.  Quelle: Verlag Dashöfer GmbH.

Im dritten Teil der Artikelserie zum Thema "Auffangpositionen" und deren Rolle in der E-Bilanz geben Ihnen unsere Autoren Arne Jansen und Tobias Polka Beispiele zur Auswirkung der Auslegungsfrage und Entscheidungshilfen für die Unternehmen.

IV. Beispiele zur Auswirkung der Auslegungsfrage

Je nachdem, welcher Lesart man folgt, bestehen mehr oder weniger restriktive Bedingungen für die Nutzung der Auffangpositionen. Hierzu zwei Beispiele:

1. Beispiel Umsatzerlöse

In der Position Umsatzerlöse muss in der Taxonomie Steuer grundsätzlich nach den einzelnen Umsatzsteuertatbeständen unterschieden werden. Es existiert darüber hinaus auch eine faktische Auf-fangposition „Umsatzerlöse ohne Zuordnung nach Umsatzsteuertatbeständen“. Werden nun alle Buchungen der Umsatzerlöse ohne eine Untergliederung nach Umsatzsteuertatbeständen im Hauptbuch vorgenommen, so sind diese Buchungen jedoch inklusive einer Umsatzsteuerkontierung trotzdem im Grundbuch chronologisch erfasst. Spätestens hieraus ist eine Herleitung möglich. Für die Erstellung der Umsatzsteuererklärung, auch der Umsatzsteuervoranmeldungen, sind solche Herleitungen unab-dingbar und in den gängigen Finanzbuchhaltungsanwendungen der Hersteller vorhanden. Somit stellt sich die Frage, ob die vorhandene Auffangposition genutzt werden darf oder ob die benötigten Infor-mationen im Sinne der Restriktion des BMF-Schreibens aus der Buchhaltung ableitbar sind.

Legt man hier die erste Lesart zugrunde, dann kann das Unternehmen die Auffangposition nutzen, da es seine Umsätze nicht auf die einzelnen Konten gebucht hat. Wird jedoch der Standpunkt vertreten, dass die Werte für die einzelnen Positionen der Taxonomie Steuer aus den vorhandenen Auswertungen für die Umsatzsteuervoranmeldungen, spätestens jedoch aus dem Grundbuch gezogen werden können, kann das Unternehmen die Auffangposition nicht nutzen, da der Wert bisher schon aus der Buchhaltung im allgemeinen ableitbar war. Die jetzige Formulierung im BMF-Schreiben verweigert damit die Nutzung und konterkariert den eigentlichen Zweck der Auffangpositionen.

2. Beispiel sonstige Vermögensgegenstände

Auch bei den sonstigen Vermögensgegenständen existiert eine Auffangposition „übrige sonstige Vermögensgegenstände/nicht zuordenbare sonstige Vermögensgegenstände“. Ferner gibt es neben rechnerisch notwendigen Feldern wie z. B. Genussrechten, Genossenschaftsanteile etc. ein Mussfeld für Rückdeckungsansprüche aus Lebensversicherungen. Werden Genussrechte und Rückdeckungsansprüche aus Lebensversicherungen bisher auf einem Konto „sonstige Vermögensgegenstände“ erfasst, kann bei der Erstellung der E-Bilanz künftig die Auffangposition genutzt werden. Legt man jedoch die Auffassung zugrunde, dass der Wert der Rückdeckungsansprüche aus Lebensversiche-rungen aus der Buchhaltung ableitbar ist, da die Informationen hierfür im Grundbuch sowie im Haupt-buch vorhanden sind, muss die Position Rückdeckungsansprüche aus Lebensversicherungen als Mussfelds mit dem zutreffenden Wert befüllt werden. Als Konsequenz wäre die Differenzierung aus der Buchhaltung des Unternehmens ableitbar und die Nutzung der Auffangposition bliebe den Betroffenen verwehrt.

V. Entscheidungshilfen für die Unternehmen

Diese beiden Beispiele verdeutlichen die unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten der Formulierung im BMF-Schreiben „nicht aus der Buchhaltung ableiten kann“.

Aber was sollen Unternehmen nun tun? Bei der Entscheidung, ob eine Auffangposition genutzt werden soll oder nicht, ist auch immer zu berücksichtigen, dass sich die Taxonomie Steuer von Jahr zu Jahr weiterentwickeln wird. Dies bedeutet, dass Auffangpositionen, die in der jetzigen Taxonomie noch vorhanden sind, in späteren Jahren wegfallen können. Sollte dies der Fall sein, dann muss das Unternehmen spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Konto für ein gefordertes Mussfeld einrichten. Wenn dies so ist, sollte überlegt werden, ob nicht gleich das geforderte Konto eingerichtet wird, wenn das Projekt E-Bilanz einmal in die Hand genommen wird, um evtl. daraus weitere Synergieeffekte für das Rechnungswesen im Allgemeinen ziehen zu können.

Für alle die Unternehmen, die den zeitlichen und arbeitsreichen Mehraufwand der Kontenanpassung und -einrichtung scheuen, stellen die Auffangpositionen eine Erleichterung dar, die E-Bilanz an die Finanzverwaltung zu übersenden und damit ihrer Verpflichtung aus § 5b EStG nachzukommen. Vorausgesetzt deren Anwendungsbereich ist klar vorgegeben. Durch die Nichtbeanstandungsregel im überarbeiteten Entwurf des BMF-Schreibens vom 1. Juli 2012 dürfte der Unternehmer zumindest aber insoweit Rechtssicherheit haben, dass ihm für das Jahr 2012 keine Sanktionen drohen, wenn er anstatt eines eigentlich zu befüllenden Mussfeldes eine Auffangposition nutzt. Schließlich darf die E-Bilanz für 2012 sogar in Papierform abgegeben werden. Trotzdem wäre für die Unternehmen eine Klarstellung seitens der Finanzverwaltung zur Nutzbarkeit dieser Auffangpositionen wünschenswert.

VI. Fazit

Die vorliegende Analyse zeigt, dass zwischen der Legal-Definition des Begriffs Buchhaltung mit all seinen Konsequenzen für die Anwendbarkeit der Auffangpositionen innerhalb des Gliederungsschemas der Taxonomie Steuer und der vorherrschenden zweckorientierten Interpretation der sachlichen Anwendbarkeit in der Literatur eine erhebliche Lücke klafft. Aus unserer Sicht ist die Anwendbarkeit der Auffangpositionen auch unter Berücksichtigung ihrer Zielsetzung bei der Umsetzung auch im überarbeiteten Entwurf des BMF-Schreibens vom 1. Juli 2011 nicht präzise genug definiert und lässt erheblichen Auslegungsspielraum zu. Dies schafft Unsicherheit und trägt in keinem Fall dazu bei, die Akzeptanz der E-Bilanz zu unterstützen. Neben dem Wunsch der Unternehmen und Verbände nach mehr Auffangpositionen in der endgültigen Taxonomie Steuer nach Abschluss der Pilotphase, besteht hinsichtlich der Nutzung der Auffangpositionen ein hoher Klärungsbedarf. Für die betroffenen Unter-nehmen muss klar und verlässlich ersichtlich sein, wann Auffangpositionen zur Erleichterung der Umsetzung des Projekts E-Bilanz genutzt werden dürfen und wann eine differenzierte Darstellung ungeachtet des Umstellungsaufwandes vorzunehmen ist. Dies ist mit dem Wunsch nach mehr Rechtssicherheit verbunden, um die Akzeptanz des Projekts E-Bilanz zu unterstützen.

Legt man den von der Finanzverwaltung formulierten Zweck der Auffangpositionen zugrunde, so kann u.E. nur gemeint sein, dass die Auffangpositionen von den Unternehmen genutzt werden können, soweit die betreffenden Werte bisher nicht in der geforderten Gliederungstiefe auf Konten im Hauptbuch gebucht wurden. Ob die benötigten Werte aus dem Grundbuch oder den Nebenbüchern bzw. anderen Auswertungen ableitbar sind, kann dabei keine Rolle spielen. Anderenfalls liefe der Anwen-dungsbereich der Auffangpositionen ins Leere.

Lesen Sie hier noch einmal im zweiten Teil: Verschiedene Interpretationsmöglichkeiten
Lesen Sie hier noch einmal die Einführung


Über die Autoren

Arne Jansen ist Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Warth & Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf. Herr Jansen ist Manager und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit der steuerlichen Beratung mittelständischer Unternehmen. Neben Fragestellungen des internationalen Steuerrechts und der Gestaltungsberatung verfügt Herr Jansen auch über einschlägige Erfahrungen im Steuerbilanzrecht. Als Mitglied der internen Expertengruppe "E-Bilanz" betreut er diverse Umstellungsprojekte. Darüber hinaus ist er als Referent für interne und externe Veranstaltungen sowie als Autor tätig.

Tobias Polka ist Diplom-Kaufmann und Steuerberater bei der Warth & Klein Grant Thornton AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf. Im Rahmen seiner Tätigkeit als Prüfungsleiter betreut er schwerpunktmäßig nationale und internationale mittelständische Familienunternehmen aus den verschiedensten Branchen. Er befasst sich dabei insbesondere mit dem Einsatz von elektronischen Auswertungsverfahren und der Prüfung interner Kontrollsysteme. Als Mitglied der internen Expertengruppe "E-Bilanz" betreut er diverse Umstellungsprojekte. Darüber hinaus ist er als Referent für interne und externe Veranstaltungen sowie als Autor tätig.

Warth & Klein Grant Thornton ist eine der größten partnerschaftlich geführten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften in Deutschland mit über 750 Mitarbeitern an elf Standorten. Sie betreut einen repräsentativen Querschnitt der deutschen Wirtschaft mit Unternehmen und Institutionen aus nahezu allen Branchen sowie private Vermögensinhaber. Die Services umfassen Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Corporate Finance & Advisory Services sowie Private Finance. Bei grenzüberschreitenden Aufgabenstellungen arbeitet sie seit mehr als zehn Jahren mit „Grant Thornton International“ zusammen, einer weltweit tätigen Dachorganisation unabhängiger Wirtschaftsprüfungsgesellschaften.


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